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Sport: Blei im Fuß

Vielleicht bekommen die Bremer so langsam ein Herz für den FC Bayern. Schließlich widerfährt dem SV Werder gerade das, was die Münchner jedes Jahr durchmachen: Nur der Titel zählt.

Vielleicht bekommen die Bremer so langsam ein Herz für den FC Bayern. Schließlich widerfährt dem SV Werder gerade das, was die Münchner jedes Jahr durchmachen: Nur der Titel zählt. Vor fünf Jahren hätten die Bremer von einer Saison wie dieser geträumt. Ein dritter Platz mit guten Chancen auf Rang zwei. Selbst die Meisterschaft ist noch möglich. Stattdessen schlagen die Wogen der Kritik jetzt über Werder zusammen. Nicht zu Unrecht, denn der Klub hat diese Rolle selbst gewählt. Nur vom Titel war vor der Saison die Rede, Vereinschef Jürgen Born spricht noch im aktuellen Stadionheft von einer Mannschaft, die mehr Qualität habe als alle anderen zuvor.

Die Last der hohen Erwartung behindert Werder wie ein Rennpferd, dem man wegen seiner Schnelligkeit Bleigewichte auf den Rücken schnallt. Die Fans erwarten Siege mit vielen Toren. Jeder Gegner ist aufs höchste motiviert. Und wenn Werder am Ende 4:1 gewinnt, stellt sich der Trainer des Gegners vors Mikrophon und sagt, die Niederlage sei nicht schlimm, gegen Werder könne das nun mal passieren, die spielen eben Fußball vom anderen Stern. Ein Sieg wird erwartet, eine Niederlage ist eine Katastrophe. In München kennen sie das schon lange.

Um die Meisterschaft spielen stattdessen zwei Mannschaften, die derlei Sorgen nicht haben. Sie zeigen einfach guten Fußball – und können sich ohne Europapokal ganz auf die Liga konzentrieren. Stuttgart galt allenfalls als Bewerber um die Uefa-Cup-Plätze. Und Schalke sprach zwar von der Meisterschaft, aber das haben sie in Gelsenkirchen schon oft getan, ohne dass es jemand ernst genommen hätte. Genau so sind die Bremer 2004 Meister geworden. Niemand nahm sie für voll, und monatelang warteten die Bayern auf das Ende des Höhenflugs. Vergeblich. Damals hatten sie wenig Mitleid mit dem FC Bayern, der sein Vereinslied „Forever Number One“ nennt. Jetzt wissen die Bremer, wie schwer es ist, eine Favoritenrolle nicht nur auszusprechen, sondern sie auch auszufüllen.

Steffen Hudemann

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