zum Hauptinhalt
Marc Kempf war schwer geknickt nach der Niederlage gegen Werder.

© dpa

Berliner bringen sich um den Lohn der Arbeit: Hertha BSC wird am Ende schläfrig

Hertha BSC spielt seit Wochen gut mit – um sich häufig am Ende durch Unachtsamkeiten selbst zu bestrafen.

Stand:

Chidera Ejuke passte den Ball zu Jean-Paul Boetius und bekam ihn sofort zurück auf Höhe des Sechzehners. Vor ihm offenbarte sich überraschend viel leere grüne Fläche. Doch anstatt den Ball noch einmal mitzunehmen und sich so in eine bessere Abschlussposition zu bringen, schoss er direkt auf das Tor und in die Arme von Werder Bremens Torwart Jiri Pavlenka. Es war eine der vielen Szenen von Hertha BSC, die im Ansatz gut waren, letztlich dann aber doch zu überhastet ihr Ende fanden.

Trainer Sandro Schwarz zeigte sich trotz der knappen Niederlage am Freitagabend im Weserstadion durchaus einverstanden mit vielen Dingen seiner Mannschaft und sprach von einer guten Defensivleistung, durch die man Bremen vor allem in der zweiten Hälfte kaum habe ins Spiel kommen lassen. Was ihn allerdings gestört habe, war das Spiel nach vorne: „Das große Manko auf unserer Seite war einfach das Offensivspiel, dass wir aus den Räumen, die wir hatten, viel zu wenig gemacht haben“, sagte Schwarz. Dabei sei immer wieder der letzte oder vorletzte Pass nicht gut gespielt worden. In der Statistik hat Hertha mit 73 Prozent sogar einen recht guten Wert in Sachen Passgenauigkeit. Was diese Statistik aber nicht zeigt, sind die vielen Fehlpässe im letzten Drittel, in dem Hertha oftmals zu unpräzise agierte.

Von seinem Team verlangt Schwarz viel Tempo auf den offensiven Außenpositionen. Die Spieler dazu hat er mit Ejuke, Marco Richter oder Dodi Lukebakio. Gegen Werder war davon kaum etwas zu sehen. Die Bremer schienen vorbereitet und ließen höchstens über die Seite von Lukebakio etwas zu. Im Angriff der Berliner machte sich dann auch das Fehlen von Stevan Jovetic bemerkbar, der nach einer halben Stunde aufgrund muskulärer Probleme den Platz verlassen musste. „Jove ist ein intelligenter Spieler, gerade im Ballbesitz und findet gute Räume. Dennoch finde ich aber, dass Djanga das auch über weite Strecken sehr gut gemacht hat“, lobte Schwarz den eingewechselten Boetius. Der vor Kurzem erst von seiner Hodenkrebs-Erkrankung zurückgekehrte Boetius machte ein ordentliches Spiel, ist aber noch etwas von seinem vollen Leistungsvermögen entfernt.

Während Jovetic und Wilfried Kanga zuletzt gegen Leipzig und Schalke ein kongeniales Duo bildeten, fehlte bei Boetius und Kanga noch etwas die Abstimmung, sodass der Stürmer kaum ein Faktor war gegen Bremen. Dabei war das Spiel eigentlich prädestiniert für den Franko-Ivorer. Es war ein von Physis geprägtes Spiel, was ihm oftmals zugutekommt. „Wir wussten natürlich, was bei diesem Abendspiel mit Flutlicht in diesem Stadion auf uns zukommt. Wir haben es auch gut angenommen meines Erachtens“, sagte Richter. Kanga aber fand nicht so richtig ins Spiel und hatte, nachdem er zwanzig Minuten vor Schluss ausgewechselt worden war, nur einen einzigen Schuss auf das gegnerische Tor abgegeben.

Ein weiterer Punkt, der das schwache Zusammenspiel der Berliner im Angriffsdrittel unterstreicht, sind die abgegeben Schüsse innerhalb des Strafraums, von denen Hertha lediglich drei auf seiner Seite verzeichnen konnte. Bremen dagegen versuchte es zehn Mal mehr aus dem Sechzehner, blieb aber ebenso wie Hertha in letzter Instanz zu ungefährlich.

Kurz vor Ende holten Hertha dann die jüngste Vergangenheit und das Problem mit späten Gegentoren ein. Die Berliner leisteten sich eine kleine Unachtsamkeit und wurden in Person von Niclas Füllkrug eiskalt bestraft. Bereits gegen Leverkusen, Mainz, Freiburg und Schalke letzte Woche kassierte Hertha einen Treffer in den letzten 15 Minuten.

Dennoch war Schwarz nicht der Meinung, dass das im Kopf seiner Spieler gewesen sei gegen Werder. „Ich glaube, dass es wenig damit zu tun hat, wie letzte Woche das Gegentor zustande gekommen ist.“ Vielmehr habe seine Mannschaft in der Situation bei einem schnell ausgeführten Freistoß in der eigenen Hälfte nicht aufgepasst. „Wir haben dann keinen Druck auf den Ball bekommen haben. Somit hatte Bremen die bessere Position, um diese Flankenball reinzuspielen.“ Und so eine Chance lässt sich Füllkrug in seiner momentanen Verfassung nicht nehmen und vollendete sehenswert per Kopf.

„Es kotzt mich an. Eigentlich war es ein 0:0-Spiel und am Ende stehen wir mit leeren Händen da“, schimpfte Hertha-Kapitän Marvin Plattenhardt nach Spielschluss. Tatsächlich präsentierte sich Hertha erneut in guter Form. Doch dass am Ende wieder ein später Gegentreffer das Team von Schwarz in Bedrängnis brachte, zeigt, dass die Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist und letztlich die nötige Konstanz fehlt. So schafft es Hertha nicht, sich aus dem Tabellenkeller zu befreien und könnte im Laufe des Wochenendes den Vorsprung von drei Punkten auf den Relegationsrang verlieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })