Potsdam-Mittelmark: Zehn Euro pro Bootsmeter
Die Nutzung von Wasserstraßen mit Sportbooten wird nicht kostenlos bleiben. Dass Bootsmaut und Schleusengeld Projekte wie den Teltower Stadthafen bedrohen, wird in der Branche aber nicht befürchtet
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Teltow - Bedroht eine Sportbootmaut die Entwicklung des Wassertourismus in Brandenburg und ein Projekt wie den neuen Teltower Stadthafen? Kommen durch die Regionalisierung von Wasserstraßen neue und unzumutbare Kosten auf Sportbootbesitzer zu? Der Teltower Stadtverordnete und Hafenprojektkritiker Andreas Wolf jedenfalls ist davon überzeugt und hat erneut vor den Millioneninvestitionen am Teltowkanal gewarnt. Er sprach gegenüber den PNN von bislang unberücksichtigten Risiken und verweist auf einen Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Demnach soll im Jahr 2018 eine Bootsmaut für Sportboote eingeführt werden. Außerdem wolle der Bund ein Drittel seiner Bundeswasserstraßen regionalisieren, sprich den Ländern übertragen, die dann mit dem Erhalt der Wasserstraßen und der Sanierung von Schleusen allein dastehen würden und nach Möglichkeiten suchen könnten, Kosten auf die Nutzer umzulegen. Die FAZ schlussfolgert, dass der Wassersport auf Deutschlands Binnengewässern nicht unentgeltlich bleiben wird.
Aus dem Bundesverkehrsministerium wurden die beiden Vorhaben auf PNN-Anfrage grundsätzlich bestätigt. Schon im August 2013 sei das Bundesgebührengesetz in Kraft getreten, das kostendeckende Gebühren auf den Bundeswasserstraßen vorschreibt. „Dies gilt auch für die Sportschifffahrt“, so die parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU). Nur kleine Wasserfahrzeuge wie Paddelboote, Ruderboote, Tretboote oder kleine Segelboote ohne Motor seien ausgenommen.
Abgaben für die Sportschifffahrt werden schon jetzt in Form einer jährlichen Pauschale in Höhe von 77 000 Euro, jeweils zur Hälfte vom Deutschen Motoryachtverband und vom Deutschen Seglerverband, gezahlt. Die Pauschale liege weit unterhalb der Kostendeckung. Ab August 2018 soll es deshalb, erklärt Reiche, „zur Erhebung individueller Gebühren in der Sportschifffahrt kommen.“ Ob die dann kostendeckend sind oder Ausnahmen gelten, sei offen. „Die einschlägigen Verbände wurden durch das Bundesverkehrsministerium bereits informiert.“
Der Geschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Wassersport Berlin-Brandenburg, Max Hiller, bestätigte, die Pläne zu kennen. Einen unmittelbaren Zusammenhang zum Teltower Hafenprojekt sieht er nicht, Hiller glaubt fest an den Erfolg des Projektes (siehe Kasten). Was die Maut-Pläne angeht, stimme die Wassersportbranche sogar zu: Zurzeit seien Sportboote steuerfrei. Gegen eine Vignette, mit der jährlich für jeden Bootsmeter zehn Euro abgerechnet werden – von dieser Größenordnung gehe man in der Branche derzeit aus –, sei nichts einzuwenden, wenn die Einnahmen dem Erhalt der Wasserstraßen dienen. „Für eine zwölf Meter lange Jacht 120 Euro zu entrichten, geht in Ordnung. Wir reden ja nicht über Hartz-IV-Empfänger.“ Charterfirmen könnten die Ausgaben als Betriebskosten steuerlich geltend machen.
Für Teltows Stadthafen ist Hiller guter Dinge, selbst wenn der Bund einen Teil der Bundeswasserstraßen und mit ihnen den Teltowkanal an die Länder übertragen will. Die Regionalisierungspläne sehe der Wassersportverband allerdings kritisch: Werden touristische Wasserstraßen den Ländern übertragen, fürchtet Hiller zumindest langfristig einen Verfall der Infrastruktur. „Wir sehen außerdem die Gefahr, dass sich die Regeln für Sportbootnutzer von Bundesland zu Bundesland ständig ändern.“ Die Verbände würden an Alternativen arbeiten. So ist eine Stiftung zur gemeinsamen Vermarktung der Flüsse und Seen im Gespräch.
Vom Bundesverkehrsministerium heißt es, dass die Regionalisierungspläne auf die vorletzte Legislaturperiode des Bundestags zurückgehen. Damals sei die Bundesregierung aufgefordert worden, ein Wassertourismuskonzept vorzulegen. In den nächsten Monaten soll es dem Bundestag vorgelegt werden, sagte Staatssekretärin Reiche. Was es beinhalten wird, formuliert sie vorsichtig: Ein Problem seien vor allem Nebenwasserstraßen, die wenig für den Güterverkehr genutzt werden, aber aufwendig zu unterhalten seien. Das gehe zulasten der Hauptstrecken des Güterverkehrs. Reiche redet von bundesweit über 2 800 Kilometer Wasserstraßen mit rund 120 Wehranlagen und 140 Schleusen. „Die Anlagen sind überaltert, was zu hohen Unterhaltungskosten führt.“ Die „Konkurrenzsituation“ zwischen Haupt- und Nebennetz solle mit dem Wassertourismuskonzept aufgelöst werden.
Mit einer neuen Struktur, wirbt Reiche, könnten die Nebenstrecken stärker auf Wassersport und Tourismus ausgerichtet werden. Sie spricht von einer „Verbesserung der Zusammenarbeit der zuständigen Bundes- und Landesstellen“. Was offenbar gemeint ist: Anders als die Binnenschifffahrt ist Tourismus Ländersache. Um Wasserstraßen, die der Bund als eher touristisch definiert, hätten sich damit die Länder zu kümmern.
Dem Vernehmen nach sollen in Ostdeutschland lediglich der Mittellandkanal, die Achse Elbe-Havel-Kanal und Oder-Havel-Kanal und eventuell die Elbe als Bundeswasserstraßen erhalten bleiben. Allein für die Schleusenunterhaltung würden erhebliche Kosten auf die Bundesländer zukommen. Beispiel Kleinmachnower Schleuse: Die dringend erforderliche Grundinstandsetzung würde zehn Millionen Euro kosten. Der Bund hatte zuletzt mit einem privaten Ausbau geliebäugelt.
Der Teltower Stadtverordnete Andreas Wolf schlussfolgert: Wenn der Bund die Schleusen in Kleinmachnow und anderen Orten nicht mehr bezahlt, droht neben der Bootsmaut auch eine Schleusenmaut – anders ließe sich die Unterhaltung für die Länder kaum finanzieren. „Bootseigentümer vom Hafen in Teltow werden dadurch nicht gerade angezogen.“ Dort beginnen nach dem ersten Spatenstich am vergangenen Samstag jetzt die Bauarbeiten mit dem Bodenaushub für das Hafenbecken. Ab Sommer 2015 sollen die Anlagen und Gebäude entstehen. Mit der Bootssaison 2017 soll Teltow seinen Hafen haben. Bis dahin stehen spannende Entwicklungen im Sportbootverkehr bevor.
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