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Schnee schippen in Straßen, um die der Winterdienst einen Bogen macht.

© dpa

Potsdam-Mittelmark: Winterdienst fegt nicht überall

Satzung stört Ortsfrieden: Die Pflicht zur Straßenreinigung spaltet Beelitz

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Beelitz – Die ersten Schneeflocken sorgen in Fichtenwalde für frostige Stimmung. Denn nun müssen die Anlieger einiger Straßen wieder früh aufstehen, zu Schneeschieber und Schippe greifen und neben den Gehwegen vor ihrem Grundstück auch noch die Straße von der weißen Decke befreien – während vielleicht schon nebenan der Winterdienst gefegt hat. Seit ihrer Verabschiedung durch die Stadtverordneten vor zwei Jahren sorgt die Beelitzer Straßenreinigungssatzung für Ärger. Insgesamt 115 Bürger haben jetzt eine Petition an die Stadtverordneten gegen die in ihren Augen „Ungleichbehandlung“ unterschrieben.

„Die Satzung leidet an offenkundigen schwerwiegenden Rechtsmängeln, gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot wird verstoßen“, heißt es in dem Papier. Dabei gehe es nicht darum, gegen die Übertragung der Reinigungspflicht auf einzelne Bürger zu protestieren, sondern gegen die Bezahlung des Winterdienstes aus dem Stadtsäckel. „Wir, die den Winterdienst selbst erledigen sollen, finanzieren so im Ergebnis auch den Winterdienst vor fremden Grundstücken.“ Denn Gebühren werden für den Service nicht erhoben. Problematisch seien auch die Zeiten: Laut Straßenreinigungssatzung müssen zwischen sieben und 20 Uhr gefallener Schnee und entstandene Glätte sofort beseitigt werden. Schneit und friert es nachts, müssen die Wege und Straßen bis morgens um sieben und am Wochenende um neun Uhr frei sein.

„Durch diese Regelung wird der Ortsfrieden gestört“, so Fichtenwaldes Ortsvorsteher Tilo Köhn (UKB) gegenüber den PNN. Von der Reinigungspflicht betroffen seien vor allem Berufstätige, die tagsüber nicht zuhause seien und daher keine Zeit für den Winterdienst in Eigenleistung hätten. „Die haben natürlich Angst: Wenn etwas passiert, und sie haben nicht gereinigt, greift keine Versicherung.“ Deshalb gebe es bereits die Erwägung, selbst einen Reinigungsdienst zu beauftragen, was allerdings 150 Euro pro Haushalt und Winter kosten würde. Die Ersparnis für die Stadt Beelitz sei demgegenüber minimal: 1 500 Euro pro Winter, schätzt Köhn.

Denn von den gut 120 Straßenkilometern in Beelitz würde die Stadtverwaltung das meiste vom Winterdienst reinigen lassen, nur auf 10,4 Kilometern sind die Bürger selbst verantwortlich. Während in insgesamt sieben Orten komplett gereinigt wird, können besonders in Beelitz und Fichtenwalde, aber auch in Busendorf und Elsholz einige nicht davon profitieren. Welche Straßen das sind, sei willkürlich ausgesucht worden, so der Vorwurf der Betroffenen. Sie haben die Satzung sogar auf mögliche Auswahlkriterien untersucht, aber kein klares Merkmal einer Selbstreiniger-Straße erkennen können: Es lasse sich weder nach Status – ob Sackgasse oder Verbindungsstraße – noch nach Oberfläche oder Verkehrsdichte unterscheiden. Denn während kaum befahrene Sandwege in Fichtenwalde von der Stadt gefegt werden, müssen die Anlieger der ausgebauten und rege genutzten Friedrich-Engels-Straße selbst zur Schippe greifen. Es bleibe der Eindruck, „dass die Auswahl aus dem Bauch heraus getroffen wurde“.

Dem widerspricht Ordnungsamtsleiter Liem Schmidt: „Die Stadt reinigt auf den Haupterschließungsstraßen, während die Reinigungspflicht in den Nebenstraßen den Bürgern übertragen worden ist.“ Die Satzung, welche im Januar 2007 für Beelitz und all seine 18 Orts- und Gemeindeteile beschlossen wurde, sei zudem nicht neu erarbeitet worden: „Wir haben damals die Fichtenwalder Satzung mit den Straßen übernommen.“ Dass die Bürger in den Orten selbst vor ihren Grundstücken fegen müssen, sei schon immer so gewesen, sagt Schmidt und verweist darauf, dass die Gehwege überall von den Anliegern gefegt werden müssten, nur die Straße eben nicht. Immerhin: Strikt geweigert habe sich noch niemand. Aber dafür drohen laut Satzung auch 1 000 Euro Strafe. Thomas Lähns

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