Potsdam-Mittelmark: Werder wählt per Tastendruck
Zur Kommunalwahl 2008 kommen erstmals Wahlmaschinen zum Einsatz / Die Technik ist umstritten
Stand:
Werder (Havel) - Zur Kommunalwahl im September 2008 wird in Werder (Havel) per Knopfdruck gewählt. Die Blütenstadt will erstmals elektronische Wahlurnen, sogenannte „Wahlmaschinen“, testen und wird dazu 30 Geräte von der HSG Wahlsysteme GmbH mieten. Die Firma aus Werne (Nordrhein-Westfalen) ist die einzige in Deutschland, die vom Bundesinnenministerium zugelassene Wahlmaschinen vertreibt. „Wenn es funktioniert und wir damit zurechtkommen, werden wir die Geräte kaufen“, sagte Beigeordnete Annette Große gestern im Rathaus Werder.
Im Land Brandenburg haben sich inzwischen acht Kommunen für das System seiner Firma entschieden, sagte HSG-Geschäftsführer Herbert Schulze Geiping gestern auf Anfrage, darunter auch Teltow und Cottbus. Neben Werder wollen die Stadt Wittenberge und die Gemeinde Mühlenbecker Land die Wahlmaschinen nächstes Jahr erstmals einsetzen. Bundesweit nutzen sie bereits 90 Städte und Gemeinden, die damit 20 bis 40 Prozent der Wahlkosten sparen würden. Fünf Bundesländer hätten die rechtlichen Voraussetzungen zum Einsatz der Wahltechnik geschaffen, Berlin ist übrigens nicht darunter. Der Tisch in der Wahlkabine wird ersetzt durch einen Pult mit Tastatur: Per Tastendruck wählt man seine Kandidaten. Dann wird das Ergebnis an ein Speichermodul übertragen, am Ende des Tages kann das Resultat ausgedruckt und in einer „Programmiereinheit“ gelesen werden. Die Stimmenauszählung entfällt.
Pro Wahlgerät werden inklusive Software und Schulungen laut HSG rund 4000 Euro fällig, die Miete kostet zwischen 10 und 15 Prozent des Kaufpreises. In Werder hat sich die Stadtverwaltung vor allem wegen des Mangels an freiwilligen Wahlhelfern für die Lösung entschieden. „Die Ehrenamtlichen stehen nicht mehr wie vor einigen Jahren einfach zur Verfügung“, so Annette Große. Ein bisschen Unsicherheit besteht allerdings noch: „Wir geben die Kontrolle komplett an ein Gerät ab. Wenn es einen Wahleinspruch gibt, können wir keine Wahlscheine mehr als Nachweis vorlegen.“
HSG-Geschäftsführer Herbert Schulze Geiping kennt die Vorbehalte, die durch eine „Kampagne des Chaos Computerclubs“ weiter geschürt worden seien. Der hatte behauptet, dass die Geräte manipulierbar sind. Schulze Geiping kontert: „Jedes technische Gerät ist manipulierbar. Wir reden aber von Geräten, die immer unter Aufsicht stehen, da kann nicht einfach die Hardware ausgetauscht werden.“ Seit 1999 sind die Wahlmaschinen in Deutschland im Einsatz, Fälle von Manipulationen seien nicht bekannt. Gegen die Verwendung von Wahlgeräten gab es bereits mehrere Einsprüche, darunter zur Bürgermeisterwahl 2006 in Cottbus, die aber abgewiesen wurden. Wegen der Verwendung bei der Bundestagswahl 2005 wurden beim Bundesverfassungsgericht Beschwerden erhoben, im Frühjahr 2008 wird ein Urteil erwartet.
Das Bundesinnenministerium beabsichtigt, nach dem Urteil durch eine novellierte Wahlordnung den Weg für die Wahlmaschinen zu ebnen. „Hierbei werden die Erfahrungen mit dem Einsatz der Wahlgeräte und die Entwicklungen im Bereich der IT-Sicherheit berücksichtigt“, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums. Die Geräte würden den Anforderungen an demokratische Wahlen vollauf entsprechen. Henry Klix
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: