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Olympia-Qualifikation: Das Schwergewicht fehlt

Matthias Steiner ist verletzt. Und nicht nur er. Das könnte den Gewichthebern nun ihre Startplätze bei Olympia kosten.

Von Katrin Schulze

Berlin - Es liegt an der Sehne, genauer gesagt an der Quadrizepssehne im linken Bein von Matthias Steiner. Im September hat sich der Superschwergewichtler daran im Training verletzt. So schwer, dass er operiert werden musste und lange ausfällt. Bei den bis zum 13. November abgehaltenen Weltmeisterschaften der Gewichtheber in Paris fehlt er der deutschen Mannschaft – und wie. „Die Lage ist total unbefriedigend“, sagt Bundestrainer Frank Mantek. Denn Steiner, der Olympiasieger aus dem Jahr 2008, ist nicht nur das Gesicht dieser Sportart in Deutschland, er ist auch so etwas wie eine Versicherung für den Verband.

Der gesunde Matthias Steiner hat die Deutschen in der jüngeren Vergangenheit quasi allein in die Weltspitze und auf einen guten Platz in der Nationenwertung gehoben, über die auch die Startplätze für die Olympischen Spiele geregelt sind. Wären bislang noch drei Deutsche im kommenden Jahr in London startberechtigt, droht den Gewichthebern im Zuge der WM nun ein bisher nicht dagewesenes Szenario: Am Ende könnten die Männer ohne einen einzigen Olympia-Teilnehmer dastehen. Weil neben Steiner auch noch der ehemalige Europameister Jürgen Spieß und der diesjährige EM-Sechste André Winter verletzungsbedingt ausfallen, ist nicht viel zu erwarten auf der großen Bühne im Pariser Disneyland. „Jede Medaille wäre eine ganz große, positive Überraschung“, sagt der Bundestrainer.

Sollte es in Paris nicht klappen, bleibt den Gewichthebern ein letzte Chance bei der Europameisterschaft im April. Maximal einen Startplatz für Olympia gibt es dort zu ergattern, um den die deutschen Männer dann später wetteifern müssten. Matthias Steiner wird bis April nicht fit werden; zu weit hat ihn die schwere Verletzung an der Sehne zurückgeworfen. Doch während der Bundestrainer die Titelverteidigung seines Stars bei den Olympischen Spielen auch schon abgeschrieben hat, will Steiner es unbedingt noch einmal wissen. Er rackert in der Reha, und er hat die Heberbühne in London als persönliches Ziel ausgegeben; zur Not muss er eben mit einer Wildcard des Weltverbandes dorthin klettern.

So weit aber mag Frank Mantek aktuell noch nicht denken. Manchmal dürfte der Bundestrainer in Paris ein bisschen neidisch zu den weiblichen Heberinnen herüberschauen, die realistische Chancen auf zwei Startplätze in London besitzen. „Aber Jammern hilft nichts. Wenn wir jetzt vor Sorgen nicht mehr schlafen können, bringt das auch nichts“, sagt Frank Mantek. „Wir müssen kämpfen.“

Die einzige Sparte, in der Deutschlands starke Männer im Moment tatsächlich an der Spitze kämpfen, ist die Anti-Doping-Politik. Erst kürzlich hat der Verband einen kompletten Umbau des Kontrollsystems initiiert – unter der Verantwortung des IOC-Ehrenmitglieds Walther Tröger. Dies scheint angesichts der bislang gängigen Praxen in der Heberwelt auch nötig. Allein für die WM sind sieben Länder ausgeschlossen worden, weil sie sich nur lückenhaft an die Melderegularien der Anti-Doping-Agenturen hielten. 36 Gewichtheber sind in diesem Jahr nach Angaben des Weltverbandes bereits wegen Dopings überführt worden.

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