zum Hauptinhalt
Peter Meyer, 47, ist seit 2004 Hauptsponsor und seit 2007 Vorsitzender des Wirtschaftsrates beim BFC Dynamo. Der Unternehmer bleibt im Hintergrund und lässt sich selten ablichten.

© Thilo Rückeis

BFC Dynamo: Peter Meyer: „Wir haben aus Fehlern gelernt“

Peter Meyer ist der Chef im Hintergrund beim BFC Dynamo. Zum ersten Mal spricht der Geldgeber über seine Hooligan-Vergangenheit, die Kooperation mit Hertha BSC und das Ziel Profifußball.

Herr Meyer, Sie waren seit den Achtzigern Teil der Hooliganszene beim BFC Dynamo. Dann haben Sie vor acht Jahren die Seiten gewechselt und einen Posten im Verein übernommen. Bereuen Sie Ihre Vergangenheit?

Meine Vergangenheit ist ein Teil meines Lebens und niemand hat mich gezwungen, einen bestimmten Weg zu gehen. Ich kann auch nicht sagen, dass ich heute etwas bereue oder heute anders machen würde. Das ist mein Leben und ich schaue nur nach vorn. Ich habe beim BFC viele alte Freunde, die zum Teil schon mehr als dreißig Jahre an meiner Seite stehen – und alle sind dankbar über mein Engagement beim Verein.

Sie sind mittlerweile Vorstandsvorsitzender eines Rohstoffunternehmens. Wie kam es zu Ihrem Einstieg als Geldgeber beim BFC Dynamo?

2004 versuchte der Verein vergeblich, einen Hauptsponsor zu finden. Einer meiner Freunde beim BFC sprach mich an und vermittelte mir einen Kontakt zum damaligen Präsidium. Dann ging es sehr schnell und mein Unternehmen stand als neuer Hauptsponsor auf den Trikots der ersten Männermannschaft.

In welchem Zustand befand sich der BFC?

Nach Abschluss der Insolvenz 2004 stand der BFC zwei Jahre später wieder vor einem Scherbenhaufen. Der Verein hatte nur eine Handvoll Kleinsponsoren, spielte vor ein paar hundert Zuschauern und war wieder einmal zahlungsunfähig. Er bat mich um Hilfe.

Was haben Sie dann im Klub verändert?

Der Verein war durch Misswirtschaft der alten, verantwortlichen Gremien innerhalb von zwei Jahren neuerlich an den Rand des Bankrotts geführt worden. 2007 erfolgte eine von mir beantragte Abwahl der handelnden Personen durch die Mitglieder und eine Neuaufstellung des Vereins durch die von mir vorgeschlagenen Kandidaten.

Nach Ihrem Einstieg haben Sie diverse Veränderungen durchgeführt. Unter anderem beim Vereinslogo und dem Sicherheitsdienst, die den Hells Angels nahestehenden Personen gehörten.

Schnee von gestern: Der DDR-Rekordmeister BFC Dynamo spielt derzeit in der Regionalliga, hier in Rot im Testspiel gegen Lok Leipzig. Doch der Klub will in den Profifußball.
Schnee von gestern: Der DDR-Rekordmeister BFC Dynamo spielt derzeit in der Regionalliga, hier in Rot im Testspiel gegen Lok Leipzig. Doch der Klub will in den Profifußball.

© imago/Sebastian Wells

Der Verein lag am Boden und war eigentlich tot. Es war uns allen wichtig, unserem Verein durch die Neuausrichtung, eine zweite Chance zu verschaffen und erste unabhängige Einnahmequellen zu sichern. Das Catering etwa war zu einem Spottpreis verpachtet. Im Bereich Sicherheitsdienst, Logo- und Fanartikelvermarktung mussten wir eigene Wege gehen. Das Traditionslogo ist nicht im Besitz des Vereins und ein Ankauf scheiterte einfach an fehlendem Vereinskapital. Um auch hier die Unabhängigkeit herzustellen, musste ein neues Logo her.

