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Potsdam-Mittelmark: Zweites Leben für das Handy

Im Europarc werden monatlich 20 000 Mobiltelefone repariert, die meisten davon in 24 Stunden. Ein Gehörloser überprüft sie

Von Enrico Bellin

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Kleinmachnow - Handys halten länger als zwei Jahre. Zumindest, wenn sie Station in Kleinmachnow gemacht haben. Davon ist Roy Seidel von der Let Me Repair GmbH überzeugt. Am Unternehmensstandort im Europarc kommen im Monat 20 000 Handys an, die von 120 Mitarbeitern repariert werden.

„Wir sind Vertragspartner von Samsung und führen für den Hersteller alle Arbeiten im Rahmen der Garantie durch“, sagt Seidel, Leiter der Qualitätskontrolle, am gestrigen Donnerstag. Außerhalb der Garantie werden auch Mobiltelefone anderer Hersteller repariert. Für Läden in Berlin und Potsdam bieten die Kleinmachnower einen 24-Stunden-Service an. Kaputte Telefone werden ab fünf Uhr morgens abgeholt und noch am gleichen Tag repariert. Dafür hat die Firma drei Autos, die die Telefone einsammeln.

In Kleinmachnow angekommen, landen die meisten Handys in der Hand von Andreas Rökendt. Der 45-Jährige, der ohne Gehör geboren wurde, erfasst das Gerät im Computersystem, prüft, ob die Garantiezeit noch läuft und ob das Handy grobe Fehler aufweist. Seit März arbeitet Rökendt bei Let Me Repair, vermittelt wurde er vom Arbeitgeberservice des Jobcenters Maia. „Die Mitarbeiter des Centers haben sich sehr gut um mich gekümmert, ein Kollege hat sich regelmäßig für mich eingesetzt“, übersetzt die Gebärdendolmetscherin Rökendt.

Der Kleinmachnower hat inzwischen Wege gefunden, sich mit seinen Mitarbeitern zu verständigen. Zwar gibt es eine Mitarbeiterin, die Gebärdensprache spricht, die sitzt jedoch in einer anderen Abteilung. Rökendt kann von den Lippen ablesen, doch allein dadurch kann man nicht jeden Satz verstehen. So schreibt er am Computer auf, was er sagen will, oder zeigt die Buchstaben in einer Zeitung.

Doch nicht alle Probleme sind so zu lösen. „Wir brauchen beispielsweise noch Warnlichter für den Feueralarm auf der Toilette, sonst kann es passieren, dass Herr Rökendt einen Brand einfach nicht mitbekommt“, sagt Tamara Handelsmann, Managerin von Let Me Repair. Trotz der Hürden ist sie glücklich über die Anstellung von Rökendt, der eigentlich Kraftfahrer ist und vor seiner Anstellung mehr als ein Jahr arbeitslos war.

Bei zwei Wochen Probearbeit habe er sich bewiesen, in einem Monat ist auch die Probezeit für seine unbefristete Vollzeitanstellung abgelaufen. Den Service der Maia, passende Arbeitslose zu vermitteln, hat Handelsmann seit Juli 2013 bereits zehnmal in Anspruch genommen. „Dort weiß man einfach, worauf es uns ankommt.“ Außerdem dauere es meist nur zwei Wochen, bis Bewerber für eine freie Stelle zum Probearbeiten kommen.

183 Arbeitslose habe der Arbeitgeberservice der Maia bereits vermittelt, sagt Fachbereichsleiter Bernd Schade. Insgesamt soll der Service in diesem Jahr 300 Arbeitslosen einen Job verschaffen. Dabei hilft ein Eingliederungszuschuss, den das Jobcenter bezahlt. Je nach Bedarf für die Einarbeitung zahle das Amt bis zu einem Jahr lang bis zu 50 Prozent des Gehaltes.

„Wir hätten Herrn Rökendt auch ohne Zuschuss eingestellt“, so Roy Seidel. Den Reparaturmarkt hält er für stabil. Die Firma arbeitet auch mit Internetfirmen zusammen, bei denen man sein gebrauchtes Handy für ein paar Euro verkaufen kann. Die nicht mehr gebrauchten Telefone werden dann im Europarc geprüft, bevor sie von den Onlinehändlern weiterverkauft werden. Außerdem gibt es einen Servicebereich direkt vor Ort, an dem Besitzer ihr kaputtes Handy zur Reparatur abgeben können.

Eines sollten sie unbedingt beachten: Die Handy-Daten vorab zu sichern. So mancher habe schon verzweifelt im Kleinmachnower Büro gestanden, weil alle Kontakte und Termine gelöscht waren.

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