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ORTSTERMIN: „Wir sind nicht das Berliner Umland“

Henry Klix war dabei, wie Ministerin Schneider in Michendorf auf einen waschechten Berlin-Hasser traf

Stand:

Freundliche Begrüßung, kleiner Applaus, bissel verlegen zurückgelächelt. Dann erzählte Brandenburgs Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (parteilos) bei einer SPD-Veranstaltung in Michendorf, was sie so den lieben Tag lang macht und was das mit Michendorf zu tun haben könnte. Der neue Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg stehe auf der Agenda. Städtebaulich müsse auf den steigenden Berliner Zuzug reagiert werden. Im Landesnahverkehrsplan müsse man auf wachsende Pendlerströme nach Berlin reagieren. Da blaffte ein Michendorfer: „Berlin, ich höre immer nur Berlin. Da möchte ich nicht tot übern Zaun hängen. Wir sind Brandenburg, und nicht das Berliner Umland.“ Halleluja, Brandenburg!

„Wie weiter in Michendorf?“ lautete die Ausgangsfrage zur Veranstaltung, zu der am Dienstagabend etwa 50 Bürger ins Gemeindezentrum gepilgert waren. Michendorf ist gerade dabei, sich ein Leitbild zu geben, da kommt ein wenig Rückenwind gerade recht, mag sich die örtliche SPD gedacht haben. Tatsächlich machte die Ministerin Hoffnungen, dass das Land die Bahnhofssanierung fördern würde, wenn die Kommune das Gebäude kauft und ein förderfähiges Konzept einreicht. Sie empfahl, sich nach einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft in der Nachbarschaft umzusehen, um sozialen Wohnungsbau gefördert zu bekommen – Michendorf hat keine. Sie erklärte, warum das solare Lärmschutzprojekt an der Autobahn gestoppt wurde, weil nämlich der einzige Bieter einer Ausschreibung die Eingangsbedingungen nicht erfüllt habe.

Brandenburg und Berlin entwickelte sich dann zum eigentlichen Gegenstand des Abends. Die Bürger diskutierten munter drauflos. Kernthema: der Schienenverkehr nach Berlin. Mehrere Teilnehmer outeten sich als zugezogene Berliner, „eine sympathische Großstadt“, wie einer hervorhob. Und mehr noch gaben zu verstehen, dass sie täglich zur Arbeit nach Berlin pendeln und das immer schwieriger werde. Von drei Zuganbindungen werde dem Ort mit dem RE7 bald nur eine bleiben, und die ist im Berufsverkehr, so hieß es unisono, hoffnungslos überlastet. Pendler würden schon aufs Auto umsteigen. Und an die Mitnahme von Fahrrädern sei nicht zu denken.

Der Landesnahverkehrsplan sei ja in Arbeit, da sollen solche Diskussionen aufgenommen werden, antwortete Schneider – wollte für Michendorf aber nichts versprechen. Umsetzung: ab 2018. „Kann man nicht kurzfristig was verbessern?“, fragte eine Bürgerin. Schneider erklärte, dass die Leistungen im Schienenverkehr vor rund zehn Jahren ausgeschrieben worden seien, dass man an den langfristigen Vergaben nicht so einfach drehen könne, die Waggons zum Beispiel gar nicht da seien, die Bahnsteige womöglich zu kurz. Zugverbindungen abzuwickeln, so die leidvolle Erfahrung in Michendorf, geht offenbar einfacher.

Was Berlin und Brandenburg angeht, wurde mit ministerieller Unterstützung am Ende noch ein gemeinsamer Nenner gefunden. Das eine sei ohne das andere für sie nicht denkbar, sagte Schneider: „Wir können uns als Brandenburger fühlen und Berlin trotzdem ein bisschen lieb haben.“ Zustimmendes Gegrummel. Na ja, tuschelte eine, mit einer besseren Schienenanbindung fiele es leichter.

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