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Sport: Belgische Visionen

Marc Wilmots wechselt von Schalke in die Politik

Gelsenkirchen. Marc Wilmots ist immer ein Kämpfer gewesen. Die Fans des FC Schalke 04 verehren ihn als „Willi, das Kampfschwein“, und früher, als er noch in seiner belgischen Heimat auf dem Bauernhof der Eltern half und anschließend Fußball spielte, nannte man ihn den „Stier von Dongelberg“. In dieser Saison muss der frühere Vorarbeiter den Kampf von der Ersatzbank aus führen. Nur bei erheblichem Personalmangel kommt er zum Einsatz. Aus eigener Kraft gelingt es Wilmots nicht mehr, sich für die Startelf zu qualifizieren.

Vor dem Spiel am Samstag bei Hertha BSC mindert eine Sprunggelenksverletzung seine Chancen zusätzlich. In der Winterpause hat Trainer Frank Neubarth ihm eröffnet, dass er in den Planungen für die Rückrunde allenfalls eine Nebenrolle spiele. Ein trauriger Ausklang einer Karriere, deren internationalen Teil der Belgier als einer der besten Spieler bei der Fußball-WM im vorigen Sommer beendet hat. Schalke wird er verbunden bleiben. „Ich habe mich mit dem Ruhrgebiet identifiziert und hier sehr viel zurückgekriegt.“ Viele Profis haben das Ende ihrer Laufbahn hinausgezögert. Wilmots, 33, hat sich eine neue Spielwiese gesucht. Wenn die Saison vorüber ist, wird er weiterkämpfen – um Wählerstimmen.

Wilmots kandidiert in seiner Heimat als Senator für Jugend und Sport. Sein Einzug in das Parlament im Juni gilt als sicher. Die Reformpartei Mouvement Réformateur (MR) hat ihn auf Listenplatz vier gesetzt. Wilmots vergleicht seinen Wechsel mit einem „Transfer im Fußball“. Er lässt sich lieber in den Senat transferieren als auf die Reservebank oder den Trainerstuhl irgendeines Vereins. „Was könnte ich als Trainer von Standard Lüttich schon groß bewegen?“

Wilmots ist seit langem gut bekannt mit dem MR-Vorsitzenden Louis Michel. Die Männer stammen aus derselben Gegend in Wallonien. In Michels Haus haben sie über Missstände und Visionen diskutiert. Hier hat Wilmots die Grundzüge der zuweilen hinterrücks und hinterhältig geführten Auseinandersetzung mit politischen Gegnern oder auch Parteifreunden vermittelt bekommen.

Er habe längst gelernt, dass die politische Arbeit „viel Geduld erfordert“. Um so mehr kommt dem Seiteneinsteiger zugute, dass er ein Günstling des Außenministers Michel ist. „Wenn ich Hilfe brauche, ist er da. Bei Michel weiß ich, dass ich kein Messer in den Rücken kriege, umgekehrt ist es genauso.“

Zuweilen kommt in den Medien der Verdacht auf, Michel wolle nur die Popularität des Fußballstars ausnutzen. Der Senator in spe bestreitet das. „Ich brauche die Politik nicht, die Politik braucht mich.“ Schalke 04 hingegen braucht Wilmots nicht mehr.

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