Potsdam-Mittelmark: Zum Spielen nie zu alt
Ulrich Paulig baut in Teltow Spielplätze für alle Generationen, die Körper und Geist auf Trab halten
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Teltow - Sie hat ihren Rollator einfach stehen lassen. Vorsichtig balanciert die grauhaarige Dame über einen von Ulrich Pauligs hölzernen Parcours. Ein Schritt nach dem anderen setzt sie voran. „Das beweist doch alles“, sagt der 55-jährige Spielplatzbauer. „Wir wissen, wie die Menschen spielen“, erklärt Paulig und kramt noch ein zweites und ein drittes Foto aus seinen Unterlagen hervor. Schaukelnde Omas, wippende Opas. „Auch Alte spielen, sie spielen nur anders.“ Und das Beste daran: Sie merken dabei kaum, wie sie Sinne und Körper trainieren.
Die Böden wackeln, Holzbahnen lenken die Füße in ungewohnte Richtungen, fordern den Gleichgewichtssinn heraus und massieren die Muskeln. Spielplätze sind für alle da, sagt Ulrich Paulig. Nicht nur für Kinder, sondern auch für Senioren. Seit etwa vier Jahren hat sich der Teltower Spielplatzbauer mit seinem Unternehmen „Merry-go-round“ – das den wohlklingenden altenglischen Namen für Karussell trägt – auf die Produktion von Mehrgenerationenspielplätzen spezialisiert. Die Anlagen sind preisgekrönt und verkaufen sich in ganz Europa und bis nach Israel.
„Mit viel Schwung reinsetzen“, ruft Paulig, bevor er sich auf eine seiner neuesten Kreationen fallen lässt: eine Art bunt lackiertes Fass, das auf einer gewaltigen Sprungfeder am Boden montiert ist. Es quietscht und rasselt, der Spielplatzbauer wippt, schaukelt und lächelt. „Das trainiert die Beckenmuskulatur.“
Der studierte Gartenarchitekt entwirft mit inzwischen über 20 Jahren Berufserfahrung neben bunten und ausgefallenen Spielplätzen für Kinder und Jugendliche auch Motorikparks, die fit halten. Der Hof seines Unternehmens in der Wilhelm-Külz-Straße steht voll mit den einzelnen Spielelementen. Sie tragen Namen wie „Hundert Füße“, „Kippbretter“ oder „Holzspuren“ und wurden in Zusammenarbeit mit einem Sportwissenschaftler aus Österreich entwickelt. Insgesamt 160 verschiedene Module hat Paulig aktuell im Programm – für alle Muskelgruppen.
„Auf einer Wackelplatte, machen selbst ältere Damen ihren Kindern und Enkeln noch was vor.“ Zwar sei es am Anfang schwierig, das Gleichgewicht zu halten, da die gefederten Platten in alle Richtungen wackeln. Aber schnell haben sich selbst Senioren daran gewöhnt. „Das trainiert unter anderem die seitliche Rumpfmuskulatur.“ Und nicht nur das: Wenn man von der Platte absteigt, ist der Rücken durchgedrückt und man läuft unwillkürlich wieder gerade. „Das ist wie Yoga“ – auch für die Sinne. Denn die Mischung aus Koordination und Gleichgewicht und der Suche nach dem richtigen Weg durch den Parcours lassen die Synapsen im Kopf jubeln. Sogar der Brandenburgische Landessportbund arbeitet mit Pauligs Geräten aus Holz und Metall. An ihnen sollen ältere Menschen üben, Stürze zu vermeiden. Und wem es langweilig wird, dem empfiehlt Paulig die Variante rückwärts oder mit geschlossenen Augen.
Die Anlagen stehen nicht nur neben Altenheimen, sondern auch in der Nähe von Förderschulen für Kinder mit Behinderungen. Selbst in großflächigen Parkanlagen, wie in der Berliner Buschkrugallee, können Jung und Alt an ihnen spielen. In kleinerer Ausführung ist so ein Park zum Beispiel auch im Wohngebiet am Schlaatz in Potsdam zu finden.
Mutigen kann Paulig sogar das Fliegen beibringen. In Passau steht bislang die einzige Version seines „Kitesurfers“. Ähnlich wie beim Wassersport können sich Spiellustige dort an einem Griff festhalten, der an einer Stange montiert ist. Mit viel Schwung kommt das Ganze in Bewegung und man dreht sich mit eingezogenen Knien frei um die Achse in der Luft. „Man fliegt los und es kann nichts passieren“, sagt Paulig.
Vor eineinhalb Jahren hat der Berliner seine Werkstatt in Teltow in einem ehemaligen Autohaus eröffnet. Seitdem hat sich die Mitarbeiterzahl von 18 auf 30 erhöht. Jeden Monat verlassen etwa acht Spielplatzausrüstungen das Haus. 250 Tonnen Holz im Jahr werden hier verarbeitet, eine Lkw-Ladung im Monat.
Auch wenn immer öfter Mehrgenerationenanlagen verkauft werden, sind es doch die klassischen Kinderspielplätze, mit denen das Unternehmen sein Haupteinkommen erzielt. Rutschen, Kletterwände, wackelnde Tiere, Wasserspielplätze, versenkbare Brücken, Piratenflotten, Holzstelzen oder Kletterparks. Etwa 400 Kinderspielplätze, entworfen von Ulrich Paulig, gibt es in Berlin. Einen sogar im französischen Kaufhaus Lafayette in der Friedrichstraße.
Am 30. August lädt „Merry-go-round“ zum Tag der offenen Tür in der Wilhelm-Külz-Straße 2 in Teltow ein.
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