Von Tobias Reichelt: Zeit für die Vergangenheit
Wie aus dem Polizisten Hermann Lamprecht Friedrich der Große wurde
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Teltow - Es war ein fesselndes Buch, das aus dem Polizisten Hermann Lamprecht einen König machte. Vor genau 15 Jahren schlüpfte der heute 71-Jährige zum ersten Mal in die Rolle Friedrichs des Großen – als Laienschauspieler in einem handgefertigten Kostüm. Seit dem hat er den Alten Fritz immer dabei: Im Koffer und im Kopf. Mit seinen authentischen Auftritten, dem schier unendlichen Wissen über Preußens Hofstaat, dessen Krankheiten, Gewohnheiten und Legenden fasziniert der Teltower seine Zuschauer. Hermann Lamprecht ist der Alte Fritz im 21. Jahrhundert zum Anschauen und Anfassen.
„Hiermit fing es an“, erzählt Hermann Lamprecht und zeigt auf ein altes, leicht abgegriffenes Buch. „Der Vater“, ist in großen Buchstaben darauf zu lesen. Es ist eine Roman-Biographie, geschrieben von Jochen Klepper. „Ein Kollege bei der Polizei hat es mir gegeben“, erklärt Lamprecht. Es war der zündende Funke. „Das Buch hat mich fasziniert.“ Es beschreibt die Erziehung Friedrich II. durch seinen Vater, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. „Schon als Kind hat ihn sein Vater an den Haaren gezogen, geschlagen und getreten“, erzählt Lamprecht. „Ich hatte einfach Mitleid und habe begonnen seinen Vater abzulehnen.“ Das war 1971. Er hat das Buch verschlungen – mehrmals. Mit den Jahren stieg er immer tiefer in die Thematik ein. Aus einem Buch wurden hunderte, es kamen Säbel und Schwerter, Pistolen und Büsten hinzu.
Was Lamprecht Anfang der 90er Jahre in den Requisiten der Babelsberger Filmstudios entdeckte, verschlug ihm den Atem. Ein ganzes preußisches Regiment hätte man hier einkleiden können. Sofort streifte er sich die Garderobe des Alten Fritz über. Noch am selben Tag bestellte er sein eigenes maßgeschneidertes Kostüm.
1993 trat Lamprecht erstmals als Preußen könig an die Öffentlichkeit – auf der Geburtstagsfeier eines Nachbarn. Er erzählte Geschichten vom „Fritz“ und redete geschwollen. Lamprecht liebte es. So folgten Auftritte in Seniorentreffs, bei Schützengilden, in Schulen und Restaurants. Inzwischen spielt er auch bei Offiziers verabschiedungen der Bundeswehr. Geld nimmt er für seine Auftritte nie. Als Mitglied des Teltower Heimatvereins – seit acht Jahren lebt der Berliner in Teltow – sammelt er Spenden unter anderem für die Glocken der Andreaskirche. Über 1300 Euro kamen in diesem Jahr zusammen.
„Als Kind hatte ich ganz andere Sachen als den Preußenkönig im Kopf “, sagt Lamprecht, auch für den Geschichts unterricht interessierte er sich nicht. In der Schule spielte er Klavier und gründete mit Freunden eine Musik gruppe. „Die Monkeys nannten wir uns.“ Erst als seine vier Kinder aus dem Haus waren, hatte er Zeit für die Vergangenheit. Während seine Frau am Abend vor dem Fernseher saß, zog sich Lamprecht in sein „Refugium“, wie er es nennt, zurück. Es ist sein Zimmer. In der Mitte steht ein Keyboard, an den Wänden reihen sich historische Gemälde an einander. Eines zeigt Lamprecht als Friedrich den Großen. „Hier hängt meine Feldkarte“, sagt Lamprecht und zeigt auf ein Bild. Mit der Lupe verfolge er daran die Kriegsgeschehnisse, wenn er liest.
Hermann Lamprecht geht in seiner neuen Rolle auf. „Das wirkt, als ob sie das wirklich alles erlebt hätten“, erzählen ihm seine Gäste oft. Wenn der frühere Polizist von seinen Auftritten spricht, wenn er die alten Geschichten erzählt, wird er lebhaft, reißt seine Augen weit auf und beginnt ohne Pause zu reden. Er wirkt wie ein Zeitreisender, wenn er die Geschichten aus der Ich-Perspektive erzählt.
Den Dank nach den Auftritten zu spüren, das sei für ihn ein „Hochgefühl“, sagt Lamprecht. „Das kann mir niemand nehmen.“ Im Januar wird er 72 Jahre alt. Als König hätte er dann noch zwei Jahre zu leben, sagt er. Friedrich der Große wurde 74. Doch aufhören möchte Lamprecht nicht. Im Gegenteil: 2012 jährt sich der 300. Geburtstag des Alten Fritz – „das wird ein ganz großes Jahr“, sagt Lamprecht.
Zum 297. Geburtstag des „Alten Fritz“ lädt Hermann Lamprecht am 24. Januar zu seiner nächsten Veranstaltung ins Café Macheno op`m Sande in Kleinmachnow ein. Beginn ist 20 Uhr.
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