Der BFC Dynamo ist in Berlin schon immer einer der wichtigen Vereine nach Hertha und Union. Vereine wie der BAK oder Viktoria wollen mit Macht dritte Kraft in Berlin werden. Wie wollen Sie mit dem BFC dagegenhalten?

Ach wissen Sie, ich kann das mit der dritten Kraft nicht mehr hören. Hertha und Union decken mit der Ersten und Zweiten Bundesliga den gesamten Bereich für Profifußball in Berlin ab. Danach kommt ein großes Loch. Denn die Regionalliga, in der alle von Ihnen genannten Vereine spielen, ist nicht sehr attraktiv. Vereine wie der BAK oder Viktoria werden auch in der Dritten Liga, mit Ausnahme einiger weniger Spiele, nur eine Randerscheinung im Berliner Fußball darstellen. Der BFC hat mit über 2000 Zuschauern im Schnitt fast viermal so viel Zuschauer wie Viktoria oder der BAK. Er profitiert dabei von einem großen Fanpotenzial im Ostteil der Stadt und würde mit einem Aufstieg in die Dritte Liga viele Leute neu aktivieren können.

Dabei stellt sich die Frage, welche Philosophie der BFC eigentlich hat.

Einzigartig und anders zu sein.

Der Jahnsportpark in Prenzlauer Berg soll in den nächsten Jahren von der Stadt für viel Geld umgebaut werden. Ist der BFC in diese Pläne integriert?

Also erstmal ist ein Umbau geplant. Durch die Erfahrung mit dem neuen Flughafen BER warten wir mal ab, ob und vor allem wann dies stattfindet. Der Verein wurde in die Pläne mit einbezogen und wird nach deren Realisierung in etwa fünf bis zehn Jahren hoffentlich eine tragende Rolle im Stadion einnehmen. Der BFC war fast 25 Jahre nicht mehr im Prenzlauer Berg zu Hause und wird sicherlich viele Jahre brauchen, um sich im Stadtgebiet zu etablieren. Doch die Entscheidung des Vereins ist für das Stadion in der Mitte der Stadt gefallen, und diese Entscheidung ist richtig.

Ist es da nicht ein Nachteil, dass in der Vergangenheit das Fanumfeld des Vereins auch für gewalttätige Aktionen stand? Alle Spiele in der Regionalliga gingen bisher gewaltfrei über die Bühne. Sind die problematischen Leute einfach verschwunden und kann man jetzt Gewalt im Stadion ausschließen?

Man kann bei Fußballvereinen gewalttätige Aktionen niemals ausschließen. Dies betrifft ja nicht nur den BFC, sondern auch viele andere Vereine. Als Verein haben wir aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und uns im Bereich der Organisation eines Spiels und des Sicherheitsdienstes neu aufgestellt. Wir haben als Verein die Verantwortung für den Stadion- und Zuschauerbereich, und hier müssen wir wachsam sein. Wir haben in den Fangruppen interne neue Regelungen und Absprachen getroffen, um Störungen im Stadion auszuschließen, soweit es geht. Nur mit Hilfe unserer eigenen Fans kann das dauerhaft gelingen.

Zu DDR-Zeiten galt die Jugendarbeit des BFC als vorbildlich. Wollen Sie die fortführen?

Unser Verein betreut etwa 600 Kinder durch unsere ehrenamtlichen Trainer und Betreuer. Dabei werden tolle Fußballer ausgebildet und gefördert. Doch leider ist es heute für einen unterklassigen Verein fast nicht mehr möglich, die ein bis zwei Topspieler einer Jugendmannschaft zu halten. Bereits mit zwölf Jahren werden Talente von Bundesligavereinen gesichtet und abgeworben. Da wird den Eltern erzählt, dass ihr Sohn Bundesligaspieler werden kann, und dann ist der Spieler weg. Diese Entwicklung wird nur aufzuhalten sein, wenn die erste Mannschaft des BFC mindestens in der Dritten Liga spielt und damit eine Perspektive auf einen späteren Profivertrag darstellt.

Wie kann der BFC das Ziel Profifußball Ihrer Meinung nach erreichen?

Die wirtschaftliche Basis ist die Grundlage für den sportlichen Erfolg. Hier ist es notwendig, gerade auch aus Haftungsgründen, die erste Männermannschaft in eine separate Kapitalgesellschaft auszugliedern. Die Ausgliederung erfordert mehrere Millionen Euro und den Aufbau von Strukturen zur Leitung des Vereins im Profibereich. Diese Möglichkeit ist vorhanden und wir erarbeiten zurzeit in den Vereinsgremien eine langfristige Planung und werden die Mitglieder diskutieren und abstimmen lassen. Wenn alle im Verein diesen Weg gemeinsam gehen wollen, wird er funktionieren.

Sie sind der starke Mann im Verein. Ist der BFC von Ihnen abhängig?

Nein, das kann man so nicht sagen. Wir sind ein starker und vielschichtiger Verein, wo alle einen Teil zum Ganzen dazu tragen. Natürlich sorgen meine Partner und ich für einen siebenstelligen Jahresetat, aber das ist nur Geld und jederzeit austauschbar. Ich habe in den letzten Jahren weit mehr als 7000 Stunden ehrenamtlich für unseren Klub gearbeitet und zusammen mit vielen Leuten hier etwas aufgebaut. Wir machen keine Schulden, arbeiten wirtschaftlich solide und geben nur aus, was wir haben.

Warum investieren Sie so viel?

Dieser Verein begleitet mein Leben und an ihm hängt mein Herz. Ich bin im Prenzlauer Berg aufgewachsen und war 1980 mit zwölf Jahren bei meinem ersten Spiel. Wir haben noch das Glück, dass alle Gremien von Personen besetzt sind, die gleichzeitig auch Sponsoren sind und denen es wirklich nur um den BFC geht. Keiner hat die Illusion, hier Geld zu verdienen, und das will auch keiner. Sollte der Verein einmal den Schritt in den Profifußball schaffen, wird er wie überall Leute anlocken, die uns schöne Geschichten erzählen, um Posten zu erlangen. Wenn dann kein Kapital mehr da ist, sind sie wieder weg und wir fangen wieder bei null an. Da müssen wir aufpassen, auch deshalb ist die Ausgliederung wichtig, um darauf Einfluss nehmen zu können.

Wie ist das Verhältnis des BFC zu Union und Hertha – und was können Sie von beiden Klubs lernen?

Es gibt kein Verhältnis zu Union. Anders verhält es sich mit Hertha. In einer schweren Zeit seit 2007 war Hertha trotz vieler Widerstände bereit, Freundschaftsspiele gegen uns zu veranstalten. Sie haben uns die Hand gereicht und uns unterstützt bei unseren Anliegen. Daraus hat sich eine Kooperation im Jugendbereich entwickelt, die unseren Trainern und Kinder viele Möglichkeiten eröffnet hat. Die gute Zusammenarbeit ermöglicht uns zum Beispiel kostenlose Hospitationen, Schulungen und Weiterbildungen im Jugendbereich.

Wann findet das nächste Derby zwischen den ersten Mannschaften von BFC und Union statt?

Fußball ist ja sehr schnelllebig, aber ich bin mir sicher: innerhalb der nächsten zehn Jahre.

Das Gespräch führte Frank Willmann. Frank Willmanns Erlebnisbericht "Nachttischlampen und dürre Weiber" vom Spiel zwischen dem BFC Dynamo und dem 1. FC Magdeburg aus dem November 2014 finden Sie hier.

Folgen Sie der Tagesspiegel-Sportredaktion auf Twitter:

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false