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Potsdam-Mittelmark: Wohnungen auf Sondermüll?

Das alte Firmengelände der Fath GmbH in Kleinmachnow an der Autobahn A115 soll jetzt zu einem Wohngebiet entwickelt werden – trotz der ungeklärten Altlasten im Boden

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Kleinmachnow - Nach mehr als 20 Jahren Stillstand will sich Kleinmachnow seiner wohl größten Industriebrache am Stahnsdorfer Damm entledigen. Im Zuge der großzügigen Wohnbebauungsplanung im nahe gelegenen Gewerbegebiet soll auch das dreieinhalb Hektar große Areal der ehemaligen Fath GmbH östlich der Autobahn 115 entwickelt werden. Doch nicht überall stoßen die Pläne auf Zustimmung. Jetzt befasste sich der Bauausschuss erstmals mit den Ideen. Wie sich zeigte, gehen die Meinungen der Kommunalpolitiker auseinander.

Nach den Grünen, die sich im Vorfeld der Diskussion bereits gegen eine großflächige Wohnbebauung in Kleinmachnow ausgesprochen hatten, reagierte nun auch Katharina Storch vom Verein „Bürger für gute Lebensqualität in Kleinmachnow“ (BiK) „schockiert“. Insbesondere die geplante Teil-Bebauung des Fath-Geländes mit Wohnungen lehnt sie ab. Eine Wohnnutzung in dem stark kontaminierten und nahe der Autobahn gelegenen Gebiet sei „unbegreiflich und undenkbar“.

Tatsächlich solle nach den jetzt vorgelegten Plänen, die die Entwicklungsgesellschaft P+E im Auftrag der Gemeinde entwerfen ließ, ein Viertel des 32 000 Quadratmeter großen Areals mit frei finanzierbaren Wohnungen bebaut werden. Allerdings, relativierte Bürgermeister Michael Grubert (SPD) in der Sitzung, handele es sich lediglich um ein Angebot. Ob eine Wohnbebauung möglich sei, könne erst das Planverfahren zeigen. Auch werde eine Bebauung nur zugelassen, wenn der Grund und Boden gereinigt sei. Dies könne aber nur passieren, wenn die Gemeinde das seit Jahren brach liegende Areal endlich anfasse, betonte er. Seit den 90er-Jahren gebe es bereits einen Aufstellungsbeschluss, Baurecht bestehe aber für das frühere Bosch-Gelände bis heute nicht. Mit der Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplanes sollen nunmehr die Voraussetzungen für eine weitere Entwicklung geschaffen werden.

Nachdem die Fath GmbH, die nach der Wende auf dem Gelände Fahrzeuge reparierte, 2002 in Insolvenz gegangen war, dümpelte das Areal jahrelang vor sich hin. Vor fünf Jahren ersteigerte die Haußmann Grundbesitz AG für 200 000 Euro das Gewerbegrundstück beim Potsdamer Amtsgericht. Bis heute wartet das Unternehmen aber auf richtungsweisende Entscheidungen. Wie Martin Rahn, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft, den PNN sagte, stehe die P+E mit dem Eigentümer der Fath-Flächen in engem Kontakt. Für den Eigentümer sei wichtig, Rechtssicherheit zu erlangen, damit er handeln könne. Vor allem wolle er wissen, „in welchem Verhältnis der Aufwand, etwa der Altlastenbeseitigung, zu dem zu erwartenden Erlös steht“. Nachdem der Landkreis die Flächen, auf der jahrelang Asbestplatten, Altreifen, Hausmüll, Öl und andere Chemikalien lagerten, für 400 000 Euro zwangsräumte, stehen noch immer Abriss- und Reinigungsarbeiten von weiteren geschätzten eine Million Euro an.

Nach den derzeitigen Überlegungen soll aber ein Großteil des Areals Gewerbegebiet bleiben. Wie Bürgermeister Grubert erklärte, sei es Ziel, preisgünstige Flächen für ortsansässige Gewerbetreibende vorzuhalten. Wie berichtet plant die Gemeinde, das insgesamt mehr als vier Hektar umfassende Areal nord- und südlich des Stahnsdorfer Dammes abschnittsweise zu entwickeln. Die Gesamtplanung geht von einer Wohnbebauung von 270 bis zu 300 Wohnungen aus. Mindestens 40 Prozent sollen sozial geförderter Wohnraum sein, der in Zusammenarbeit mit der Kleinmachnower Wohnungsgesellschaft Gewog auf den gemeindeeigenen Flächen an der Pascal-Straße entstehen soll (die PNN berichteten).

Im Mai hatte die Gemeindevertretung in einer Klausur über die Wohnsituation Kleinmachnows beraten und einen Bedarf, insbesondere an sozialem Wohnraum, ausgemacht. Entsprechend der demografischen Entwicklung werde auch in Kleinmachnow der Anteil älterer Menschen in der Gemeinde enorm wachsen. Kleinmachnow benötige daher barrierefreien Wohnraum, insbesondere für jene Menschen, die nicht in der Lage seien, ein Eigenheim zu finanzieren oder zu unterhalten, so Grubert.

Das wird jedoch nicht von allen so gesehen. Barbara Sahlmann von den Grünen monierte, Kleinmachnow sei schon jetzt bis zur letzten Lücke bebaut. Es fehle an „kuscheligen Ecken zum Toben“. Zudem werde ein Wohngebiet, das 1000 neue Einwohner erwarten lasse, für deutlich mehr Verkehr sorgen, als das Gewerbegebiet, auf dem die Häuser nun entstehen sollen. Auch Bernd Krüger (CDU/FDP) sprach sich gegen die Pläne aus. Er führte die höhere Verkehrsbelastung als Argument an. Zudem monierte er, die Gemeinde würde den sozialen Wohnraum vorschieben, um die Gemeindevertreter für die Pläne „zu ködern“. Er würde auf dem Fath-Gelände lieber einen Sportplatz sehen. Etwas positiver reagierte Fraktionskollegin Angelika Scheib. Unter der Bedingung, dass die neue Siedlung Modellcharakter habe und vor Ort innovative Bauten entstünden, stimmte sie dem Vorhaben zu. Auch die Vertreter der SPD und Linken im Bauausschuss sprachen sich für die geplante Wohnbebauung und die vorgestellten Entwicklungsideen aus. Eine grundsätzliche Richtungsentscheidung der Gemeindevertreter wird in der Dezembersitzung erwartet.

Solveig Schuster

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