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Björn Werner (35) ist ehemaliger NFL-Profi und wurde 2013 als erster Deutscher in der 1. Runde des Drafts ausgewählt. Heute ist er RTL-Experte und Podcaster („Football Bromance“).

© RTL

Björn Werners Kolumne „Inside the NFL“: Der größte Wurf meines Lebens

Auf einem Schulhof in Berlin-Reinickendorf verliebte er sich in American Football. Von da an ließ sich Björn Werner auf seinem Weg in die NFL nicht mehr stoppen. Für alle, die ihm nacheifern wollen, hat er einen Rat.

Eine Kolumne von Björn Werner

Stand:

Wenn mir heute jemand sagt: „Björn, du hattest ja echt Glück, dass du es bis in die NFL geschafft hast“, dann kann ich nur schmunzeln. Glück? Vielleicht ein Quäntchen – aber danach war’s nur harte Arbeit, Schweiß und eine gute Portion Wahnsinn.

Angefangen hat alles in Berlin-Reinickendorf, auf einem ganz normalen Schulhof. In der großen Pause warf mir ein Klassenkamerad einen Football zu – und das war’s. Liebe auf den ersten Wurf. Ich war sportlich, aber Football? War mir damals kaum ein Begriff. Er meinte: „Komm doch einfach mit zum Training.“ Gesagt, getan. Von da an war mein Leben anders. Ein scheinbar bedeutungsloser Wurf auf einem Berliner Schulhof und von da an: Training, Fitnessstudio, Repeat. Wenn man so will, war diese Begegnung das gewisse Quäntchen Glück: zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Doch kein Talent wächst allein. Einer, der mich damals besonders geprägt hat, war mein Jugendtrainer Jörg Hofmann. Ein Typ, der wirklich für den Jugendsport gelebt hat. Er wollte nicht nur, dass wir Tackles setzen, sondern auch, dass wir unsere Hausaufgaben machen. Zeugnisse mussten wir ihm zeigen! Klingt streng, aber genau das hat mich geprägt.

Zu Hause war die Begeisterung zunächst überschaubar. Mein Vater war Fußballer, meine Brüder auch. Ich der Exot, der plötzlich Schulterpolster trug. Football war in Deutschland damals ungefähr so bekannt wie Curling auf dem Mars. Aber meine Eltern haben mich im Rahmen ihrer Möglichkeiten trotzdem immer unterstützt. Hauptsache, ich lungere nicht auf der Straße rum.

Mit 15 klickte ich mich durch die Website von Berlin Thunder. Da stand etwas vom „International Student Program“ der NFL Europe – ein Förderprogramm, das europäischen Talenten den Sprung an US-Schulen ermöglichte. Ich dachte: warum eigentlich nicht? Ich bewarb mich – und tatsächlich, ich wurde ausgewählt. So kam ich nach Connecticut, an eine Highschool, die gerade Meister geworden war.

Björn Werner setzte sich in der NFL bei den Indianapolis Colts durch.

© Imago sportfotodienst

Das war der härteste Schritt meines Lebens. Ich kam mit 16 in die USA, konnte kaum Englisch, Heimweh inklusive. Die ersten Wochen waren brutal. Aber auf dem Platz konnte ich sofort zeigen, was ich draufhabe. Plötzlich hieß es: „Oh, der Deutsche kann ja richtig Football spielen.“ Ja, verdammt, konnte ich. Ich wurde einer der besten Spieler des Teams, bekam Angebote von 13 Colleges und entschied mich für Florida State – weil es sich einfach richtig anfühlte. Vom Wedding nach Florida – klingt wie ein Märchen. War’s aber nicht. Es war ein täglicher Kampf. Sprachlich, körperlich, mental.

Und dann, am 25. April 2013, war es so weit: Die Indianapolis Colts zogen mich in der ersten Runde des NFL Drafts. Ich war der erste Deutsche überhaupt, dem das gelungen ist. In diesem Moment kam alles zusammen – all die Jahre Arbeit, Verzicht, Schweiß. Ich dachte an meine Eltern, an meinen Jugendcoach, an meine Frau, die mich die ganze Zeit unterstützt hatte. Und ja, ich dachte auch an diesen Schulhof in Reinickendorf.

Wenn ich heute zurückblicke, bin ich stolz. Ich habe alles gegeben, meinen Körper geopfert – und irgendwann hat er Stopp gesagt. Verletzungen sind Teil des Spiels, und meiner hat irgendwann nicht mehr mitgespielt. Aber ich durfte meinen Traum leben. Und heute darf ich als Experte bei RTL und mit unserer „Football Bromance“-Community Millionen Menschen für diesen Sport begeistern. Das ist mein Traum nach dem Traum.

Und wenn mich heute junge Talente fragen, wie man es schafft, sage ich immer: „No excuses!“ Der Weg ist hart, aber es gibt längst deutsch-amerikanische Superstars wie Amon-Ra St. Brown oder Brandon Coleman. Die Aufmerksamkeit für Football in Deutschland war noch nie größer. Diese Voraussetzungen hätte ich mir damals niemals erträumen können.

Also an alle jungen Sportler: Geht raus, gebt Gas. Glaubt an euch – auch wenn andere sagen, ihr spinnt. Denn manchmal beginnt die größte Reise mit einem simplen Wurf auf einem Berliner Schulhof.

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