Von Hagen Ludwig: Werder steht zum Alkoholverbot
Diskussion nach Urteil in Baden-Württemberg neu entfacht / Gemeindebund sieht Gesetzgeber gefordert
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Potsdam-Mittelmark - Das von vielen brandenburgischen Kommunen als richtungweisend empfundene Alkoholverbot in der Freiburger Altstadt ist nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg rechtswidrig. Die Richter erklärten am Dienstag die entsprechenden Verordnungen für unwirksam. Das Freiburger Alkoholverbot betraf öffentliche Plätze in einem Kneipenviertel. Nach Auffassung des Gerichts sei ein Verbot nur zulässig, wenn nachweisbar wäre, dass alle auf den Freiflächen Alkohol trinkenden Besucher regelmäßig gewalttätig würden. Davon könne jedoch keine Rede sein. Falls die Stadt an Brennpunkten schon im Vorfeld dem Alkoholmissbrauch entgegen wirken wolle, müsse vorher die Gesetzeslage geändert werden, so die Richter.
Auch in Werder (Havel) wurde das Urteil aus Baden-Württemberg gestern aufmerksam registriert. Hier war im April 2008 ein Alkoholverbot für den zentralen Plantagenplatz und weitere zehn öffentliche Freiflächen ausgesprochen worden. Trinkgelage unter freiem Himmel und die Belästigung von Passanten hatten sich zunehmend zu einem Problem entwickelt. „Wir haben mit dem Alkoholverbot gute Erfahrungen gesammelt und wollen auch künftig daran festhalten“, sagte Bürgermeister Werner Große (CDU) gestern den PNN auf Anfrage. Das Urteil in Baden-Württemberg werde man genau analysieren – auf das Land Brandenburg und die Stadt Werder habe es zunächst jedoch keine Auswirkungen, erklärte Große. „Uns ist allerdings klar, dass die Rechtsgrundlagen für ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen noch nicht eindeutig sind“, so Werders Bürgermeister. Land und Bund seien deshalb gefordert, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Städte Alkoholverbotszonen individuell festlegen können.
Diese Forderung wurde gestern auch vom Deutschen Städte- und Gemeindebund erhoben. Deren Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg kritisierte, das Gericht habe Kommunen den Kampf gegen Alkoholmissbrauch und Gewalt „erschwert oder sogar verbaut“. Alkoholverbotszonen würden Gewalt eindämmen, Sachbeschädigung bekämpfen und „Trinkerszenentreffs“ abschaffen. Die Länder müssten laut Landsberg nun für die Kommunen die notwendigen „Ermächtigungsgrundlagen“ schaffen.
Im Land Brandenburg gibt es nach Angaben des Innenministeriums etwa 30 Kommunen, die das Trinken auf Spiel- und Sportplätzen, auf zentralen Freiflächen oder an Bushaltestellen verboten haben. Fixiert wurde das in den jeweiligen ordnungsbehördlichen Verordnungen. Das sei gängige Praxis in Brandenburg und funktioniere auch, sagte Ministeriumssprecher Wolfgang Brandt den PNN. Gerichtlich angefochten wurde eine solche Verordnung in Brandenburg bisher noch nicht. So hat die Gemeinde Nuthetal erst vor zwei Monaten eine Verordnung beschlossen, mit der unter anderem der Konsum von Alkohol und anderen Rauschmitteln im Bereich der Kinderspielplätze und Bolzplätze untersagt wurde. Auch in Michendorf und Beelitz wird über ein Alkoholverbot auf sensiblen Plätzen diskutiert. In Werder überwachen Mitarbeiter des Ordnungsamtes die Einhaltung des Verbots. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss mit Platzverweisen oder Bußgeld rechnen. Allerdings sei man sich bewusst, dass sich die Trinker vom Plantagenplatz mittlerweile andere, wenngleich nicht mehr so sehr im Blickpunkt gelegene Orte gesucht hätten, so Große.
Ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen könne durchaus sinnvoll sein, wäre jedoch nur ein Baustein von vielen im Kampf gegen den Alkoholmissbrauch, hieß es seitens des brandenburgischen Gesundheitsministeriums. (mit ddp)
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