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Mehr davon? Der Landkreis Potsdam-Mittelmark will mehr stationäre Blitzer aufstellen. Hier der Ampelblitzer bei Seddin.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: Zahl der Raser sinkt – die Aggressivität aber nicht

Knapp 9000 Autofahrer sind seit Januar geblitzt worden. Zwei davon haben vor Wut zurückgeschlagen

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Potsdam-Mittelmark - Welcher Autofahrer kennt ihn nicht: den Ärger nach dem Blitz. Die meisten dürften sauer auf sich selbst sein, waren sie doch zu schnell unterwegs. Bei manchen geht die Wut jedoch weiter: Mitte März dieses Jahres haben zwei junge Männer einen mobilen Blitzer des Landkreises zerstört, nachdem der sie mit 87 Stundenkilometern im Bad Belziger Ortsteil Ragösen fotografiert hatte. Höchstgeschwindigkeit ist hier 50 km/h. Die Täter warfen die Radartonne auf die Straße und rammten sie mit dem Auto. Jetzt wurden sie identifiziert – denn trotz aller Gewalt konnte das letzte Foto entwickelt werden.

Die Kreisverwaltung präsentierte gestern die Blitzer-Bilanz des ersten Halbjahres 2011. Das Ergebnis: 4,4 Prozent der von mobilen Blitzern gemessenen Autos waren zu schnell. Das ist ein leichter Rückgang gegenüber dem ersten Halbjahr 2010 (4,8 Prozent). In absoluten Zahlen waren das knapp 9000 Temposünder seit Januar. Von den acht stationären Messgeräten sind indes nur 0,5 Prozent der kontrollierten Autos geblitzt worden – genauso viele wie im Vorjahreszeitraum. Der Fall in Ragösen zeige aber das zum Teil aggressive Verhalten einzelner Autofahrer, so die Fachbereichsleiterin für Verkehr, Ordnung und Sicherheit, Debra Reußner. Angaben zu den Rowdys wurden gestern nicht gemacht, allerdings hieß es im März, dass es sich um zwei Männer im Alter von etwa 25 Jahren handeln soll. Laut Zeugenaussagen waren sie nicht nur gerast, sondern hatten bei ihrer Attacke auch noch Bierflaschen in der Hand. Der zuständige Mitarbeiter des Verkehrsdienstes, der die Tonne aufgestellt hatte, war nicht eingeschritten. „In solchen Fällen geht der Selbstschutz vor“, so Reußner weiter. Der Schaden war damals auf 60 000 Euro beziffert worden, das Gerät ist mittlerweile wieder im Einsatz.

Trotz des generellen Rückganges der Temposünden zeigt die Bilanz im Detail, dass vor allem im ländlichen Raum gerast wird. In Ziesar lag bei den mobilen Messungen die Quote bei 8,4 Prozent, in Wiesenburg bei 8,3 Prozent, in Wusterwitz bei 7,8 und in Brück bei 7,3 Prozent. Vorschriftsmäßig wird dagegen vor allem in Seddin gefahren: Hier waren nur 1,2 Prozent der gemessenen Autofahrer zu schnell. Allerdings steht hier auch – direkt an der B 2 – seit drei Jahren ein Starkasten und bewegt Autofahrer automatisch dazu, den Fuß vom Gas zu nehmen. Ebenfalls unterdurchschnittlich viele Raser sind in Werder (Havel) mit 3 Prozent und in Kleinmachnow mit 3,5 Prozent gemessen worden. Geradezu minimal nimmt sich dagegen die Zahl der Rotsünder aus: Die Ampelblitzer am Güterfelder Eck bei Stahnsdorf und auf der B 2 zwischen Michendorf und Seddin sind im ersten Halbjahr 2011 in 0,06 Prozent der Fälle ausgelöst worden. Tatsächlich sind das aber immerhin knapp 1000 Autofahrer, die nun mit mindestens drei Punkten und 90 Euro Bußgeld rechnen müssen.

Laut Ordnungsdezernentin Reußner würden die vier Außendienstmitarbeiter vor allem innerhalb der Ortslagen die Geschwindigkeit messen. „Wir reagieren auf Unfall- oder Raserschwerpunkte“, erklärte sie. Insgesamt waren die mobilen Blitzer bis Juni 584-mal im Einsatz. Landrat Wolfgang Blasig (SPD) unterstrich, dass der Kreis auch künftig nicht nachlassen werde, Raser zur Räson zu bringen. „Wir wollen erreichen, dass sich umsichtige Autofahrer sicher fühlen, Raser sich aber nie sicher fühlen“, sagte der Landrat.

Deshalb soll die Messtechnik in den kommenden vier Jahren auf einen modernen Stand gebracht werden. Für insgesamt 420 000 Euro sollen die alten Tonnen- und Standblitzer erneuert oder durch digitale Geräte ersetzt werden. So steht es im Strategieprogramm des Landkreises. Die Anschaffung ist nicht unumstritten: In Zeiten knapper Kassen müsse jede Investition auf den Prüfstand, fordert zum Beispiel die FDP. „Die neue Technik brauchen wir sicherlich, doch wir können sie nur anschaffen, wenn es der Haushalt auch hergibt“, so Heiko Hüller, Fraktionschef der Liberalen. Keinesfalls dürften Blitzer aber eingesetzt werden, um die Kreiskasse aufzubessern.

Auf dieser Linie liegt auch die Verwaltung. „Es wird immer ein Zuschussgeschäft bleiben“, so Blasig, der die präventive Funktion der Geschwindigkeitsmessungen hervorhob. Jährlich würde der Kreis knapp eine Million Euro an Verwarn- und Bußgeldern einnehmen, die Personal- und Sachkosten in diesem Bereich lägen jedoch ungleich höher. Ob in Zukunft auch noch eine Gefahrenzulage nötig wird, blieb jedoch offen.

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