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Mattias Zachrisson (r.) kann mit Schweden den ersten EM-Titel seit 2002 holen.

© Reuters

Finale der Handball-EM: Außenseiter Spanien gegen Außenseiter Schweden

Spaniens und Schwedens Handballer spielen am Sonntag in Zagreb um den EM-Titel. Auch die Füchse Berlin werden dann ganz genau zuschauen.

Mattias Zachrisson trug einen dicken Verband am Knöchel, es tat im Grunde schon beim Hinsehen weh. Im Gesicht des schwedischen Nationalspielers war nach dem Halbfinalsieg über Dänemark bei der Handball-Europameisterschaft allerdings nichts zu erkennen von Schmerzen, im Gegenteil; Zachrisson strahlte wie ein kleines Kind am Weihnachtsmorgen. „Bis Sonntag ist das wieder weg“, sagte der 27-Jährige, der in der Bundesliga bei den Füchsen Berlin angestellt ist. „Bis Sonntag muss es einfach wieder weg sein.“

Dann bestreitet Schwedens Nationalmannschaft ihr wichtigstes Spiel der jüngeren Geschichte. Seit 16 Jahren hat die stolze Handball-Nation in keinem EM-Finale mehr gestanden, der letzte Titel datiert aus dem Jahr 2002. Entsprechend groß ist nun die Euphorie bei Spielern und Fans. „Das wird ein Riesending in der Heimat“, sagte Zachrisson nach dem überraschenden 35:34-Erfolg gegen favorisierte Dänen am späten Freitagabend. 

Gegner in der Arena von Zagreb ist am Sonntag (20.30 Uhr, sportdeutschland.tv) ein weiteres Team, mit dem nicht unbedingt zu rechnen war: Spanien. Für die Iberer ist es nach dem Finale 2016 gegen Deutschland bereits das zweite EM-Endspiel in Folge. Auch sie schubsten einen, nein, den großen Favoriten aus dem Turnier: Weltmeister Frankreich war scheinbar mühelos durch Vor- und Hauptrunde marschiert und hatte die Konkurrenz teilweise deklassiert. Gegen routinierte Spanier fiel dem Team um Superstar Nikola Karabatic jedoch herzlich wenig ein. Am Ende hieß es 23:27 aus Sicht des Weltmeisters. 

„Auf diese Final-Ansetzung hätten vor dem Spiel die wenigsten Leute gewettet, Frankreich und Dänemark waren die klaren Favoriten“, befand auch Zachrisson, der großen Anteil am Erfolg seines Teams hatte. Normalerweise ist der 27-Jährige auf Rechtsaußen zu Hause, gegen Dänemark musste er zwangsläufig umdisponieren und die Planstelle des verletzten Rückraumspielers Johan Jakobsson einnehmen.

„Eigentlich bin ich mit 1,78 Metern viel zu klein für diese Position “, sagte Zachrisson mit einem Lächeln, „aber heute hat das richtig Spaß gemacht.“ Am Ende eines nervenaufreibenden Spiels, in dem die Schweden eine scheinbar sichere Drei-Tore-Führung innerhalb von weniger als zwei Minuten verspielten und in der Verlängerung doch noch triumphierten, wies die Statistik acht Treffer für Zachrisson aus.

Frankreich und Dänemark waren die klaren Favoriten für ein Finale

„Normalerweise verlierst du so ein Spiel, wenn so etwas in den letzten Sekunden passiert“, sagte Zachrisson, „aber wir sind extrem starkes Team, das sich nicht aus der Ruhe bringen lässt und immer zusammensteht.“ In der Tat erinnert die schwedische Auswahl in ihrem ganzen Auftreten an die deutsche Mannschaft, die vor zwei Jahren in Polen völlig unerwartet zum Titel stürmte.

Handballerische und narrative Parallelen sind jedenfalls nicht zu leugnen: In Andreas Palicka und Mikael Appelgren vom deutschen Meister Rhein-Neckar Löwen verfügt der Rekord-Europameister (1994, 1998, 2000, 2002) über ein herausragendes Torhüter-Gespann, die Abwehr um den ehemaligen Füchse-Spieler Jesper Nielsen ist ebenfalls schwer zu überwinden - und vorn sind die Schweden unberechenbar, weil sie nicht den einen Star haben, sondern ein gutes, junges Kollektiv. Selbst Verletzungen wie jene von Johan Jakobsson fangen die Nordeuropäer auf.

Dass Schwedens Handballer, die zwischen 1994 und 2004 ein Jahrzehnt lang ihre Sportart auf internationalem Niveau beherrschten, wieder schwer im Kommen sind, hat sich bereits seit einiger Zeit angedeutet. Vor einem Jahr, bei der WM in Frankreich, hatten sie den Gastgeber und späteren Sieger ganz dicht am Rande einer Niederlage, selbst von der gewaltigen Kulisse im für Handballspiele umgebauten Fußball-Stadion von Lille ließ sich die junge Mannschaft kaum beeindrucken und leistete erstaunlichen Widerstand. Am Ende fehlten genau zwei Tore.

„Seitdem ist viel passiert, wir haben als Mannschaft nochmal einen großen Sprung gemacht, sind zusammengewachsen“, sagt Zachrisson. „Und wir haben immer noch Möglichkeiten, uns weiterzuentwickeln. Ich sage: In zwei, drei Jahren werden wir noch viel stärker sein.“ An Selbstvertrauen mangelt es den Schweden vor dem Endspiel gegen Spanien also nicht. Dicke Knöchel und Außenseiterrolle hin oder her.

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