Potsdam-Mittelmark: „Wir denken über den Beckenrand hinaus“ Der „deutsche Bäderkönig“ Heinz Steinhart über seine Pläne für die Blütentherme in Werder und Brandenburgs Bäderlandschaft
Herr Steinhart, warum hat sich die Kristallbäder AG für das Bad in Werder beworben?Weil die Rahmenbedingungen in Werder gut sind.
Stand:
Herr Steinhart, warum hat sich die Kristallbäder AG für das Bad in Werder beworben?
Weil die Rahmenbedingungen in Werder gut sind. Die Lage direkt am Zernsee und am Ballungsraum Berlin/Potsdam ist gut, der Name Werder ist gut, die Vorgaben der Stadt in der Ausschreibung sind durchdacht und vernünftig. Und dann hat Werder eine sehr aufgeschlossene Führungsspitze der Stadt einschließlich der Stadtverordneten. Das sieht man an der Abstimmung für die Vergabe an die Kristallbäder: 22 zu 3.
Würden sie sich auch für Potsdam bewerben, wenn der Badbetrieb ausgeschrieben wird?
Wir würden uns in Potsdam bewerben, wenn wir mitreden könnten bei der Planung und Gestaltung. Potsdam hat die Planung ausgeschrieben und will später vielleicht den Betrieb ausschreiben. Bei uns bestimmt der Betreiber, was gebaut wird. Er muss ja das Bad danach erfolgreich führen. Man muss doch mit demjenigen, der ein Freizeitbad betreiben soll, vorher reden. Der muss zum Beispiel sagen können: Die Wege von der Küche zum Restaurant sind zu lang, da kommen zu viele Kilometer für die Mitarbeiter zusammen.
Sie betreiben die Kristalltherme in Ludwigsfelde und wollten das Bad gerade kaufen, um am Standort zehn Millionen Euro zu investieren. Wie ist der Stand der Dinge?
Der Landrat hat heute den Kaufvertrag genehmigt. In Ludwigsfelde gibt es einen ähnlichen Vertrag wie in Werder: Ein Pachtvertrag auf 20 Jahre, danach müssen wir zum Verkehrswert kaufen, abzüglich unserer Investitionen. Wir haben mit der Stadt vereinbart, den Kauf um 15 Jahre vorzuziehen. Wir zahlen den restlichen Kredit der Stadt von fünf Millionen ab und investieren zehn Millionen für ein Wellenbad und eine Strandlandschaft. In Werder werden wir eine Vereinbarung unterzeichnen, wonach wir schon nach vier Jahren kaufen können. Wir werden dann auch dort den Kredit der Stadt übernehmen. Die Stadt hat dann kein Risiko mehr. Und die Blütentherme kann kein Mensch mehr wegtragen. Die Kristallbäder AG garantiert für den Erfolg und ist Garantiegeber für das Bad.
Machen Sie sich mit den Investitionen in Ludwigsfelde nicht selbst Konkurrenz für die Blütentherme?
Im bayerischen Bäderdreieck stehen die Standorte viel dichter beieinander, und da hat jedes der drei Bäder über eine Million Besucher. Das Bäderdreieck ist durch die Thermen erst zum Urlaubsgebiet geworden. Auch Ludwigsfelde und Werder werden als Premiumbäder ins ganze Bundesgebiet ausstrahlen, weil sich beide Bäder ergänzen und abrunden werden. Es wird eine gemeinsame Werbung und gemeinsame Eintritts- und Jahreskarten geben, so dass der Gast jeden Tag entscheiden kann, ob er nach Werder oder Ludwigsfelde fährt. Beim Münchner Oktoberfest stehen die Bierzelte auch dicht beieinander, und da kommen fast sechs Millionen Besucher.
Die Landesregierung hat mal ausgerechnet, dass, wenn auch noch das Freizeitbad in Potsdam gebaut wird, eines der Bäder in der Region über die Klinge springt. Was denken Sie?
Ich weiß nicht, was die Landesregierung ausgerechnet hat. Ich weiß nur, dass viele öffentliche Bäder planen, die keine Ahnung haben. Da wird Zeugs zusammengebaut, das ist schrecklich. Manche Architekten wollen sich Denkmale setzen, gehen aber an den Wünschen der Badegäste vorbei. Wenn eine Stadt ein so wichtiges Projekt einem Architekten ohne Praxisbezug überlässt, hat sie dann jahrzehntelang riesige Betriebsverluste zu bezahlen. Dies beweisen fast alle von der öffentlichen Hand gebauten Bäder. Dann wird häufig jemand aus der Verwaltung heraus bestimmt, der ein Bad erfolgreich führen soll. Unter Umständen hat er keine Ahnung und ist wasserscheu. Manchmal nimmt man auch aus politischen Gründen jemanden, den man los haben will.
In Lübbenau sind Sie aus Ihrem Freizeitbad nach sieben Jahren wieder ausgestiegen. Kann das in Werder auch passieren?
Nein, in Lübbenau hat ein Bürgermeister händeringend nach einem gesucht, der das Bad baut. Das haben wir gemacht, das war ein Erfolgsschlager. Dann haben wir sieben Jahre lang 750 000 Euro pro Jahr Pacht gezahlt. Dann kam ein neuer Bürgermeister und hat 250 000 Euro Pacht zusätzlich haben wollen. Nach unserem Ausstieg hat er neun Millionen in seine Pinguine investiert, die mit den Gästen um die Wette schwimmen sollen. Jetzt gehen die Umsätze zurück. Ich weiß auch nicht, warum die Tierschützer so ruhig bleiben. Wenn der das so haben will, bitte. Aber ich schlage mich nicht ewig mit einem Bürgermeister rum, der alles besser wissen will.
Rechnen Sie mit Fördermitteln für die Blütentherme?
Nein, das Land fördert doch nur Fußkranke. Das ist anders als in der Natur, wo der Starke unterstützt wird. In Brandenburg bekommt Tropical Island die Millionen, oder Belzig oder Templin. Templin ist im gleichen Jahr wie Bad Wilsnack gebaut worden. In Bad Wilsnack musste die Gemeinde noch nie einen Cent für das Bad bezahlen, weder Investitionen noch sonst was, da haben wir alles übernommen, sogar den Kapitaldienst. In Templin haben sie nach fünf Jahren das Bad neun Monate geschlossen und acht Millionen für Sanierungen ausgegeben. Das nutzt auch nix, da kommt keiner zusätzlich. Wir hatten damals Hilfe angeboten, wir hätten von den acht Millionen vier für die Sanierung und vier für die Attraktivitätsverbesserung genommen. Das war aber nicht gewollt. Belzig war für die Sanierung auch lange geschlossen. Das darf nicht sein. Wenn ein Bad ordentlich geführt wird, werden die Reparaturen bei laufendem Betrieb gemacht und nicht erst, wenn alles zusammenbricht. Das machen wir bei Nacht. Wir haben noch nie ein Bad wegen Reparaturen geschlossen.
Es sind in der Blütentherme zwei Riesenrutschen, Wellenbad, eine Strandlandschaft aber auch eine Saunen- und Thermenlandschaft und ein Solebecken geplant. Wen wollen Sie denn nun ansprechen, wie passt das zusammen?
Das passt dadurch zusammen, dass die Bereiche voneinander getrennt sind. Die eine Seite zum Parkplatz ist die Lärmseite mit Rutschen und starker Isolierung. Im Thermenbereich hören sie davon nichts. Der Sinn ist, dass in einem Auto nicht nur zwei Leute kommen, sondern die ganze Familie. Und jeder wird in Werder finden, was er sucht.
Das Wellenbad ist eine Vertragsoption für die Blütentherme, wann wird es gebaut und wie geht es dann weiter mit den Investitionen? So ein Bad verschleißt ja auch.
Ich bin noch nicht ganz sicher, auf jeden Fall kommt das Wellenbad zeitnah. Meine Hoffnung ist, dass wir es gleich mit der Therme eröffnen. Wir denken auch über den Beckenrand hinaus. In der nächsten Stufe wollen wir ein Hotel bauen, es ist unsere erklärte Absicht und wird mit Sicherheit mittelfristig kommen. Es wird außerdem jedes Jahr eine gemeinsame Begehung der Therme durchgeführt. Da werden Mängel aufgenommen, in Werder haben wir so schnell natürlich keine Mängel. Aber wenn welche da wären, müssen sie zeitnah abgearbeitet werden. Die Stadt wird die ganze Zeit den Daumen mit draufhaben und von jedweden Defizitausgleichen, Reparaturen und Neuinvestitionen während der 30-jährigen Vertragslaufzeit befreit sein. Wahrscheinlich werden wir auch Gewerbesteuer zahlen. In Ludwigsfelde machen wir das auch. Und selbst unsere Therme in Bad Wilsnack funktioniert, obwohl es sich in der entvölkerten Prignitz befindet.
Wie unterscheidet sich die neue Blütentherme von den Kristallbädern in Ludwigsfelde und Bad Wilsnack?
Wir haben in Werder eine ganz andere Form, eine geschwungene Dachform, die Wellen symbolisiert. Das Dach ist begrünt, ein Ökodach. Abends wird das Bad entsprechend beleuchtet sein. Die Zufahrtstraße muss mit blühenden Pflanzen attraktiver werden. Wenn das Bad steht, dann werden mit Sicherheit weitere Interessenten kommen, die dort Kurkliniken oder Kuranwendungen anbieten wollen. Immer, wenn ein gutes Bad kommt, entsteht außen rum eine attraktive Infrastruktur. Das wird in Werder auch so sein. Und in Ludwigsfelde ist auch ein Großteil der Zuzügler wegen der Therme gekommen, hat mir der Bürgermeister erzählt.
Eine Kollegin aus der Tourismusbranche hat kürzlich in den PNN die Hoffnung geäußert, dass sich Werder mit der Therme als Kurstadt bewerben könnte. Sehen Sie das auch so?
Das sehe ich genauso. Man sollte nicht zu früh drüber reden, sonst wird man unglaubwürdig. Das muss wachsen.
Das Inteview führte Henry Klix
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