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Das gibt's doch nicht! Kevin Behrens (links) und Rani Khedira ärgern sich über eine von Ex-Unioner Rafal Gikiewicz vereitelte Großchance.

© Matthias Balk/dpa

1. FC Union nach der ersten Niederlage des Jahres: Das Problem in Augsburg war nicht das Fehlen von Max Kruse

So verlockend die Suche nach einer einfachen Erklärung ist, so ungenügend ist diese. Unions Probleme in Augsburg waren viel eher kollektiv als individuell.

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Wenige Sekunden bevor die Pressekonferenz im Stadion des FC Augsburg begann, übermittelte Markus Weinzierl seinem Berliner Trainerkollegen eine der wenigen guten Nachrichten an diesem gebrauchten Samstagnachmittag. „Immer noch Champions League“, sagte der Augsburger Coach, als Urs Fischer interessiert zu ihm und seinem Statistikbogen hinüberschaute. Da die Verfolger aus Freiburg, Hoffenheim und Leipzig allesamt verloren, machte sich das 0:2 des 1. FC Union in Augsburg zumindest tabellarisch nicht bemerkbar: Die Berliner bleiben Vierter und damit auf einem Platz, der am Ende der Saison zur Teilnahme an der Champions League berechtigen würde.

Normalerweise gibt es nichts, was Fischer und seine Fußballer so sehr nervt wie die regelmäßigen Fragen nach ihren Europapokalchancen. Auch am Samstag wollten weder der Trainer noch Christopher Trimmel in der Niederlage einen Rückschlag im Rennen um das internationale Geschäft erkennen. Ein solcher könne es gar nicht sein, argumentierte Unions Kapitän, denn „unser Ziel bleibt der Klassenerhalt“.

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Seit etwa einer Woche gibt es rund um den Berliner Bundesligisten jedoch ein Reizthema, das selbst die leidigen Fragen nach Europa in den Schatten stellt: Max Kruse. Auch nach dem auf ganzer Linie enttäuschenden Auftritt in Augsburg wurde sofort die Frage gestellt, ob das mit dem überraschend nach Wolfsburg gewechselten Ausnahmekönner ebenfalls passiert wäre. „Das kann ich nicht beantworten, das kann niemand beantworten“, sagte der Schweizer Trainer genervt. „Es bringt nichts, über Max zu diskutieren, weil er nicht mehr bei uns ist.“

So verlockend die Suche nach einfachen Erklärungen für die schwache Berliner Leistung ist, so ungenügend ist die Gleichung Union - Kruse = Niederlage. Natürlich hätten der Mannschaft die Kreativität und Abschlussstärke des 33-Jährigen gutgetan – so wie mindestens 14 andere Bundesligisten ebenfalls davon profitieren würden – , doch Unions Probleme am Samstag waren eher kollektiv als individuell.

Zumindest Unions Aufstiegstorwart Rafal Gikiewicz hatte am Samstag Grund zum Jubeln.

© imago images/Matthias Koch

„Es kann nicht sein, dass uns eine Mannschaft den Schneid abkauft. Das müssen wir in der Woche aufarbeiten“, sagte Abwehrspieler Timo Baumgartl. Vor allem in der ersten Halbzeit setzte Augsburg Union konstant unter Druck, rückte hoch auf, presste aggressiv. Die Berliner fanden viel zu selten die richtige Antwort auf diese Herangehensweise und wirkten konfus.

Besonders im Mittelfeldzentrum fehlte mit Ball die Sicherheit und ohne Ball der Zugriff. „Wir waren zu hektisch und haben den Ball zu schnell nach vorne gedroschen“, befand Trimmel. Fischer hätte sich hingegen den einen oder anderen langen Ball mehr gewünscht.

Was im ersten Moment wie ein Widerspruch klingt, beschreibt Unions Schwierigkeiten ziemlich treffend. Denn letztlich haben sowohl Trainer als auch Kapitän recht. Die Berliner setzten ihre Mittel nur zuverlässig in den falschen Momenten ein. Bot sich im Mittelfeld eine der seltenen Situationen, in denen Augsburg unorganisiert war und sich Union Platz bot, brachen die Berliner in Hektik aus.

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Bei einigen gegnerischen Pressingaktionen erkannte Union hingegen die Gefahr nicht, agierte zu ruhig und tappte in die Falle. Am eklatantesten war das natürlich vor dem 0:1 bei der Fehleinschätzung von Andreas Luthe zu sehen, doch dies war beileibe nicht die einzige Aktion dieser Art. „Wir haben die eine oder andere falsche Entscheidung getroffen“, sagte Fischer.

In der zweiten Hälfte steigerte sich Union zwar, anders als im erfolgreichen Januar mit drei Siegen aus vier Pflichtspielen reichte das nicht. Ein paar ordentliche Chancen spielten sich die Berliner zwar heraus, doch wirklich zwingend wurde es nur selten. „Es hat gar keiner gefehlt“, sagte Luthe auf die Frage, ob Kruse oder Grischa Prömel mehr vermisst worden wäre. „Wir sind nicht an unser Leistungsmaximum herangekommen, und das betrifft jeden einzelnen.“ Am kommenden Sonntag gegen Dortmund wird Rani Khedira nach seiner fünften Gelben Karte gesperrt zuschauen, dafür dürfte Prömel zurückkehren. Der Mittelfeldspieler konnte die Quarantäne nach überstandener Corona-Infektion am Samstag verlassen.

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