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Sonnenbrand auf Äpfeln: Potsdamer Forscher entwickeln KI-Frühwarnsystem
Wasser, Netze, Sand – Bauern kämpfen mit verschiedenen Mitteln gegen Sonnenbrand bei Äpfeln, der teils große Ernte-Einbußen bringt. Kann ein Modell zur Vorhersage von Hitzeschäden Obstbauern helfen?
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Äpfel lieben Sonne, doch sie kann auch zum Alptraum für Obstbauern werden. Braune Flecken, welkende Früchte – Sonnenbrand auf Obst führt zu Ernte-Einbußen. 2022 war ein Jahr mit großen Schäden bei Äpfeln.
In dieser Saison sei das Problem mit Sonnenbrand bislang zwar nicht so dramatisch, sagte der Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Obstbau, Joerk Hilbers, der Nachrichtenagentur dpa. Die Apfel-Ernte, die gegen Ende August beginnt, soll nach einer ersten Einschätzung überdurchschnittlich gut ausfallen. Aber Landwirte befürchten angesichts des Klimawandels ein wachsendes Risiko durch Hitzewellen. Denn Äpfel mit Sonnenbrand können in der Regel nicht mehr im Laden verkauft werden.
Ein Forscherteam am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam entwickelt daher ein Frühwarnsystem. Es soll mithilfe von Künstlicher Intelligenz vorhersagen, wann und wo Hitzeschäden auftreten können. Der Leidensdruck bei Obstproduzenten sei groß, sagte die verantwortliche Wissenschaftlerin am ATB, Manuela Zude-Sasse.

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Auf einem Versuchsfeld des Instituts mitten im Grünen stehen Tomatenpflanzen und Apfelbäume in langen Reihen. Hier bringen die Wissenschaftler ein neuartiges System aus Sensoren zum Einsatz.
3D-Temperaturkarten von Früchten entstehen
Ein Apparat mit Laserscanner und Wärmebildkameras fährt langsam an den Pflanzenreihen entlang und führt Messungen durch. So werden laut der Forscherin am Ende präzise 3D-Temperaturkarten direkt an den Früchten erstellt. Was in Potsdam bei Äpfeln und Tomaten erforscht wird, macht eine Partner-Universität in Bologna an Weintrauben.
Ein herkömmlicher Messweg mit Infrarotthermometer oder mit kleinen Sensoren, die der Obstbauer etwa mit Drähten ins Innere einiger Tomaten stecke, könne keine vergleichbare Datengrundlage bieten, sagte Zude-Sasse. Sie und ihr Team haben auf Basis der Messdaten zur Fruchttemperatur auch einen „Fruit-Water-Stress-Index“ (Wasser-Stress-Index bei Früchten) entwickelt, der Informationen über den Wasserzustand liefere.
Erste App-Version entwickelt
Die Idee der Wissenschaftler: Wetterprognosen und Messdaten werden in einer App kombiniert, die Landwirten rechtzeitig sagt, wann und in welchem Bereich der Obstanlage die Früchte Schutz brauchen. Ein erster Prototyp ist bereits verfügbar. Auch die einzelnen Obst-Produzenten können die App nutzen und ihre Erfahrungen in eine Cloud laden, wie die Forscherin schilderte. So soll das System langfristig mit neuen Dateneingaben klüger werden.
Zum Schutz vor Hitzestress beregnen Landwirte in großen Anbaugebieten wie im Alten Land und am Bodensee ihre Apfelplantagen, auch um die Temperaturen zu senken, wie Obstbau-Fachmann Hilbers sagte. Aber auch Hagelschutznetze dienten als Schattenspender. In Deutschland werden nach Angaben von Hilbers auf rund 33.000 Hektar Äpfel angebaut, darunter „Elstar“ und „Jonagold“. Auf etwa 6000 bis 7000 Hektar davon gibt es nach seiner Schätzung eine Beregnung.

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Das kann auch teuer werden. „Man muss wirklich viele Liter ausbringen, die über die Baumkrone gegeben werden“, meinte Zude-Sasse. Ihr Ziel sei es, dass Landwirte Ressourcen schonender einsetzen und gezielter gefährdete Pflanzen oder einzelne Baumkronen-Bereiche schützen können, etwa mit Wassernebel, der die Temperatur durch Verdunstung senke. Auch mit ausgebrachten feinen Sandpartikeln ließen sich Früchte vor Sonnenstrahlung schützen.
„Wir haben einen Anfang gemacht“, sagte Zude-Sasse zu dem Wissenschaftsprojekt. Nachfragen von Obstproduzenten seien da. Die Forscher wollen ihr erstes Risikomodell in den kommenden Jahren aber noch verbessern.
Es sei sinnvoll, eine App mit Prognosenmodellen zu erstellen, sagte der Obstbauexperte Hilbers. Diese müsse praxisrelevante Ergebnisse erzielen. Auch der Deutsche Bauernverband sagte, wichtig sei, dass solche Apps benutzerfreundlich seien, einen echten Mehrwert böten und zuverlässig funktionierten. Der Fachmann beim Gartenbauverband Berlin-Brandenburg, Thomas Bröcker, ist etwas skeptisch, dass das Modell aus der Wissenschaft tatsächlich auf der Obstplantage hilft. „Aber Sonnenbrand ist ein Problem, das größer wird.“ (dpa)
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