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Etwas unübersichtlich drohen die neuen Regeln das Skispringen zu machen. Derzeit wird noch an den letzten Details gefeilt, um gerade das zu verhindern.

© WITTERS

Den Wind eingerechnet: Neue Regeln bei der Vierschanzentournee

Das Skispringen erfindet sich jedes Jahr neu – bei der Vierschanzentournee greifen wieder neue Regeln. Die Formel heißt: Delta-w = TWG × (HS – 36)/20.

Im Gegensatz zur Traditionssportart Fußball entwickelt sich das Skispringen beinahe in jeder neuen Saison rasant weiter. Die Vierschanzentournee bildet fast schon traditionell eine gute Gelegenheit, neue Ideen umzusetzen oder neue Regeln einem breiten Publikum vorzustellen. Auch bei der heutigen Qualifikation (16 Uhr, live im ZDF) für das Auftaktspringen in Oberstdorf wird es im Vergleich zum Vorjahr einige Veränderungen geben. Ein Überblick.

Wind- und Gateregel

Eigentlich existieren Wind- und Gateregel bereits seit der vergangenen Saison. Die Nordischen Kombinierer haben erste Erfahrungen damit gesammelt, seit dieser Saison kommt die Windberechnungsformel (Delta-w = TWG × (HS – 36)/20) auch im Weltcup der Skispringer zur Anwendung. Nach einer komplizierten Rechnung wird der jeweilige Auf- oder Gegenwind berechnet und von der Weite abgezogen oder hinzugezählt. Die Windregel macht das Skispringen eigentlich gerechter, weil widrige oder glückliche Windbedingungen im Ergebnis der Springer erstmals berücksichtigt werden. Das Skispringen wird auch sicherer, denn die neue Gateregel bezieht in die Gesamtrechnung auch noch ein Weitenfaktor (f-Wert) mit ein. Das gibt der Jury die Möglichkeit, bei gefährlichen Winden den Anlauf zu verkürzen, ohne den gesamten Durchgang neu starten zu müssen. „Diese Regel darf aber von der Jury nicht zur Steuerung des Wettkampfes eingesetzt werden“, sagt der Skisprung-Renndirektor des Internationalen Skiverbandes, Walter Hofer, „da sind wir in dieser Saison zufrieden.“ In der vergangenen Saison hatte es Sprungjurys gegeben, die versucht hatten, durch Anlaufverlängerung oder -verkürzung Einfluss auf das Ergebnis zu nehmen. Die neuen Berechnungsformeln haben aber auch einen riesigen Nachteil: Das Skispringen ist für die Zuschauer undurchsichtiger geworden. Es gewinnt nicht mehr derjenige, der am weitesten gesprungen ist. Sondern derjenige, der im Zusammenspiel von Absprungluke, Windbedingungen, Haltungsnoten und Sprungweite die höchste Punktzahl erhält.

Die Linie

Deshalb soll bei der aktuellen Vierschanzentournee erstmals eine leuchtende Linie den Zuschauern im Stadion helfen. Die Fernsehzuschauer kennen sie schon von diversen Sportveranstaltungen als blaue Linie. Im Skispringen zeigt sie an, wie weit der aktuelle Springer fliegen muss, um auf Platz eins zu gelangen. Angesichts der neuen Punkteberechnungsformeln ist sie noch wichtiger geworden. In der heutigen Qualifikation könnte diese Linie erstmals auch in einem Stadion zum Einsatz kommen. „Das ist eine echte Verbesserung für die Zuschauer vor Ort“, sagt Walter Hofer. Allerdings gibt es noch ein Problem. Die Linie im Stadion und die Linie im Fernsehen sollten deckungsgleich sein, damit der Fernsehzuschauer nicht zwei Linien sieht. Am Montag tüftelten die Techniker noch im Stadion an der Schattenbergschanze herum, bis Redaktionsschluss stand noch nicht fest, ob die Linie heute tatsächlich erstmals zum Einsatz kommen kann.

Die HTT-Kamera

Sicher wird aber ab dem zweiten Springen in Garmisch-Partenkirchen eine neue Kameraposition ungewöhnliche Bilder liefern. Die HTT-Kamera – benannt nach ihren Erfindern Walter Hofer, Rudi Tusch und Norbert Thielmann – wird die Springer von unten frontal im Flug filmen. „Der Athlet fliegt direkt auf die Kamera zu und landet natürlich vorher“, sagt Hofer. Auch der Österreichische Rundfunk will diese Erfindung des Deutschen Skiverbandes übernehmen.

Der Name

Erstmals seit Jahren heißt die Vierschanzentournee auch offiziell Vierschanzentournee. Sie besitzt keinen Namenssponsor mehr, sondern gilt im neuen Marketingkonzept als eigene Marke. Das hat zur Folge, dass nun T-Shirts, Mützen und Anoraks mit dem Logo „Vierschanzentournee“ verkauft werden.

Die Body-Mass-Regel

Vor dieser Saison ist die Body-Mass-Regel für die Skispringer von 20,0 auf 20,5 erhöht worden. Dieser Wert soll dem Trend zu untergewichtigen Athleten entgegenwirken. Die Regel hat zur Folge, dass die Skispringer mehr wiegen müssen, um nicht mit einer Verkürzung ihrer Skilängen und damit einer geringeren Auftriebsfläche bestraft zu werden. Walter Hofer ist zufrieden mit dem neuen Wert. „Der Weltcup hat gezeigt, dass keiner davonfliegt“, sagt der Fis-Renndirektor, „aber der Effekt könnte von den Athleten kompensiert werden.“ Dann nämlich, wenn sie das Bindungssystem und damit ihre Aerodynamik weiter verbessern. Sollte sich der neue Wert im weiteren Saisonverlauf als wirkungslos erweisen, könnte er in der kommenden Saison erneut angehoben werden. Walter Hofer sagt: „Der Athlet ist uns maximal eine Saison voraus.“

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