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„Am Pole Dance ist nichts Verwerfliches, es ist Kunst“: Von der erotischen Bühnenform zum modernen Sport
Noch immer hat Pole Dance mit Vorurteilen zu kämpfen. Dabei handelt es sich hierbei um einen enorm anspruchsvollen Sport, den man nicht unterschätzen sollte.
Stand:
Dass Sport gut für Körper und Psyche ist, muss man niemandem mehr erklären. Es gibt allerdings Sportarten, bei denen der positive Effekt noch ein bisschen darüber hinausgeht und Pole Dance ist so eine Sportart. Wer diesen Mix aus Tanz und Akrobatik um eine vertikale Stange schon einmal versucht hat, merkt schnell: Es geht hier um weit mehr, als nur einzelne Elemente zu beherrschen.
Sicher spielen für viele, die Pole tanzen, die hohen Anforderungen an Kraft, Körperspannung, Koordination und Flexibilität eine Rolle, aber die Möglichkeit, sich ohne aufdringliche Blicke oder anzügliche Bemerkungen sexy, begehrenswert und sinnlich zu fühlen, macht Pole Dance zu einem ganz besonderen Sport.
Dem stimmt auch Sophie Kolter zu. Sie ist Tanzpädagogin, wollte Pole Dance eigentlich nur mal ausprobieren. „Irgendwie konnte ich nicht mehr aufhören“, sagt sie. Kolter rät dazu, das Ganze mal auszuprobieren. „Es ist ein sehr gutes Full-Body-Workout, vor allem für den Oberkörper.“ Sie ergänzt, dass es hier in Berlin eine große Community gibt, die sehr unterstützend ist. „Ich habe wirklich schöne und tiefe Freundschaften geschlossen innerhalb der Pole-Community. Man geht fast immer mit einem positiven Gefühl aus dem Kurs.“
Schaut man in die Geschichte, dann hat Pole Dance Vorläufer, die wenig mit dem Bild zu tun haben, das in vielen Köpfen sitzt. Schon in Indien gab es Mallakhamb – das Turnen an einem Holzpfahl – und auch im chinesischen Zirkus zeigten die Akrobat:innen Pole-Artistik. Der Sprung von der erotischen Bühnenform zum modernen, fitness- und wettkampforientierten Pole-Sport gelang in den 1990er-Jahren. Schlüsselfigur war die Kanadierin Fawnia Mondey, die 1994 aus Ermangelung an geeigneten Übungsangeboten selbst Pole-Classes gab und bald darauf die ersten Lehrvideos produzierte.
Die Schmerzen beim Pole Dance werden oft unterschätzt. Insofern sollte man sich darauf einstellen, dass man mit dem einen oder anderen blauen Fleck nach Hause geht.
Sophie Kolter, Poledancerin
In Berlin ist das Netz an Trainingsangeboten für Pole Dance ausgesprochen dicht. Urban Sports Club listet allein ein Dutzend Standorte für Kurse in der Stadt auf, dazu kommen zahlreiche unabhängige Studios. Kolter bietet Kurse in der D! Dance School an, andere Orte sind das Muse Pole Dance in Mitte, das Orbit Studio in Friedrichshain oder Pole Flow Berlin. In den meisten Studios gibt es Einsteigerkurse oder fortgeschrittene Techniken, Heels- oder Artistik-Formate.
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Aber Achtung: „Man muss sich mental darauf vorbereiten, dass es am Anfang wahrscheinlich recht wehtut“, sagt Kolter. „Die Schmerzen beim Pole Dance werden oft unterschätzt. Insofern sollte man sich darauf einstellen, dass man mit dem einen oder anderen blauen Fleck nach Hause geht.“ Das nehmen die meisten in Kauf, denn auf der anderen Seite stehen neben der Fitness auch Verbesserungen des mentalen Wohlbefindens. Studien beschreiben zudem eine empowernde Auseinandersetzung mit dem eigenen Körperbild und den Geschlechterrollen im Training.
Es braucht mehr Anerkennung und Aufklärung
Trotz all dieser Vorteile schrecken manche Frauen dennoch davor zurück, Pole Dance auszuprobieren. In vielen Köpfen sitzen noch Vorurteile fest. „Pole Dance kommt natürlich auch aus Stripclubs. Aber deshalb ist nicht jede Poletänzerin automatisch eine Stripperin oder im Rotlichtmilieu“, meint Kolter.

© Sophie Kolter
Sie plädiert dafür, dem Bereich Anerkennung zu zollen und wünscht sich mehr Aufklärung. „Ich finde, es sollte vielmehr vermittelt werden, dass der Sport – selbst wenn man in einem Club tanzt – nichts Verwerfliches, sondern auch eine Kunst ist, die unter anderem dazu dient, sich selbst gut zu fühlen.“ Zudem gibt es viele Varianten des Pole: „Es gibt Tänzer:innen, die eher am Boden bleiben und dort Figuren machen. Andere tanzen kaum und machen nur Tricks. Was einem liegt, muss jeder für sich selbst herausfinden“, so Kolter.
Für die, die mehr wollen, gibt es natürlich auch Wettkämpfe, eingebunden in eine klare sportliche Struktur. In Deutschland richtet die Organisation des deutschen Pole Sports (ODPS) die sogenannte Deutsche Pole & Aerial Meisterschaft aus. Auf internationaler Ebene organisiert die International Pole & Aerial Sports Federation (IPSF) ein mehrstufiges System von Meisterschaften bis hoch zu den Weltmeisterschaften.
Unter den Medaillenträger*innen finden sich auch immer wieder Athlet:innen aus Berlin. So sicherten sich die Berlinerinnen Sophie Marie Geiger und Wiebke Schröder bei der WM 2024 in der Kategorie Aerial Pole Artistic Senior Doubles die Bronzemedaille.
Für diejenigen, die nicht gleich nach den Sternen greifen, sondern sich erst einmal an das Tanzen an der Stange gewöhnen wollen, öffnet sich in Berlin eine zugängliche und professionell organisierte Trainingslandschaft. Diese wird von einer lebendigen und unterstützenden Community getragen, welche die körperliche Leistung, den künstlerischen Ausdruck und den Spaß am eigenen Körper selbstverständlich zusammen denkt.
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