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Sport: Aufsteigbar

Wie der VfL Bochum wieder nach oben kam

Der ganz normale Fußballfan macht sich keine Vorstellung davon, welche logistische Meisterleistung so ein Aufstieg in die Bundesliga ist. Die Aufstiegs-T-Shirts müssen rechtzeitig verteilt sein und alkoholische Getränke beim Abpfiff in ausreichendem Maße bereit stehen. Der VfL Bochum besitzt in dieser Hinsicht genügend Erfahrung. Als die Mannschaft am Montagabend nach dem 2:0 bei Alemannia Aachen den Tivoli verließ, war sogar ihr Bus schon wieder erstligatauglich: „Erste Liga, wir sind wieder da“, stand auf der Windschutzscheibe.

„Es ist ja nichts Neues“, sagte Dariusz Wosz. Für den Verein ist es der sechste Aufstieg insgesamt und der fünfte direkte Wiederaufstieg. „Es passiert zwar nicht alle Tage“, sagte Kapitän Thomas Zdebel. „Aber von mir aus kann damit jetzt mal Schluss sein.“ Gerade 15 Jahre ist es her, dass die Bochumer sich in Verkennung aller grammatikalischen Regeln als „unabsteigbar“ bezeichneten, inzwischen müsste sich der Verein eher als immer wieder aufsteigbar vermarkten. In jedem Aufstieg steckt bereits die Drohung des künftigen Abstiegs; jeder Abstieg aber ist nur der Vorlauf zur nächsten Aufstiegsfeier.

In Aachen haben die Bochumer vor vier Jahren ihr rauschendstes Fest erlebt, als Trainer Peter Neururer sich seiner kompletten Oberbekleidung entledigte. Erst zehn Minuten vor Saisonende war der VfL zum ersten Mal auf einen Aufstiegsplatz gerückt. Im Vergleich dazu wirkte die Freude jetzt fast schlicht und routiniert. Der VfL stand fast die gesamte Saison über auf einem Aufstiegsplatz, der Vollzug vier Spieltage vor Schluss wirkte nur noch wie ein erfolgreich erledigter Verwaltungsakt. Zudem mussten sich die Bochumer in direkter Konkurrenz gegen 20 000 feierwütige Aachener behaupten.

Doch auch die x-te Wiederholung hat ihre eigene Geschichte, zum Beispiel die von Marcel Koller, dem Trainer. Der Schweizer hat mit dem VfL das geschafft, was man ihm vor zwei Jahren beim 1. FC Köln nicht mehr zugetraut hat: aus einem allenfalls durchschnittlich besetzten Kader eine überdurchschnittlich funktionierende Mannschaft zu machen, die einen ansehnlichen Fußball spielt. 2004, nach dem Abstieg, wurde Koller in Köln entlassen, doch mit keinem seiner Nachfolger wurde der FC richtig glücklich. „Ich habe Deutschland gezeigt, dass ich doch was kann“, sagte der Schweizer.

Im Nachhinein mag der Aufstieg aussehen wie eine Formsache, „aber man muss erst mal so dominant durch die Liga kommen“, sagte der neue Sportdirektor Stefan Kuntz. Seine erste große Aufgabe wird es sein, einen erstligatauglichen Kader zusammenzustellen. Knapp 29 Millionen Euro beträgt der Etat für die Bundesliga, im Vergleich zu Mitaufsteiger Aachen (20 Millionen) ist das üppig. Christoph Dabrowski von Hannover 96 steht als Neuzugang bereits fest, und auch an den beiden Berlinern Oliver Schröder und Thorben Marx soll der VfL interessiert sein.

Es war schon spät am Abend, der Erstligabus der Bochumer stand immer noch auf dem Parkplatz am Tivoli, als vor der Geschäftsstelle das selbstironische Lieblingslied der VfL-Fans zu hören war: „Wir steigen auf, wir steigen ab – und zwischendurch Uefa-Cup.“ Der Gesang kam aus der Kabine der Bochumer.

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