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Kommende Nationalspielerin. Gasper war schon beim DFB-Team, eingesetzt wurde sie aber noch nicht.

© Foto: Zimmermann/Imago

Anna Gasper von Turbine Potsdam: Aufbauspielerin mit Zukunft

Anna Gasper übernimmt bei Turbine Potsdam mit 22 Jahren schon viel Verantwortung – und sie steht für den Aufschwung.

Eine Busfahrt kann sich ziehen. Die Zeit nutzt Anna Gasper gern, um ihre Unterlagen rauszuholen. Das hätte sich auch am vergangenen Sonntag angeboten, von Hoffenheim nach Hause sind es fast 600 Kilometer. „Im Bus gibt es sonst nicht viel zu tun. Ich kann da sehr gut lernen“, sagt die Mittelfeldspielerin von Turbine Potsdam, die ein Studium in der Sportfördergruppe der Landespolizei Brandenburg absolviert.

Aber diesmal hatte sie keine Lust, „zum Glück stehen die nächsten Prüfungen erst Ende Januar an“. Das Geschehen im Dietmar-Hopp-Stadion hatte aufs Gemüt geschlagen: Turbine war in der Frauenfußball-Bundesliga bei der TSG Hoffenheim nach 1:0-Führung mit 1:5 untergegangen.

Beim Tabellenzweiten darf man verlieren, doch die Art und Weise ärgert Gasper auch noch mit einigem Abstand zum Spiel: „Wir waren nicht richtig auf dem Platz, sind nicht in die Zweikämpfe gekommen und haben nicht zusammen agiert. Das darf nach einer Führung erst recht nicht passieren“, sagt Gasper. All das, was nicht geklappt hat, zog in Summe die hohe Niederlage nach sich. Und bedeutete gleichzeitig das Ende der schönen Serie von vier gewonnenen Pflichtspielen nacheinander.

„Insgesamt sehe ich uns aber auf einem guten Weg“, sagt Gasper. In diesem Jahr hat Turbine noch zwei Gelegenheiten, dies unter Beweis zu stellen. Die erste bietet sich am Samstag (13 Uhr, Karl-Liebknecht-Stadion) gegen den 1. FFC Frankfurt. Danach geht es am 15. Dezember zum Schlusslicht FF USV Jena. Frankfurt ist Fünfter, Turbine Siebter, „wir sind auf Augenhöhe“, betont Gasper. Es wird aller Voraussicht nach das letzte Duell der beiden führenden Teams in der ewigen Bundesliga-Tabelle sein, da die Gäste ab der kommenden Saison unter dem Namen Eintracht Frankfurt antreten wollen.

Gasper ist 22 Jahre alt, woanders wäre sie eine der jüngeren Spielerinnen. Bei Turbine gehört sie zu denen mit der meisten Erfahrung. Von ihr wird erwartet, dass sie Verantwortung übernimmt – und das tut sie. „Ich versuche, den Jüngeren zu helfen. Vor allem denen, die selten spielen. Ich kenne dieses Gefühl auch.“ Die gebürtige Kölnerin kam nach dem Abitur 2016 von Bayer Leverkusen. Die Trainingsmöglichkeiten, Gespräche mit Trainer Matthias Rudolph und die Chance auf das Studium hatten sie überzeugt, den Schritt raus aus der Heimat zu gehen. Dort kam sie einst durch ihre beiden älteren Brüder zum Fußball, die sind mittlerweile stark in Kölner Karnevalsgesellschaften engagiert. Gasper mag Karneval auch, „wenn man damit aufgewachsen ist, ist das in einem drin“.

Sie wartet noch auf ihr Debüt bei der Nationalmannschaft

So groß wie bei ihren Brüdern ist die Begeisterung aber nicht, „ich bin ja weit weg von zu Hause“. Ihre Familie kommt oft zu Auswärtsspielen, vor allem ihre Eltern. In Hoffenheim waren sie nicht, zumindest aus sportlicher Sicht „war das ganz gut“, sagt Gasper. In der ersten Zeit saß sie in Potsdam meist auf der Bank. Nicht ärgern, weiter trainieren, sich anbieten – lautet die Theorie. „Meist habe ich das gut hinbekommen.“ Einmal habe ihr Tabea Kemme, damals eine der Führungsspielerinnen, sehr geholfen. „Sie hat mich zur Seite genommen und gesagt, ich soll nicht den Kopf hängen lassen. Ich würde meine Chance bekommen.“ Kemme, die Potsdam 2018 Richtung FC Arsenal verlassen hatte, behielt recht.

Der Durchbruch gelang Anna Gasper in der vergangenen Saison. Danach hat sie sich entschieden, den bis 2020 laufenden Vertrag vorzeitig um zwei Jahre zu verlängern. Trainer Rudolph bezeichnet sie als wichtigen Baustein beim Aufbau eines neuen Teams. In Zeiten des großen personellen Umbruchs ist sie eine Konstante.

Die guten Leistungen blieben nicht unbemerkt – Gasper erhielt mehrmals Einladungen zur Nationalmannschaft. Für die EM-Qualifikationsspiele gegen die Ukraine und in Griechenland im Herbst musste sie verletzungsbedingt absagen, beim Testspiel in England im November war sie dabei. Im Wembley-Stadion, vor knapp 80 000 Zuschauern. Deutschland gewann 2:1. Gespielt hat sie nicht. „Ich habe auf eine Einwechslung gehofft. Aber als nach der Halbzeit andere zum Warmmachen geschickt wurden, war mir recht klar, dass es nichts wird.“ Das Warten aufs Debüt im Nationalteam geht weiter. „Noch freue ich mich, wenn ich überhaupt dabei bin“, sagt sie. Doch natürlich soll es bald klappen mit dem ersten Einsatz. Die nächste Chance bestünde im kommenden März beim Algarve-Cup in Portugal.

Damit beschäftigt sie sich noch nicht. Wichtig ist erst einmal der Verein und die beiden Spiele bis Weihnachten. „Wir wollen auf jeden Fall sechs Punkte holen“, sagt Gasper. Um auf den guten Weg zurückzukehren.

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