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Sport: A bisserl Einfluss

Hat der Kirch-Vertrag von WM-Organisator Radmann eine Rolle bei der Vergabe des Medienzentrums für 2006 gespielt?

Von Sabine Beikler

Von Sabine Beikler

und Daniel Pontzen

Berlin. Mit großen Sätzen hat Wolfgang Clement noch nie gegeizt. „Wir sind unersättlich und wollen das Beste für unser Land“, sagte der Superminister der Bundesregierung einst, als er noch nordrhein-westfälischer Ministerpräsident war. Damals ging es darum, das äußerst lukrative Medienzentrum für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nach Düsseldorf zu holen. Bedauerlich für Clement war, dass „das Beste“ aus Sicht derjenigen, deren Meinung maßgebend war, anders aussah. München erhielt den Zuschlag vom Organisationskomitee (OK), Düsseldorfs Mühen waren vergebens – genauso wie die von Frankfurt, Leipzig und Berlin.

Das Bekanntwerden des Beratervertrages zwischen dem Medienkonzern Kirch und OK-Vizechef Fedor Radmann lässt manchen Beobachter vermuten, dass bei der Entscheidung für das Pressezentrum reichlich gut entlohnte Lobbyarbeit den Ausschlag zugunsten der bayerischen Landeshauptstadt gegeben haben könnte. Mit Radmann und Franz Beckenbauer standen zwei der vier OK-Präsidiumsmitglieder auf Kirchs Gehaltsliste. Gerhard Mayer-Vorfelder, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes und zugleich Mitglied im Aufsichtsrat des OK, forderte Radmann nun auf, die Verträge offen zu legen. „Wenn da irgendeine Interessenkollision besteht, dann müsste der Vertrag nach meinen Vorstellungen beendet werden“, sagte Mayer-Vorfelder der „FAZ“. Das Ergebnis der Prüfung werde in den nächsten Tagen bekannt gegeben. Radmann selbst sieht „keinen Interessenkonflikt“.

„A bisserl Einfluss“ habe er, sagte Beckenbauer seinerzeit, und es mehren sich die Stimmen, wonach sein Einfluss und der von Radmann maßgebend gewesen sei. In München liegt das Medienzentrum genau vor der Türe Kirchs, dessen Tochter KirchMedia auch nach der Insolvenz in Besitz der Senderechte für das Turnier geblieben ist. „Ich fordere eine Offenlegung der Bewertung der Arenen und des internationalen Pressezentrums“, sagte der Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin dem Tagesspiegel. „Die Vertreter der Fifa haben allesamt großes Unverständnis geäußert, dass wir nicht den Zuschlag bekommen haben.“

Tatsächlich war die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt der beste Kandidat – so urteilte die Fifa. „Düsseldorf war unserem Gutachten zufolge am besten für das Medienzentrum geeignet“, bestätigte Keith Cooper dem Tagesspiegel. Cooper, damals Fifa-Sprecher, führte die Arbeitsgruppe des Weltverbandes an, die im Mai 2001 die Angebote der fünf Kandidaten inspizierte. Insbesondere die bessere Lage habe für Düsseldorf und gegen München gesprochen. Warum aber wurde München vorgezogen? Weil die Stadt nicht WM-Spielort sei, sagte Beckenbauer.

Manche finden dieses Argument pikant. Düsseldorf habe auf einer internen Bewertungsliste der Spielort-Bewerber auf Platz vier gestanden, berichtet ein Beteiligter. Als die zwölf WM-Stadien gekürt wurden, blieb das renovierte Rheinstadion außen vor – Düsseldorf kam als Standort für das Medienzentrum dadurch nicht mehr in Frage.

Laut OK sei die Entscheidung in einer Sitzung gefallen, an der auch Mitglieder der Fifa teilgenommen haben. Eine Abstimmung hat es nicht gegeben, man habe sich einvernehmlich einigen können – „an einzelne Wortbeiträge können wir uns nicht mehr erinnern“, sagte ein OK-Sprecher. Ein teilnehmendes Mitglied aus Fifa-Kreisen sagte dem Tagesspiegel: „Das Organisationskomitee hat ein Gesamtpaket vorgestellt – die Fifa hat das im Prinzip nur noch abgenickt.“ War die Entscheidung also längst gefallen? „Ich fordere eine Offenlegung der Bewertung der Arenen und des internationalen Pressezentrums“, sagte Erwin dem Tagesspiegel.

Wie kurz waren die Entscheidungswege im OK? „Beckenbauer ist dafür bekannt, dass er nicht allzu viel Papier liest“, sagt der sportpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Winfried Hermann. Die Berliner Landesregierung sieht das ähnlich. „An Franz Beckenbauer ist schwer vorbeizukommen“, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer nach der OK-Entscheidung letzten April. Diesem Satz fügte er Anfang der Woche hinzu: „Das gilt immer noch.“ Die sportpolitische Sprecherin der Berliner SPD-Fraktion, Karin Seidel-Kalmutzki, fordert unterdessen eine „ordentliche Prüfung des gesamten Vorgangs“. Ihr sportpolitischer Kollege von der PDS, Walter Kaczmarczyk, immerhin fordert SPD-Sportsenator Klaus Böger auf, beim OK über den „Vorgang“ nachzufragen. Wolfgang Clement hatte dies schon unmittelbar nach der Entscheidung gefordert: „Ich wünsche, dass der DFB und die Fifa darüber noch einmal nachdenken“.

Radmann selbst plagt kein schlechtes Gewissen. Schließlich, findet der geschäftsführende Vizepräsident des OK, habe er den Vertrag umgehend dem Präsidenten des Komitees vorgelegt. Das ist Franz Beckenbauer.

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