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Bei Bedarf schleppt der Opel Grandland Electric AWD Anhängelasten bis zu 1350 Kilogramm.

© Opel

So weit die Räder tragen: Große Reichweite oder lieber Allrad? Der Opel Grandland Electric bietet nun beides

Auch der familienfreundliche Opel Frontera wurde aufgerüstet und bietet auf Wunsch Platz für sieben Personen. Allzu langgliedrig sollten die in der dritten Reihe aber nicht sein.

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Kopfstützen? Kann, muss nicht. Beim Commodore immerhin serienmäßig, beim Rekord, Ascona, Kadett nur gegen Aufpreis erhältlich, ebenso die Frontscheibe aus Verbundglas. Als Hersteller, so Opel-Chef John P. McCormack, sei man daran interessiert, die Anschaffungspreise in vernünftigem Rahmen zu halten, das sei ganz bestimmt auch im Sinne der Autofahrer. Und die Kopfstütze stehe nun mal „auf der Prioritätenliste einer Kosten-Nutzen-Analyse recht weit unten, da sie im wesentlichen bei rückwärtigen Auffahrunfällen wirkt“.

Kopfstützen? Vor 50 Jahren nicht selbstverständlich

Der Opel Commodore, der Rekord, der Ascona, der Kadett – sie sind seit langem Automobilgeschichte, ebenso der sparsame Firmenboss, dessen Worte sich in einer ziemlich genau 50 Jahre alten Ausgabe der „ADAC Motorwelt“ finden, eingebettet in die Titelgeschichte über die oft noch spartanische Ausstattung der Basismodelle von 18 Herstellern. Das Heft erschien zur IAA 75, damals brachte Opel gerade den Manta B heraus, der im „ADAC-Steckbrief“ ganz gut wegkam. Allerdings runzelte man über den neuen „US-Look“ die Stirn und monierte die „ungünstige Pedalanordnung“ mit drei verschiedenen Höhen wie auch das Fehlen eines „Wisch-Wasch-Lenkradhebels“. Die Frontscheibe wurde statt dessen per Tritt auf eine Gummi-Fußpumpe gereinigt.

Es gibt diese kuriosen Zufälle: Tagsüber hat man auf Einladung Opels im Frankfurter Raum einige der hochaktuellen E-Modelle ausprobiert. Abends aber fischt man einen dicken Umschlag des ADAC aus dem Briefkasten – eine Aufmerksamkeit zur 50-jährigen Mitgliedschaft samt Ehrenurkunde, Goldener Ehrennadel und eben der „ADAC Motorwelt“ vom Oktober 1975.

Der Opel Grandland Electric AWD kommt mit seinem Akku knapp 500 Kilometer weit, die Long-Range-Version schafft etwa 200 Kilometer mehr.

© Andreas Conrad TSP

Eine ebenso lehrreiche wie amüsante, mitunter sogar komische Lektüre: Automobile Welten, ach was: Welträume trennen uns vom Damals, auch schon vor E-Mobilität und digitaler Vernetzung war das so. Was heute selbstverständlich ist, setzte sich vor fünf Jahrzehnten erst langsam durch. Automatik-Gurte? Nur bei neun der 42 vom ADAC geprüften Modelle serienmäßig, Frontscheibe aus Verbundglas sogar nur bei sechs. Und Tempo 100 auf der Landstraße galt noch als befristeter Großversuch.

Die Autos von damals sind überwiegend verschrottet. Sie rollen allenfalls noch vereinzelt als Oldtimer, mal belächelt, mal bewundert, über die Straßen, vom technischen Fortschritt ausgebremst und von den neueren und erst recht den neuesten Modellgenerationen überholt.

Zum Beispiel dem Grandland, Opels SUV-Flaggschiff, vor gut einem Jahr erstmals vorgestellt, erhältlich als Hybrid mit 48-Volt-Technologie, als Plug-in-Hybrid und natürlich vollelektrisch. Dies in zwei neuen Varianten, die den nicht unbedingt kompatiblen Wünschen nach möglichst seltenem Ladestopp und möglichst viel Wumms, offiziell Performance genannt, entgegenkommen.

Der Innenraum des Grandland ist sehr übersichtlich gestaltet.

© Opel

Blicken wir noch einmal kurz zurück aufs Jahr 1975, etwa den Opel Rekord 1900, der laut damaligem ADAC-Alltagstest auf 100 Kilometern 11,8 Liter Normalbenzin verbrauchte. Mit seinem 60-Liter-Tank mussten sich Fahrer oder Fahrerin nach 500 Kilometern dringend eine Tankstelle suchen.

Im Grandland Electric mit der kleinsten, 73 kWh starken Batterie wäre es jetzt ebenfalls Zeit für eine Ladepause. In der brandneuen, bei der Tour um Frankfurt präsentierten, erst in einigen Wochen bestellbaren Long-Range-Version dagegen könnte man sich noch einmal bequem zurücklehnen und aufs Pedal treten: Der 231 PS starke E-Motor treibt den Wagen dank des 97-kWh-Akkus bis zu 700 Kilometer weit voran.

