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Blauer Rauch. Die Hamburger Fans zündeten Pyrotechnik Feuer im Gästeblock der Alten Försterei.

© Andreas Gora/dpa

Der Aufstieg in die Bundesliga ist in Gefahr: Beim Hamburger SV regiert der Wahnsinn

Nach dem 0:2 gegen Union Berlin kritisiert der Sportdirektor die Mannschaft. Und Lewis Holtby wird suspendiert – er wollte gar nicht mit nach Berlin.

Von David Joram

Aaron Hunt hat ein schmales Gesicht, das am Sonntagnachmittag besonders fahl wirkte. „Ein gebrauchter Tag heute, ganz klar“, sagte der Kapitän des Hamburger SV, der gar nicht erst versuchte, das so frustrierende 0:2 beim 1. FC Union schönzufärben. „Wir als Spieler haben es nicht hingekriegt. Wir haben nicht das gespielt, was wir eigentlich können“, sagte er. „Da hat einiges gefehlt im Offensivspiel.“

Zu den fehlenden Elementen im Spiel nach vorn zählten zudem die Leichtigkeit, die dem HSV laut Hunt in der Rückrunde völlig abhanden gekommen sei, aber auch die beiden Stürmer Manuel Wintzheimer und Pierre-Michel Lasogga sowie Lewis Holtby, der Vizekapitän. Während Lasogga und Wintzheimer in der zweiten Halbzeit erfolg- und wirkungslos eingewechselt wurden, verpasste Holtby das Spiel gänzlich.

Warum, das erläuterte hernach HSV-Sportdirektor Ralf Becker. Welchem Druck er dabei ausgesetzt ist, verriet seine grimmige Miene. Als Becker das Duell analysieren musste, nahmen seine Mundwinkel Merkelsche Züge an. Doch als er zu Holtby gefragt wurde und wieso der Mittelfeldspieler nicht im Kader für das so wichtige Spitzenspiel gegen Union gestanden hatte, blickte Becker noch strenger in die Presserunde.

Schließlich ging aus seiner Antwort hervor, dass sich Holtby für einen Platz auf der Hamburger Auswechselbank in Berlin zu fein gefühlt habe. Der 28-Jährige habe deshalb Trainer Hannes Wolf darum gebeten, nicht spielen zu müssen. Eine halbe Stunde später habe Holtby seine Entscheidung zwar revidieren wollen, aber da sei es zu spät gewesen. Der offene Becker stellte den Hamburger Unruheherd damit umgehend auf volle Hitze. Holtby, ein Verweigerer. Ausgerechnet er, dem gerne bescheinigt wurde, ein echter HSVer zu sein – woran auch immer sich dies bemisst.

Im Rampenlicht. Lewis Holtby sorgt beim Hamburger SV für Unruhe.
Im Rampenlicht. Lewis Holtby sorgt beim Hamburger SV für Unruhe.

© Ralph Orlowski/REUTERS

Die Causa des einst gefeierten Helden veranschaulicht deutlich, wie fragil die Lage beim HSV ist, der seit sechs Ligaspielen nicht mehr gewonnen hat und als Vierter den Aufstieg verspielen könnte. Becker ging schonungslos in die Vollen. In der Situation des HSV, „wo es auf die Zielgerade geht und wir alle brauchen“, sei so ein Verhalten Wahnsinn. Viele würden ja immer betonen, dass sie ihre Eigeninteressen hintenanstellen und das Interesse des Vereins in den Vordergrund, sagte er süffisant. „Das war nicht der Fall und deshalb macht es für uns keinen Sinn mehr, die nächsten Spiele mit ihm zu bestreiten.“

Holtby entschuldigte sich sofort

Holtbys Berater Marcus Noack kritisierte Becker. „Mein Wunsch wäre gewesen, man hätte das Ganze ohne oder mit weniger medialer Begleitung gelöst“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Sein Mandant meldete sich auch. Ungewöhnlich reumütig versuchte Holtby, dessen Vertrag nicht verlängert wurde, zu retten, was wohl nicht mehr zu retten ist. „Nach Ende des Abschlusstrainings habe ich mich im Affekt zu einer Kurzschlussreaktion hinreißen lassen“, schreibt er in den sozialen Medien. Die Gäule seien ihm im wahrsten Sinne des Wortes durchgegangen, „aufgrund einiger Enttäuschungen in den letzten Wochen und dem unbedingten Willen, den Aufstieg zu erreichen“. Aber er werde die Suspendierung des Vereins „akzeptieren müssen“.

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Ob diese tatsächlich endgültig ist, hängt auch davon ab, ob Trainer Hannes Wolf bis zum Saisonende Trainer bleibt. In Berlin wiegelte Becker entsprechende Nachfragen routiniert ab. Aber nicht erst seit dem Fall Holtby ist bekannt, wie schnell in Hamburg alles gehen kann.

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