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KulTOUR: Zwischen Kunst und Handwerk

Werder – Als Konzeptkünstler ist der Maler Frank Weber auch ein Sammler. Nicht nur von Ideen für neue Konzepte, auch als Kurator der Stadtgalerie „Kunst-Geschoss“ ist ihm diese uralte Methode wichtig.

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Werder – Als Konzeptkünstler ist der Maler Frank Weber auch ein Sammler. Nicht nur von Ideen für neue Konzepte, auch als Kurator der Stadtgalerie „Kunst-Geschoss“ ist ihm diese uralte Methode wichtig. Er reihte also nicht nur Nobel-Ausstellung an Fine-Art-Schau, er wollte auch den Status quo der Kunst in und um Werder ermitteln, was zuvor ja niemals geschah. Weber organisierte also auch Bestandsaufnahmen für die bildende und die angewandte Kunst im umzirkelten Gebiet, mit gehörigem Erfolg für Publikum und Macher. Wer Bestände sichtet, hat ja immer etwas vor, Fortsetzungen zum Beispiel. Und so wurde im Kontinuum überraschenderweise auch ein reinigender Effekt entdeckt, denn die „2. Bestandsaufnahme der Stadt Werder (Havel) Textilkunst und Kunsthandwerk“ scheint auch künstlerisch anspruchsvoller geraten zu sein als die Premiere. Und das, obwohl sich die Ausschreibungsmodi – zum Beispiel bei der Eintragung in eine juryfreie Teilnehmerliste – gar nicht geändert hatten.

Man hat eine gelungene, geradezu opulente Überschau im Dachgeschoss des ehemaligen Schützenhauses vor Augen, sehr gut gestaltet, toll auch in den Details. Werder hat durch reichlich Zuzug offenbar sehr viel gewonnen – obwohl das Ding mit der Kunst im weitesten Sinn beileibe nicht die Ultima Ratio dieses Lebens ist. Jeder, der in Werder samt zugehörigen Ortsteilen wohnt oder arbeitet, konnte sich eintragen. Damen und Herren nebst zwei Arbeitsgruppen taten es, welch ein Gewimmel auf ganz freiem Grund. Kein Genre, das da ausgelassen wäre, man trifft auf Keramik und Porzellan, auf Filzen und Sticken, auf Goldschmiede- und Schnitzkunst, auf Weben und Schneidern, auf Materialbild und Puppendiorama, Kalligrafisches und Holzgeschnitztes, Hand- und Maschinengequiltetes. Einer ist dabei, der Stück um Stück in Handarbeit gar Armbanduhren baut. Diamantenbesatz ist jederzeit möglich.

Schöne und vor allem kunstvolle Arbeiten quer durchs Jahr kommen aus der Patchworkgruppe Glindow – Butterblumen, Weihnachtskerzen, Wandbehänge, Tischläufer. Die Klöppelgruppe Bliesendorf freilich schießt den Vogel quasi ab, wenn ausgerechnet sie im Erzgebirge erste Preise holt. Einig ist man, dass die ganze Klöppelei viel Zeit und Handwerk braucht, der Rest ist dann Kunst, zum Beispiel in Gestalt des großen Windspiels „Sternenhimmel“.

Auch in Sachen Textilkunst und Kunsthandwerk ist also in Werder und um Werder herum erstaunlich viel los. Der Trend geht deutlich zur Professionalität, die Grenzen zwischen Handwerk und Kunst sind wie eh fließend. Vieles bleibt natürlich trotzdem Geschmackssache. Neben dem Üblichen findet man ein paar Extras, zum Beispiel die Kooperation zwischen einer Webarbeit und Keramik, welche dieses Muster übernimmt. Oder wenn sich Klöppelei an der Schmuckgestaltung versucht. Diese Ausstellung ist es wert, auch in Berlin gezeigt zu werden, falls das noch eine Empfehlung ist. Vielleicht bekäme Werder dann ganz spontan noch mehr Zuzug? Wie auch immer, diese kleine Inventur ist eine ganz große Sache, zwar etwas abseits der reinen Kunst und doch mittendrin. Guter Besuch am Wochenende, aber das lag vielleicht an einer anderen Kooperation, eine Etage tiefer lud Werder bereits zum 6. Grafikmarkt. Gerold Paul

Die Ausstellung ist noch bis zum 4. Januar zu sehen.

Gerold Paul

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