Potsdam-Mittelmark: Zwangspause für die Kettensäge Gemeinde will Bürger für Baumschutz begeistern
Michendorf - Erschreckend hoch sind diese Zahlen nicht nur für ausgewiesene Naturschützer: 700 Bäume wurden im vergangenen Jahr laut Schätzungen in der Großgemeinde Michendorf gefällt. In diesem Jahr muss allein das Ordnungsamt noch einmal 60 abgestorbene Gehölze umlegen, hinzu kommen Rodungen auf Privatgrundstücken.
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Michendorf - Erschreckend hoch sind diese Zahlen nicht nur für ausgewiesene Naturschützer: 700 Bäume wurden im vergangenen Jahr laut Schätzungen in der Großgemeinde Michendorf gefällt. In diesem Jahr muss allein das Ordnungsamt noch einmal 60 abgestorbene Gehölze umlegen, hinzu kommen Rodungen auf Privatgrundstücken. Die sind trotz Baumschutzsatzung immer noch in großem Maße möglich. Jüngstes Beispiel ist ein Totalkahlschlag auf einem Grundstück in der Karl-Marx-Straße im Gemeindeteil Bergheide.
Die Verwaltung will dem lockeren Umgang mit der Kettensäge nun Einhalt gebieten. Ordnungsamtschefin Katleen Liermann erläuterte am Donnerstagabend im Umweltausschuss mögliche Strategien: So müsse die Gemeinde mehr Mitspracherecht beim Thema Waldumwandlung einfordern. Im Moment entscheiden allein die Untere Forst- und die Naturschutzbehörde, ob eine Waldfläche zu Bauland werden darf und damit, wie viele Bäume gefällt werden können. „Da geht es dann nach Prozent der Fläche, nicht nach einzelnen Bäumen.“ Die Baumschutzsatzung greife nur im Innenbereich – und erst, wenn ein Bauantrag nach Belzig geht. Die Bauaufsicht halte dann Rücksprache mit der Gemeinde und fordere die hier erstellten Baumgutachten ein, zumindest diese Zusammenarbeit funktioniere gut.
Eine weitere Grauzone ergebe sich, wenn jemand eine Erdwärmeheizung bauen will. Dafür darf gerodet werden – aber was passiert, wenn es sich der Bauherr dann wieder anders überlegt?, fragte Abgeordnete Claudia Günther (Grüne). Die Verwaltung dränge zurzeit darauf, dass solche Vorhaben im Baubescheid verankert und damit zur Pflicht werden, so die Ordnungsamtschefin. Es gebe aber auch positive Beispiele, Liermann verweist auf das künftige Wohngebiet Am Friedhof in Wilhelmshorst. Hier arbeite der Investor seit der ersten Stunde mit dem Ordnungsamt und den ehrenamtlichen Baumgutachtern der Gemeinde zusammen. Insgesamt würde die Sensibilität für die Themen Baumschutz und -pflege beim Bürger zunehmen. „Häuslebauer haben zumindest ein offenes Ohr für unsere Belange und nehmen keine Contra-Haltung ein", so Liermann.
Für die Bäume auf Gemeindeland wird vom Ordnungsamt zurzeit ein Kataster erstellt, 6650 Gehölze sind mittlerweile mit Art, Standort und eventuellem Handlungsbedarf registriert, insgesamt seien dies 95 Prozent. Damit habe man jetzt eine Arbeitsgrundlage, so Liermann. „Wie in anderen Gemeinden ist auch in Michendorf über Jahrzehnte nichts mit den Bäumen passiert“, begründete sie die bisher vorgenommenen und noch anstehenden Fällungen von Totholz, das oft ein Sicherheitsrisiko darstelle. Für diese Arbeiten wurden in den diesjährigen Haushalt größere Summen eingestellt, insgesamt habe sich ein sechsstelliger Betrag ergeben. Diese Mittel seien jetzt schon aufgezehrt, für weitere dringende Arbeiten müssten noch Haushaltsmittel umgewidmet werden.
Bei den Ersatzpflanzungen will die Gemeinde nun mit gutem Beispiel vorangehen: Im Zusammenhang mit dem Tag des Baumes am 27. April soll es eine größere Pflanzaktion geben. 2300 Euro flossen im vergangenen Jahr als Ausgleich für nicht mögliche Ersatzpflanzungen von Privatleuten an die Gemeinde, auch die sollen dann umgesetzt werden. Zudem sollen besonders imposante Gewächse mit Hinweistafeln versehen werden. Das erste Vorzeigegehölz soll eine Goldkiefer in der Wilhelmshorster Albert-Schweitzer-Straße werden.Thomas Lähns
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