
© Dieter Herrmann
Potsdam-Mittelmark: „Wie ist denn Ihr Russisch?“
Das Amt Novoje Dewjatkino hat Michendorf ins Herz geschlossen. Eine Freundschaft könnte wachsen
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Michendorf - Streit mit dem Kreml um die Syrienfrage oder Ärger wegen Menschenrechtsverletzungen – in Michendorf sind solche Dinge zurzeit noch weiter weg als sonst. Denn zwischen der brandenburgischen Großgemeinde und dem russischen Amtsbezirk Novoje Devjatkino bei St. Petersburg entwickelt sich in beachtlichem Tempo eine Partnerschaft. Die deutsche Seite ist zwar noch etwas reserviert – der russische Bär hat den Michendorfer Apfelbaum aber dafür umso fester in sein Herz geschlossen.
Zweimal ist in den vergangenen Monaten eine Delegation aus Novoje Devjatkino nach Michendorf gekommen. Vermittelt hatte die Besuche die Landessportjugend – weil die beiden Kommunen so gut zueinander passen würden, wie Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) vor Kurzem den Gemeindevertretern erklärte. Beide hätten rund 11 000 Einwohner, würden unmittelbar vor den Toren einer Großstadt liegen und sich über mehrere Orte erstrecken. „Wir sind dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kinde“, bekannte Mirbach.
Bei einem ersten Besuch einer sechsköpfigen Delegation Anfang August hatten die Michendorfer einen offiziellen Empfang organisiert, den Russen die Feuerwehren, Kitas und Schulen gezeigt, miteinander gekegelt und das eine oder andere Glas geleert. Anfang September standen die Freunde dann wieder vor der Tür. Sie überreichten eine Glückwunschurkunde für die Freiwillige Feuerwehr Michendorf, die im Sommer ihr 100-jähriges Jubiläum feierte. Der Text könnte herzlicher kaum sein: Der Feuerwehrgeburtstag sei „ein hervorragender Grund, um an die reiche und ruhmvolle Geschichte der Feuerwehrleute zu erinnern“ und an „bemerkenswerte Menschen, durch deren Wirken und Aufopferung die Traditionen der Feuerwehr begründet wurden“, wie der russische Amtsdirektor Majorov in der Urkunde schreibt.
Ebenfalls im Gepäck hatten die Russen einen unterschriftsreifen Partnerschaftsvertrag. In dem „Protokoll über die Absichten“, so die holprige Übersetzung des Papieres, ist unter anderem von gemeinsamen sportlichen Wettbewerben und einem Erfahrungsaustausch im Bereich der Jugend- und Freiwilligenpolitik die Rede – mit anschließender „Realisierung der sozialen Programme“ zur Vorbeugung „der antisozialen Erscheinungen“. Immerhin: Laut einer Klausel würden aus dem Papier keiner Seite finanzielle oder rechtliche Verpflichtungen entstehen.
Für die Landessportjugend wäre eine Partnerschaft zwischen Michendorf und Novoje Devjatkino eine willkommene Erweiterung der eigenen Beziehungen zu dem Petersburger Amt. Das erklärte Larissa Markus, bei der Sportjugend für Integration zuständig, gestern auf PNN-Anfrage. Schon seit zwei Jahren gebe es einen Austausch im Bereich Sport und Jugendarbeit. Russische Jugendliche würden zum Beispiel nach Brandenburg kommen, um hier an einem jährlichen Beachvolleyballturnier teilzunehmen. Und im Hinblick auf die Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland werde gerade ein gemeinsames Straßenfußballprojekt ins Leben gerufen.
Von den Russen sei dabei immer wieder der Wunsch geäußert worden, auch im kommunalen Bereich enger zusammenzuarbeiten. „Wir können das nicht leisten und haben uns deshalb an die Michendorfer gewendet“, so Larissa Markus. Die haben jetzt erst einmal die Oberschule in Wilhelmshorst und das Gymnasium in Michendorf ins Boot geholt, um auszuloten, wo es Berührungspunkte gibt.
Lernen können beide Seiten voneinander. „Wie ist denn ihr Russisch?“, ist Bürgermeister Mirbach kürzlich von einem Gemeindevertreter gefragt worden. Mirbach, der seine Schulbildung bei Bonn erhalten hat, räumte ein: „Mein Russisch ist leider überhaupt nicht vorhanden.“ Ein Wort dürfte er bereits gelernt haben: Druschba für Freundschaft.
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