
© Siedlerhof
Potsdam-Mittelmark: Werder wird Whiskey-Stadt
Glindower Brennerei will ihre Produktion verfünffachen und 100 Fässer Whiskey pro Jahr herstellen
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Werder (Havel) - Obstwein, Ketchup und Äpfel. Dafür ist Werder bisher weit über die Grenzen Brandenburgs hinaus bekannt. Doch auf den Höhenlagen der Stadt, auf der Glindower Platte, wird ein Getränk hergestellt, das man eher mit den schottischen Highlands verbindet: Whiskey.
Michael Schulz brennt auf dem Siedlerhof in Glindow derzeit etwa 20 Fässer der Edel-Spirituose pro Jahr. Doch damit wird er der Nachfrage längst nicht mehr gerecht. Deshalb soll im Sommer eine neue Destille entstehen, in der etwa 100 Fässer Whiskey pro Jahr gebrannt werden sollen. Dazu will Schulz eine neue Lagerhalle bauen, das flüssige Getreide-Destillat muss schließlich mehrere Jahre reifen, bis es sich Whiskey nennen darf. 750 000 Euro will Schulz dafür noch in diesem Jahr investieren. Am Mittwochabend gab der Werderaner Bauausschuss grünes Licht für das Vorhaben, der Bebauungsplan und eine Änderung des Flächennutzungsplanes wurden einstimmig angenommen.
Mit den geänderten Plänen wurde auch dem Bau eines Gebäudes mit Schulungsräumen, einem Obst-Schaugarten sowie dem Bau mehrerer Ferienhäuser zugestimmt. Einwände der zu beteiligenden Behörden gab es kaum. Weder werde die Umwelt durch die Bauten belastet, noch würde der Lärmpegel für Nachbarn steigen, heißt es aus dem Landratsamt.
Die Investitionen sollen Michael Schulz zufolge über fünf Jahre verteilt werden. Zu den derzeit neun fest angestellten Mitarbeitern des Hofes würden dann noch einmal fünf dazukommen. Seit 1991 betreibt Familie Schulz den Siedlerhof, Michael ist der Juniorchef. „Durch die neue Destille wollen wir unsere Produkte weiter veredeln, um sie auch nach der Saison verkaufen zu können.“ Neben Whiskey stellt Schulz auch Obstbrände her. Seine hochprozentigen Erzeugnisse sind im Gourmet-Führer Gault-Millau erwähnt. Außerdem gewannen sie bei der internationalen Edelbrandmeisterschaft Destillata in Österreich seit 2008 mehrere Medaillen, zuletzt gewann der Glina-Whiskey 2013 die Goldmedaille.
Durch die erweiterte Whiskey-Produktion will sich Schulz für die Zukunft rüsten. „Die Getreidepreise sind derzeit nicht so prickelnd, da ist die Veredelung zum Whiskey sinnvoller“, sagt Michael Schulz. Als besonderes Highlight bietet er seinen Kunden künftig an, sich ihren Whiskey selbst zusammenzustellen. Sie können bei einem 30-Liter-Fass aussuchen, was darin vorher vergoren wurde. Schließlich nehme der Whiskey einen anderen Geschmack an, wenn vorher Wein aus Glindower Knupper-Kirschen, Portwein oder Cherry in dem Fass lagerte. Auch die Art der Maische, die vergoren wird, kann der Kunde bestimmen. Wer will, kann seinen Whiskey jedes Jahr besuchen, den Prozess der Reifung begleiten – und auch einen Schluck probieren.
Da immer mehr Menschen sehen wollen, wie Produkte regional hergestellt werden, ist für das kommende Jahr der Bau von Schulungsräumen hinter dem bestehenden Restaurant und Hofladen geplant. Neben Touristen sollen hier Gruppen von Schülern und Studenten vor Ort die Vergährungsschritte erklärt bekommen und sehen, wo die Rohstoffe der Spirituosen herkommen. Genaue Pläne für das Gebäude gebe es aber noch nicht.
Als Ausgleich für die neue Bebauung sollen auf dem Hof auf einer Fläche von einem Hektar alte Obstsorten angebaut werden. Jeder Baum soll eine Informationstafel mit dem Züchter und den Eigenheiten der Sorte erhalten. „Die Kulturlandschaft soll für Besucher erlebbar werden“, so der Landwirt. Außerdem möchte er Besuchern auch außerhalb der Baumblüte, zu der der Hof jedes Jahr sehr gut besucht ist, etwas bieten. „Es wird hier jedoch keinen Massentourismus geben.“ Schulz zufolge sollen vielmehr Ausflügler und Radfahrer angesprochen werden, die auf dem nahen Obstpanoramaradweg unterwegs sind.
Als letzte Baumaßnahme sollen auf einem 1 200 Quadratmeter großen Areal auf dem Siedlerhof Ferienwohnungen entstehen. Die genaue Anzahl steht laut Michael Schulz noch nicht fest. „Wir haben die Möglichkeit bereits in den Bebauungsplan aufgenommen, um später kein weiteres Verfahren anstrengen zu müssen.“ Die Häuser sollen mit Solarmodulen ausgestattet werden, um natürliche Ressourcen zu nutzen. Sie sollen sich in die ländliche Landschaft einpassen, als Baustoffe schweben Schulz Holz, Lehm und Ton vor. Alles natürliche Materialien, die auch in Glindow vorkommen.
Auf Regionalität legt Michael Schulz generell großen Wert, auch sein Whiskey, der vier bis fünf Jahre reift und pro halbem Liter 36 Euro kostet, trägt mit Glina einen lokalen Namen. Das slawische Wort steht für den Lehm und Ton, die die ersten Siedler in Glindow am Ufer des Glindower Sees gefunden haben.
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