
© imago/Matthias Koch/IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch
Cristian Fiéls Premiere geht daneben: Hertha BSC noch im Eingewöhnungsprozess
Viel hatte man sich bei Hertha BSC zur neuen Saison vorgenommen, die Euphorie war groß. Beim 1:2 gegen den SC Paderborn folgte dann aber die Ernüchterung. Eine Ernüchterung, die dazu gehört?
Stand:
Als Cristian Fiél auf der Pressekonferenz vor seiner Premiere Einblicke in seine Gefühlswelt gab, musste er ein bisschen schmunzeln: „Es ist eine Mischung aus Vorfreude und Anspannung. Ich freue mich, ins Stadion hereinkommen und die Atmosphäre genießen zu dürfen.“
Und so kam der neue Trainer von Hertha BSC, noch bevor die Mannschaften den Rasen betraten, die Treppen im Olympiastadion hoch. Mit verschränkten Armen stand er dann da vor der Trainerbank, Blick gebannt Richtung Ostkurve gerichtet.
Hertha begann das Spiel vielversprechend
Die Choreo, die die Hertha-Fans zum Saisonstart präsentierten, Frank Zander, der live vor der Ostkurve „Nur nach Hause“ anstimmte und die 48.591 Fans, die eben jenes Lied sangen: All das wollte der neue Trainer der Berliner in Ruhe genießen und aufsaugen. Soweit es eben in solchen Situationen in Ruhe geht.
Ich bin ehrlich, ich kann es nicht sagen, woran es lag.
Cristian Fiél, Hertha-Trainer
Viel von der Freude war anderthalb Stunden später nicht mehr übrig. Gegen den SC Paderborn setzte es eine 1:2 (0:1)-Niederlage. Fiéls Premiere ging nach hinten los.
Dabei begann Hertha vielversprechend und setzte das um, was der 44-Jährige fordert und was die neue Spielidee der Berliner werden soll. „Ich will diesen Ball haben. Ich will, dass wir das Spiel kontrollieren, dass wir den Gegner in der gegnerischen Hälfte immer wieder vor Aufgaben stellen“, sagte Fiél bei seiner Antrittskonferenz im Juni.
Und genau so stellten die Blau-Weißen die Paderborner anfangs auch vor Aufgaben. Sie liefen bei gegnerischem Ballbesitz extrem hoch an, setzten Paderborn unentwegt unter Druck.
Doch dabei blieb es. Insbesondere das Kombinationsspiel, was zur neuen Hertha-DNA gehören soll, war fehlerbehaftet. Zu langsam und zu viele Fehlpässe schlichen sich ein. Und so schien es, als steckte noch zu viel Dardai-Fußball – er guckte sich das Spiel seiner ehemaligen Mannschaft auch an – und zu wenig Fiél-Fußball in den Köpfen der Spieler.
Von Lässigkeit war im Hertha-Spiel nicht viel zu erkennen. Man verfiel in alte Muster und tat sich in der Ideenfindung im Spiel nach vorne schwer. Nahezu jede Paderborner Ecke und jeder Freistoß ließ es im Berliner Strafraum brenzlig werden. Hertha hatte große Probleme. Endgültig klar wurde das in der 42. Minute, als Felix Götze nach einer Ecke den Ball in das Netz der Herthaner köpfte.
Und Fiél? Der setzte sich das erste Mal auf die Trainerbank, nachdem er 40 Minuten lang, im Hertha-Trainingsanzug, unterbrochen direkt an der Seitenlinie coachte und viel kommunizierte. Ein kleiner Schock?
Tabakovic verpasste nur eine Minute nach Wiederbeginn den Ausgleichstreffer. Doch das Aufbäumen hielt nicht lange an und Paderborn sorgte direkt im Gegenzug für das 2:0. Fiél setzte sich zum zweiten Mal.
Er sah nach der erneuten Ernüchterung eine Mannschaft, die einmal mehr in alte Muster verfiel. Einzelaktionen Marke Fabian Reese wurden vergeblich gesucht. Dabei entschied sich Fiél entgegen aller Erwartungen für Palko Dardai und gegen Derry Scherhant als Reese-Ersatz, der, so Fiél vor dem Spiel, mit seinem starken linken Fuß den Stoßstürmer in Szene setzten sollte.
Es war ein klassisches Spiel zum Saisonstart
Das Spiel plätscherte vor sich hin, die Fans fanden sich merklich mit dem Ergebnis von Minute zu Minute mehr ab. Bis zur 72. Minute als auf einmal Ibrahim Maza mit einem Weitschuss für den Anschlusstreffer sorgte.
Doch der änderte nichts an dem ernüchternden Saisonstart, der Fragezeichen aufwirft. Warum konnte nicht das umgesetzt werden, was man sich vorgenommen hatte? Wo war all das Vielversprechende, was sich von Woche zu Woche in der Saisonvorbereitung entwickelte, hin? Nach dem Spiel haderte der Trainer: „Ich bin ehrlich, ich kann es nicht sagen, woran es lag.“
Und doch ist nicht alles schlecht. Gäste-Trainer Lukas Kwasigroch brachte es auf den Punkt: „Das war ein klassisches Spiel am ersten Spieltag. Es hat noch nicht alles funktioniert. Beide wollten, aber waren auch unsicher.“ Und so sollte man das Spiel unter der Kategorie „Eingewöhnungsprozess“ einordnen. Kein Grund, direkt einen Fehlstart auszurufen.
So lächelnd wie Fiél die Treppen vor dem Spiel hochgekommen ist, so verbittert ging er sie danach wieder runter. In den nächsten Tagen muss noch viel passieren, damit der neue Trainer auch mal lächelnd den Gang in die Kabine bestreiten kann. Herthas Eingewöhnungsprozess dauert an.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: