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René Kirchhoff spielt bei den Havelbrüdern aus Berlin und in der deutschen Nationalmannschaft.

© imago/Sven Simon

Berlin ist Kanupolo-Hochburg: Eine Mischung aus Handball, Wasserball und Rugby

René Kirchhoff saß schon im Alter von fünf Jahren im Kajak. Inzwischen ist der 24-Jährige Nationalspieler und mit den Havelbrüdern sehr erfolgreich.

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Die Verwunderung, die René Kirchhoff als Reaktion bekommt, sobald er von seinem Sport erzählt, ist nichts Neues mehr für ihn. Den wenigsten ist Kanupolo ein Begriff. Und das, obwohl Deutschland vom Niveau her als Nummer eins gilt. Und Berlin als die Kanupolo-Hochburg schlechthin. Mit drei Vereinen in der Bundesliga mischen die Berliner auch diesmal wieder weit oben mit. Aber es bleibt eben eine Randsportart.

René Kirchhoff paddelt an der obersten Spitze bei den Havelbrüdern, einer Spandauer Kanusportvereinigung. Der Berliner Klub zählt zu den stärksten Kanupolo-Vereinen Deutschlands, auch im Moment schmückt sein Team mit sieben Punkten Vorsprung Platz eins in der Bundesligatabelle. Der 24-Jährige spielt auch in der Nationalmannschaft.

Schon mit fünf Jahren setzten seine Eltern ihn ins Boot

Beim Kanupolo ist es nicht unüblich, dass man ins Kajak „hineingeboren“ wird, erzählt Kirchhoff. So war es auch bei ihm. Schwimmen lernte er früh und schon mit fünf Jahren setzten seine Eltern ihn erstmals ins Boot. „Für mich war schnell klar, dass ich Kanupolo auf Profiniveau spielen möchte“, sagt Kirchhoff, „auch wenn das finanziell nicht die schlaueste Entscheidung war.“

Für mich war schnell klar, dass ich Kanupolo auf Profiniveau spielen möchte. Auch wenn das finanziell nicht die schlaueste Entscheidung war.

Nationalspieler René Kirchhoff

Ähnlich wie viele andere Sportarten leidet auch Kanupolo unter seinem niedrigen Stellenwert in der Öffentlichkeit. Dabei ist der Sport ohne Zweifel originell und unterhaltsam: „Eine Mischung aus Handball, Wasserball und Rugby“ – so beschreibt es Kirchhoff. Der Vergleich passt gut, denn viele einzelne Komponenten der unterschiedlichen Ballsportarten lassen sich im Spielgeschehen wiederfinden. Sei es das schnelle Hin- und Herwerfen des Balles oder das wilde Herumgeschubse in den Kajaks.

Paddeln, werfen oder schubsen

Kanupolo wird in kleinen Kajaks gespielt, die Tore sind in etwa zwei Metern Höhe angebracht auf einem meist 23 mal 35 Meter großen Spielfeld auf stillem Gewässer. Fünf Spieler sind auf dem Feld, drei in einer Wechselposition. „Es ist ein dynamischer Sport, bei dem immer viel los ist, ob paddeln, werfen oder schubsen – man muss vieles gleichzeitig können“, sagt Kirchhoff. Vor allem auf der Torwartposition, auf der er spielt.

Schubsen, paddeln, kentern – bei einem Kanupolo-Spiel geht es ganz schön zur Sache.

© imago/Sven Simon

Die Rolle des Torwarts ist im Kanupolo anders als in vielen anderen Ballsportarten. Hier wird mit einem „fliegenden“ Torwart gespielt. Kirchhoff muss also nicht die ganze Zeit nur im Tor stehen, sondern kann sich auf dem Wasser uneingeschränkt bewegen. „Im Angriffsspiel darf man mit nach vorne fahren, in der Abwehr hat der Torwart aber trotzdem eine geschützte Position und darf nicht angefahren werden“, sagt Kirchhoff.

Im Moment macht Kirchhoff noch seinen Master. Die Uni und den Sport zu stemmen, das schafft er. Dass das in einem Vollzeitjob anders aussehen kann, ist ihm jedoch bewusst. Mit dem Leistungsport ist ein großer Zeitaufwand verbunden: „Zwischen Mai und August haben wir einmal im Monat unsere Bundesligaturniere, in den anderen Wochen dann die Trainingslager und Vorbereitungswochen mit der Nationalmannschaft.“ Ein ganz schön straffer Zeitplan.

Seit 2019 wird die deutsche Nationalmannschaft im Kanupolo finanziell unterstützt. „Natürlich wünschen wir uns trotzdem mehr“, sagt Kirchhoff. Schließlich sind es immer noch eine Menge Kosten, die auf die Sportlerinnen und Sportler zukommen. Kajaks, Paddel, Spritzdecken – schon die komplette Ausstattung ist alles andere als günstig. Kirchhoff schätzt seine Kosten für den Sport mit allen Reisen und anderen Dingen auf durchschnittlich etwa 5000 Euro pro Jahr.

Eine gewisse Veränderung hat er in den vergangenen Jahren festgestellt. „Früher kannte den Sport fast niemand, wenn man ihn erwähnt hat.“ Nun bekommt Kirchhoff öfter mit, dass Leute zumindest schon einmal den Begriff Kanupolo gehört haben. Auch die Live-Übertragungen der Finals der Männer von ARD und ZDF hätten zu einem größeren Bekanntheitsgrad beigetragen.

Jetzt am Wochenende steht im sächsischen Glauchau der dritte Bundesliga-Spieltag an, bei dem die Havelbrüder unter anderem gegen die Berliner Klubs KC Nord-West und Ruder- und Kanu-Verein Berlin antreten. Was Kirchhoff dort mit seinem Team anstrebt: „Unseren Spitzenplatz ausbauen und uns in eine komfortable Situation für die Play-offs bringen.“

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