Das schont die Nerven von Menschen, die gern auf Nummer sicher gehen und etwa fürchten, sie könnten auf der Strecke Hannover-München keine freie Ladesäule finden. Dazu bietet der Wagen den extralangen Atem ja nur zusätzlich neben allen Qualitäten, die er sonst auch hat. Das ist nicht zuletzt das elegante, so genannte „Kompass-Design“ mit der ans Visier eines Motorradhelms angelehnten, alle aktuellen Opel-Modelle, selbst den niedlichen Rocks auszeichnenden „Vizor“-Front. Gegenüber dem häufig etwas betulichen Rüsselsheimer Look früherer Jahrzehnte bedeutet das einen nicht zuletzt fürs Image der Marke hilfreichen Quantensprung.

IAA 75: „Chrom und Holz - Opels Stolz“

Für den steht auch – noch so eine Wortschöpfung der Werbeabteilung – die hoch gehaltene „Greenovation“: Stoffe und Bezüge im edel wirkenden Innenraum bestehen ausnahmslos aus Materialien mit Recyclinganteil, und auf umweltschädlichen Chrom wurde komplett verzichtet. Vor 50 Jahren sah das noch anders aus: „Opels Stolz – Chrom und Holz“, reimte der Designer und Cartoonist Erik Liebermann, den der ADAC anlässlich der IAA 75 gebeten hatte, sich das Innenleben einiger neuer Modelle mal genauer anzuschauen.

Alle aktuellen Opel-Modelle zeigen jetzt wie dser Grandland die ans Visier eines Motorradhelms erinnernde „Vizor“-Front.

© PR/ Opel

Aber egal, ob man nun in einem Grandland Electric mit normaler oder einem mit extragroßer Reichweite sitzt – am übrigens sehr angenehmen Fahrverhalten ist kein großer Unterschied spürbar.

Der erste elektrische Allrad-Opel

Anders ist dies beim Grandland Electric AWD, dem ersten elektrischen Allrad-Opel. Dem vom Frontantriebler bekannten, 213 PS starken E-Motor wurde im Heck ein weiterer von 112 PS hinzugefügt – und die spürt man in der Beschleunigung deutlich. Allerdings wurde die Kapazität der Batterie nicht erhöht, blieb bei 73 kWh und begrenzt die Reichweite auf knapp 500 Kilometer.

Permanent im Allrad-Betrieb fährt der Wagen nur in zwei der vier Fahrmodi: Bei „AWD“ wird die Kraft gleichmäßig auf alle Räder verteilt, bei „Sport“ im Verhältnis 60:40 auf Vorder- und Hinterachse, dem erwartbar schärferen Fahrstil angepasst. Im Modus „Normal“ schaltet sich der Heckantrieb nur gelegentlich bei Bedarf zu, je nachdem, wie energisch man, etwa beim Überholen, aufs Pedal tritt. Bei „Eco“ ist er komplett stillgelegt.

Fünf Sitze gefällig oder doch lieber sieben? Der Opel Frontera bietet beides.

© PR/ Opel

Sollte bei der mit allem Grandland-Komfort ausgestatteten AWD-Variante noch schwereres Freizeitgerät, sei es ein Campinganhänger oder einer fürs Motorboot angehängt werden, so ist vorgesorgt: Die Anhängerkupplung ist leicht einzubauen, in wenigen Sekunden und ohne zusätzliches Werkzeug, wie es heißt. Bis zu 1350 Kilogramm schwere Lasten können geschleppt werden. Und fürs sichere Fahren mit Anhänger wurde das der Fahrstabilität dienende ESP-Assistenzsystem mit der Funktion „Trailer Anti-Sway Management“ ergänzt, das einem Schlingern und Aufschaukeln des Gespanns vorbeugen soll.

Mehr als fünf Personen haben aber auch in dieser Topversion nicht Platz. Wem das nicht ausreicht, müsste schon zu dem siebensitzigen, bei der Frankfurter Präsentation nur geparkt vorgeführten Opel Frontera GS greifen. Der für Großfamilien taugliche Wagen mit 110 oder 145 PS starkem Hybrid-Antrieb kostet gegenüber dem fünfsitzigen, 27.690 Euro teuren Einstiegsmodell nur 800 Euro mehr. Sehr langgliedrig sollten die beiden in der dritten Reihe platzierten Personen allerdings nicht sein, deren Sitze wie die in der zweiten zwecks Schaffung von Stauraum einzeln umklappbar sind. Falls doch mal alle sieben Sitze belegt sind, hilft in der komfortabel ausgestatteten GS-Version die 130-Grad-Rückfahrkamera, auch nach hinten den Durchblick zu behalten.

Doch nicht nur in der Anzahl der Sitze wird der Grandland Electric bald nicht mehr die Nr. 1 unter Opels SUVs sein. Schon wurde vom Einstiegsmodell Mokka die Version GSE angekündigt, die „High-Performance-Rallye-Feeling in Serie“ bieten werde. Der Grandland Electric AWD braucht von 0 auf 100 km/h 6,1 Sekunden und ist auf 180 km/h begrenzt. Der 280 PS starke Mokka GSE wird es in 5,9 Sekunden schaffen und ist maximal 200 km/h schnell.

Der künftige Renn-Mokka steht damit in einer alten, schon 1975 bestehenden Opel-Tradition. Damals kam der neue Kadett GS/E auf den Markt, unter schwarz, oben gelb, 105 PS stark und 184 km/h schnell. „Nur Fliegen ist schöner“, hatten die Werbestrategen einst zum legendären Opel GT gedichtet. Für den Kadett GS/E setzten sie noch einen drauf: „Leute, haltet eure Hosen fest“, jetzt komme die „Rakete aus Rüsselsheim“.

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