Potsdam-Mittelmark: Wenn zwei sich streiten, wird vermittelt Dagmar Sartorius schlichtet in Michendorf
Michendorf - Es sind die kleinen Konflikte, die schlaflose Nächte bereiten können: Lärm, Rechnungen oder der Zank am Gartenzaun. Wenn zwei sich streiten, muss geschlichtet werden.
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Michendorf - Es sind die kleinen Konflikte, die schlaflose Nächte bereiten können: Lärm, Rechnungen oder der Zank am Gartenzaun. Wenn zwei sich streiten, muss geschlichtet werden. Und da sich die Gerichte nicht mit jeder Kleinigkeit befassen können, gibt es in jeder Gemeinde eine ehrenamtliche Schiedsperson. In Sachsen hat man dafür die Bezeichnung „Friedensrichter“ belebt. In Michendorf schlichtet Dagmar Sartorius seit sechs Jahren zwischen Bürgern und auch Geschäftsleuten. Als „Richterin“ sieht sie sich nicht, eher als Moderatorin.
Das Vermitteln prägt das berufliche und ehrenamtliche Schaffen der 54-Jährigen. Sie ist Vorsitzende des Gewerbevereins Michendorf, arbeitet als Unternehmensberaterin und Veranstaltungsmanagerin mit Büro in Stücken. Daher rührt auch das juristische Verständnis: „Wenn man selbstständig ist, muss man rechtlich versiert sein.“ Sartorius spricht mit ruhiger Stimme, ihr Wesen lässt kaum Konflikte in ihrer Gegenwart zu. Dass sie auch entschlossen auftreten kann, haben zahlreiche Versammlungen der Bürgerinitiative gegen den Abwasser-Zwangsanschluss des Ortes gezeigt. Sie ist deren Sprecherin. Es ist die Fähigkeit, den Ton der Situation anzupassen, die die Menschen zum Zuhören bewegt.
Das kann auch dauern: Wenn die Michendorfer Schiedsfrau zwischen Streithähnen vermittelt, ist die erste Herausforderung ein sachliches Gespräch, in dem sich niemand ins Wort fällt. Die Gründe, die zum Krach führen, sind so unterschiedlich wie die Menschen. „Manche hatten jahrelang ein nachbarschaftliches Verhältnis. Durch eine Sache, sei es nur ein Missverständnis, verhärten sich die Standpunkte dann über Jahre.“ Andere müssten sich nur mal aussprechen, um sich wieder in die Augen sehen zu können.
Der Fall vom „Knallerbsenstrauch“ ist ihr geläufig, gesteht sie schmunzelnd. „Im Grunde sind die Fälle bei uns ähnlich.“ Handgreiflich geworden sei in Michendorf aber noch niemand. Acht bis zehn Fälle verhandelt die Schiedsfrau im Jahr, meistens wird man sich einig: „Meine Erfolgsquote liegt zwischen 70 und 80 Prozent“, sagt sie – eine stolze Bilanz beim Bundesdurchschnitt von gut 50 Prozent. Der Versuch einer „gütlichen“ Einigung, bevor es vor den Kadi geht, ist im Landesgesetz vorgeschrieben: bei Vermögensfragen mit einem Streitwert unter 750 Euro, bei Beleidigungen, Sachbeschädigungen, Körperverletzungen und beim Eklat am Zaun.
Seit zehn Jahren lebt die gebürtige Mainzerin mit ihrem Lebensgefährten und zwei Söhnen in Stücken. Mit ihrer Arbeit als Schiedsfrau wolle sie zum Gemeindeleben beitragen. Vermittlung sei das, was Michendorf braucht – in zwischenmenschlicher, kommunalpolitischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Anfang des Jahres wurde sie für eine weitere Amtszeit bestätigt. Zeitlich sei mit den Ehrenämtern oft die Grenze erreicht. Zumindest im Abwasserstreit ist erstmal Ruhe eingekehrt – zu schlichtende Konflikte wird es weiter geben. Thomas Lähns
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