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Potsdam-Mittelmark: Zurück auf dem Galgenberg

Morgenstern-Büste in Werder eingeweiht

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Werder (Havel) - Auch in diesem Jahr zeigt der Dichter Christian Morgenstern am Entstehungsort seiner skurrilen „Galgenlieder“ wieder Präsenz und Flagge: Pünktlich zu seinem 98. Todestag eröffnete die Werderaner Veranstaltungsreihe „Treffpunkt Galgenberg“ am Samstag die laufende Saison mit einem so hörens- wie sehenswerten Vortrag. Der „Freundeskreis Bismarckhöhe in Werder (Havel)“ hatte den Berliner Morgenstern-Interpreten Bernd Fredrich gebeten, des Poeten Vita durch sein eigenes Curriculum darzustellen.

Rappelvoll der kleine „Salon“, groß aber die Erwartung auf das „danach“, schließlich war im liebevoll eingerichteten Morgenstern-Zimmer die feierliche Enthüllung seiner Büste angekündigt. Der mit Liebe und Feuer gestaltete, aber doch recht lange Vortrag führte die Zuhörer wieder mal zu der Erkenntnis, dass es gerade am Geburtsort von Möwe Emma und „Fisches Nachtgesang“ der unverwüstlichen „Galgenlieder“ gar nicht genug sein können. Dies bezeugt auch die aktuelle Ausstellung „Auf seinen Nasen schreitet einher das Nasobem“ des Wilhelmshorster Künstlers Horst Halling, die noch bis 15. April in der Turmgalerie zu sehen ist.

Nachdem man dank Fredrich von „Des Galgenstricks dickes Ende“ erfahren hatte, versammelte sich das Publikum dichtgedrängt im Morgenstern-Zimmer, wo die verhüllte Büste auf ihre „Weihe“ wartete. Zunächst erzählte Morgenstern-Kurator Achim Risch, wie das kostbare Stück den Weg auf die Bismarckhöhe fand: In der Korrespondenz zwischen der Morgenstern-Witwe Margareta und dem Bildhauer Hans Wildemann hatte er einen Hinweis auf eine Bronzebüste gefunden, die als verschollen galt. Risch fand sie dank gezielter Recherchen in einem Dortmunder Museum. Sogar die dazugehörige Gipsform konnte er wiederfinden – im Archiv der Christengemeinschaft Berlin, wo ein Teil des Morgenstern-Nachlasses lagert.

Ihrer Großzügigkeit ist es zu danken, dass der Freundeskreis in den Besitz des guten Stückes aus dem Jahre 1919 kam. Man beschloss sogleich, einen Abguss anfertigen zu lassen. Diese Arbeit wurde der Preußischen Kunstwerkstatt Caputh in Person von Thomas Seyfarth übertragen, obwohl derselbe gerade in diesem Jahr mit der „Massenproduktion“ preußischer Prominenz-Köppe recht ausgelastet ist. Er brachte „unseren Christian“ nicht nur wieder in seine historische Form, sondern sponserte auch die Fertigungskosten. Der Landkreis übernahm das Material für das aus Porzellan und feinstem Marmormehl gemischte Kunststück.

Nachdem der Einsatz aller Beteiligten bedankt und gewürdigt worden war, enthüllte Werders amtierende Baumblütenkönigin Victoria Tremel endlich das lebensechte Konterfei, was dem Publikum ein laut hörbares „Aah!“ entlockte. Gipsform und ihr Abguss sind jetzt also gemeinsam in diesem Turmzimmer zu bewundern. Als Traum bleibt dem Verein nun die Hoffnung, dereinst auch das bronzene Original von 1919 zeigen zu können – vielleicht zu Morgensterns Hundertsten in zwei Jahren. Gerold Paul

Gerold Paul

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