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Optisch gibt sich der Alfa Romeo Junior Ibrida Q4 betont sportlich, mit strömungsgünstigem Heck und „GT-Schulter“.

© Alfa Romeo

Schlange im Grill: Mit dem Alfa Romeo Junior Ibrida Q4 durch die Weinberge des Piemont

Bei Bedarf Allrad: Mit seinem Hybridantrieb aus Turbobenziner und zwei E-Motoren passt sich das jüngste Modell der Marke auch schwierigerem Untergrund an

Stand:

Ein Feldweg, mehr nicht. Sonst wohl überwiegend von Weinbergschleppern genutzt, sandiger, heute teilweise matschiger Untergrund, tief eingegrabene Reifenspuren. Eine Straße? Kaum, nur eine typische, agrarischer Nutzung vorbehaltene Nebenstrecke in den Hügeln der östlich von Turin gelegenen Langhe, der sogar als Unesco-Welterbestätte geehrten Landschaft in der Region Piemont, Heimat des Barolo.

Mit traditioneller „GT-Schulter“

Fast eine Off-Road-Piste, aber mit Querfeldeinfahrten bringt man den Alfa Romeo Junior, das schon dem Namen nach jüngste Modell der berühmten Marke, rein optisch nicht unbedingt in Verbindung. Sportlich sieht er aus, macht auf „bella figura“ und spielt schon mit seinen über den hinteren Radhäusern nach oben gewölbten Flanken, vom Hersteller als „GT-Schulter“ gepriesen, und dem senkrechten Heck samt der strömungsgünstigen Abrisskante auf legendäre, sehr flotte Modelle der Firmengeschichte an. Für Fahrten über Stock und Stein scheint er nicht gerade prädestiniert.

Der für bessere Bodenhaftung sorgende Allrad-Antrieb des Junior Ibrida Q4 wird bei Bedarf automatisch zu- und bei höherem Tempo abgeschaltet.

© Andreas Conrad

Aber wir sitzen eben nicht in der frontangetriebenen Basisversion Junior Ibrida mit ihrem im Alltag völlig ausreichenden, 136 PS starken 48V-Hybridmotor, sondern im Ibrida Q4, und in dem geht es per Allrad über die Dreckpiste. Durch deren Matschlöcher wühlt sich der Wagen zuverlässig, dem Untergrund entsprechend nicht allzu schnell, aber doch so, dass es erheblich spritzt und hinterher eine Autowäsche dringend zu empfehlen ist.

Der in diesen Frühlingswochen vorgestellte Wagen komplettiert die Junior-Modellfamilie, zu der neben den beiden 48V-Hybrid-Benzinmotorisierungen auch zwei vollelektrische mit 156 und 280 PS gehören. Beim Ibrida Q4 wird der 136-PS-Turbobenziner durch zwei jeweils 21 PS starke Elektromotoren ergänzt. Einer ist in das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe integriert und treibt zusammen mit dem Verbrennermotor die Räder der Vorderachse an, während der zweite davon unabhängig die Hinterräder mit Drehmoment versorgt. Übrigens ohne mechanische Verbindung zwischen Vorder- und Hinterachse, was die Zahl zusätzlich notwendiger Bauteile und damit zugleich Gewicht, Spritverbrauch und Emissionen mindert.

Je nach Ausstattungslinie zeigt der Kühlergrill des Junior Ibrida Q4 das Logo der Marke mit Kreuz und Schlange oder den Markennamen Alfa Romeo.

© Alfa Romeo

Permanent aktiv ist der Vierradantrieb allerdings nur bis 30 km/h in dem für schwierigen Untergrund vorgesehenen Fahrmodus Q4. Im Modus „Dynamic“ sorgt er bei Bedarf für zusätzlichen Kick und wird ansonsten je nach Bodenhaftung der Reifen automatisch aktiviert und bei höherem Tempo abgeschaltet. Wie üblich bei 48V-Hybridantrieben sind kurze Strecken mit geringer Geschwindigkeit sogar vollelektrisch möglich. Sorgen um eine unzureichend geladene, den hinteren E-Motor nicht mehr mit Strom versorgende Batterie muss man sich dabei nicht machen. In solchen Fällen erzeugt der Benzinmotor den nötigen Strom.

Doch ist Allradantrieb nicht alles, um sicher auf dem Untergrund haften zu bleiben, zumal wenn die nach dem Feldweg nun doch asphaltierte, schmale und in engen Windungen durch die Weinberge führende Straße zu höherem Tempo verführt. Aber auch dem erweist sich der Ibrida Q4 als überaus gewachsen, bleibt mit seiner direkten Lenkung stabil auch in schnell durchfahrenen Kurven, sofern man das unbedingt ausprobieren muss. Der Neigung zu solch rasantem Fahrstil kommen die sportlich anmutenden Vordersitze mit ihren ausgeprägten Seitenwangen erfreulich entgegen. 

