
© Thomas Lähns
Potsdam-Mittelmark: Windspargel nur im kontrollierten Anbau
Bürgerinitiative befürchtet, dass für den Bau von Windrädern bis zu 20 Hektar Wald gerodet werden
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Beelitz - Im Norden von Beelitz regt sich Protest. Fluglärm, Autobahnlärm, und nun auch noch bis zu 35 Windräder im angrenzenden Wald? Es ist ein düsteres Szenario, das die Bürgerinitiative „Fichtenwalde wehrt sich“ der Spargelstadt prophezeit. Die Gruppe hatte sich im März dieses Jahres gegründet, nachdem in der aktuellen Flugrouten-Debatte erstmals auch die eigene Gemarkung als mögliches An- und Abfluggebiet ins Spiel gebracht worden war. Am Montagabend war man aber aus einem anderen Grund mit Megafon und Protestplakaten vor das Rathaus gezogen: Es ging um den geplanten Bau von Windrädern im Fichtenwalder Kiefernforst an der A 9. Die Bürgerinitiative befürchtet, dass dafür massiv Wald gerodet wird – und damit eine wichtige Lärmbarriere zur Autobahn verschwindet.
Wie berichtet, ist das Gebiet zwischen Fichtenwalde, Beelitz-Heilstätten und Reesdorf von der Regionalen Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming als sogenannter „Suchraum“ für Windräder eingestuft worden. Jeder Grundeigentümer kann damit seine Flächen potenziellen Investoren als Standort anbieten. Die Stadt will den drohenden Wildwuchs der „Windspargel“ verhindern, indem sie jetzt einen Teil-Flächennutzungsplan erstellen lässt, der mögliche Standorte genau festlegt. Auf ihrer Sitzung am Montagabend haben die Stadtverordneten ein Planungsbüro damit beauftragt. Mit dem einstimmig gefassten Aufstellungsbeschluss habe man privaten Anträgen auf den Bau von Windkraftanlagen jetzt erst einmal für ein Jahr einen Riegel vorgeschoben, erklärte Bürgermeister Bernhard Knuth (BBB) gestern auf PNN-Anfrage.
Dennoch machte die Bürgerinitiative vor allem gegen ihn Stimmung. „Fichtenwalde – Knuth’s Lärmmüllhalde“ war auf einem Banner am Straßenrand zu lesen. Erstmals seit seinem Amtsantritt im Mai 2010 weht dem Bürgermeister damit ein rauer Wind entgegen. Im Wahlkampf vor anderthalb Jahren war er in Fichtenwalde noch frenetisch bejubelt worden.
Im Vorfeld der Versammlung hatte die Initiative eine Liste mit 730 Unterschriften und eine Petition an die Stadtverordneten übergeben. Der Flächennutzungsplan dürfe nicht dazu führen, „dass nur bestimmte Teile der Bevölkerung wirtschaftlich profitieren, während der andere Teil mit den Folgen belastet wird“, heißt es darin. „Wir sind nicht gegen Windkraft, aber wir sind gegen die Rodung von nahezu 200 000 Quadratmeter Wald“, erklärte Armin Schnörr von der Bürgerinitiative. Die Zahl habe man selbst ermittelt – anhand von Schätzungen, wie viel Platz man für Aufbau und Wartung eines Windrades im Wald brauche. Dass es 35 werden sollen, habe man aus einem Statement der Regionalen Planungsgemeinschaft abgeleitet: „Es werden nicht fünf, aber auch nicht fünzig sein“, hieß es im Februar von dort. „Da haben wir einen Mittelwert genommen“, bemerkte Schnörr achselzuckend.
Bürgermeister Knuth wies die Zahlen gestern zurück: „Hier wird mit spekulativen Größen Stimmung gemacht“, sagte er und mahnte zur Sachlichkeit. Die Stadt wolle den Bürgern keine schlechteren Lebensbedinungen zumuten, unterstrich er.
Das Problem der Bürgerinitiative: Bislang gibt es zu wenig verlässliche Informationen. „Eben deshalb müssen die Planer jetzt erst einmal etwas vorlegen“, erläuterte Stadtverordneten-Präsident Klaus Tischmeyer (SPD) gestern die Herangehensweise. Erst danach könne diskutiert werden. Immerhin: Nach einem Antrag aus der Fraktion UKB ist in den Auftrag an das Planungsbüro eine Passage aufgenommen worden, nach welcher der „nötige und mögliche Schutz von Natur, Umwelt und den vor Ort lebenden Menschen“ in die Betrachtungen einfließen solle.
Den Zuschlag hat in nicht öffentlicher Sitzung schließlich das Potsdamer Büro PAN erhalten. „Wir werden jetzt ein Standortkonzept erarbeiten, das danach auch öffentlich ausgelegt wird“, erklärte der zuständige Planer Andreas Heinz auf Anfrage. Die von der Bürgerinitiative ins Spiel gebrachten Zahlen wollte auch er gestern nicht bestätigen. „Windräder in einem Waldgebiet zu bauen, ist ein völliges Novum“, erläuterte Heinz stattdessen. Für das Standortkonzept werde man die offensichtlichen Tabuzonen, die aus natur- und lärmschutzrechtlichen Gründen nicht für Windräder infrage kommen, ausschließen. Über die dann noch übrig bleibenden Bereiche müsse schließlich die Politik entscheiden.
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