Auch innen gibt der Junior Ibrida Q4 sich sportlich, bietet Schaltwippen und Vordersitze mit ausgeprägten Seitenwangen.

© Alfa Romeo

Das Zusammenspiel von Hinterachse, übrigens mit Einzelradaufhängung, von Federn, Stoßdämpfern, Kurvenstabilisatoren und was sonst noch alles zum Fahrverhalten beiträgt, wurde auf der Teststrecke im norditalienischen Balocco offensichtlich mit Erfolg aufeinander abgestimmt. Sie ist ein Ort mit langer Firmentradition: Das Centro Sperimentale Balocco des Stellantis-Konzerns wurde 1962 von Alfa Romeo, heute eine seiner Marken, gegründet.

Getestet im Centro Sperimentale Balocco

Ohnehin die Tradition: Sie spielte schon bei der Wahl des Modellnamens eine Rolle, wenngleich nicht ganz freiwillig. Das in den sechziger und siebziger Jahren gebaute Sportcoupé Giulia GT und die noch sportlichere Variante GTA, unter Liebhabern der Marke auch als Alfa Romeo Bertone bekannt, trug teilweise den Namenszusatz Junior, zudem gab es den Junior Zagato, noch so eine Design-Ikone.

Ursprünglich hieß der Junior Milano. Da er nicht in Italien gebaut wird, musste er umgetauft werden.

© Alfa Romeo

Der aktuelle Junior freilich sollte erst Milano heißen, wurde 2024 unter diesem Namen vorgestellt, aber rasch umgetauft. Die italienische Regierung hatte moniert, der Name verstoße gegen ein Gesetz von 2003, wonach Waren mit italienisch klingenden Namen auch in Italien hergestellt werden müssten. Der Junior allerdings wird im polnischen Tychy gebaut. Gleiches Recht also für Parmesan und Alfa Romeo.

Die Tücken des Parmesan-Gesetzes

Auch weitere Traditionslinien werden beim Junior mit Nachdruck fortgeschrieben, und damit kommt bei dem Wagen versteckt doch noch Milano ins Spiel. Zu verdanken ist das dem Logo der Marke, das trotz aller Modernisierungen seine beiden Elemente seit der Firmengründung 1910 in Mailand behalten hat. Das rote Kreuz auf weißem Grund entstammt dem Stadtwappen, die Schlange dagegen, unter Heraldikern als „Biscione“ bekannt, dem Wappen des von 1277 bis 1450 über Mailand herrschenden Adelsgeschlechts Visconti.

Dieses Logo findet man im Junior immer wieder, vorne auf der Motorhabe und in der Mitte des Lenkrades sowieso, doch auch an unerwarteten Stellen wie seitlich am Armaturenbrett oder an den vorderen Kopfstützen. Selbst in den Kühlergrill ist es wie gefräst groß eingearbeitet, wenngleich auf den ersten Blick nicht leicht zu enträtseln. Gleichfalls historisch ist der Schriftzug Alfa Romeo, der im Wechsel mit Kreuz und Schlange je nach Ausstattungslinie den Frontgrill ziert. Dieser wiederum zeigt die markentypische Dreiecksform, genannt „Scudetto“, also „kleines Schild“.

Um das Logo der Marke im Frontgrill zu identifizieren, muss man zweimal hingucken.

© Andreas Conrad

Zurück zur Technik und ihren heute offenbar unabdingbaren Finessen, mit der der Junior Ibrida Q4 schon serienmäßig reichhaltig versehen ist, mit Voll-LED-Matrix-Scheinwerfern und -Rückleuchten beispielsweise, mit Lederlenkrad und Schaltwippen, dazu dem elektrisch verstellbaren Fahrersitz samt Massagefunktion, während man sich auf dem Sitz daneben mit einfacher Mechanik begnügen muss. Zur Serienausstattung gehören die 180-Grad-Rückfahrkamera, die elektrisch betätigte Heckklappe mit Gestensteuerung, die Ambientebeleuchtung mit acht Farben, dazu allerlei Infotainment, Konnektivität, Navigation und sonstige Fahrzeugeinstellungen, gesteuert über das  10,25-Zoll-Display in der Mitte der Armaturentafel.

Und nicht vergessen seien hier die schicken 18-Zoll-Leichtmetallfelgen im Design „Petali“, was „Blütenblatt“ bedeutet. Durch deren Gestaltung erinnert solch eine Felge ein wenig an ein Kleeblatt. Nun ja, nur ein dreiblättriges.

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