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Schon acht Saisontore für Trimmel und Co.: Der 1. FC Union setzt auf stürmische Außenverteidiger
In den ersten drei Jahren unter Urs Fischer erzielten Unions Außenverteidiger nur zwei Tore, in dieser Saison sind es schon acht. Zufall ist das nicht.
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Die herausragende Entwicklung des 1. FC Union in den vergangenen Jahren wird gemeinhin vor allem der großen Kontinuität zugeschrieben. Die Vereinsführung ist schon ewig dabei, Manager sowie Trainer mittlerweile auch schon im vierten Jahr und dem Team werden losgelöst von den wechselnden Interpreten gewisse Eigenschaften zugesprochen: Union ist kompakt, solide, fleißig, eklig, oft auch clever und effizient. Die Bedeutung der Köpenicker Kontinuität ist sicherlich enorm, doch nur in Kombination mit einer anderen Facette lässt sich der Erfolg ansatzweise erklären.
Denn während die „Grundtugenden“, wie sie Urs Fischer nennt, seit Jahren dieselben sind, ist drumherum viel im Wandel. Der Fußball von Union hat sich kontinuierlich verändert; die Wege, über die das Team zu Toren kommt, sind heute deutlich andere als noch vor dreieinhalb Jahren.
Am deutlichsten ist das in dieser Saison an den Außenverteidigern zu erkennen. Vor dem Auswärtsspiel an diesem Sonntag bei Eintracht Frankfurt (15.30 Uhr, Dazn) stehen für sie bereits acht Treffer zu Buche – und damit nach nur 21 Pflichtspielen schon viermal so viele wie in den drei kompletten Spielzeiten zuvor. „Das gehört auch ein bisschen zu einer Entwicklung“, sagt der Schweizer Trainer. „Unsere beiden Außenspieler sollen diese weiten Wege machen, um in Situationen zu kommen, in denen sie gefährlich werden können. In einer Fünferkette ist das fast ein Muss.“
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Christopher Trimmel hat in dieser Saison bereits zwei Mal getroffen, Niko Gießelmann und Julian Ryerson sind sogar schon drei Tore gelungen. Einzig der polnische Neuzugang Tymoteusz Puchacz wartet noch auf ein persönliches Erfolgserlebnis, hat bisher allerdings auch am wenigsten gespielt. Zu den acht Treffern kommen für die vier stürmischen Außenverteidiger auch noch acht Vorlagen.
Nun ist es keineswegs so, dass Unions Außenbahnspieler in den vergangenen Jahren keinen Einfluss auf das Offensivspiel gehabt hätten. In der vergangenen Saison gelangen ihnen 18 Vorlagen, im ersten Bundesliga-Jahr 16 und in der Zweiten Liga immerhin elf. Darunter waren sehr viele Standards von Trimmel, doch gerade der jetzige Frankfurter Christopher Lenz sorgte mit seinen Vorstößen auch aus dem Spiel für Gefahr. Ein direktes Duell der beiden wird es am Sonntag jedoch nicht geben, Lenz fehlt schon seit September wegen muskulärer Beschwerden. Vom Abgang des gebürtigen Berliners hat vor allem Gießelmann profitiert, der nach einem unauffälligen ersten Jahr bei Union mittlerweile unumstritten ist. Mit sieben Torbeteiligungen gehört er zu den gefährlichsten Außenverteidigern Europas.

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Schaut man sich die Entstehung der Berliner Treffer genauer an, ergibt sich ein Muster. Bei einer Flanke sprintet der Außenbahnspieler von der ballfernen Seite in den Strafraum und kommt dort entweder per Kopf zum Abschluss – wie Ryerson am Donnerstag in Haifa – oder mit einem Schuss aus dem Rückraum – wie Trimmel nach Flanke von Gießelmann im Derby. „
Diese Entschlossenheit macht dich gefährlich. Das ist für den Gegner nicht einfach zu verteidigen, weil du Spieler im Rücken hast“, erklärt Fischer. Während sich die Defensive auf die tornahen Spieler fokussiert, also die Stürmer oder die aus dem Zentrum nachrückenden Mittelfeldakteure, gibt es für den ballfernen Außenverteidiger oft keine richtige Zuordnung. Das führt zu vergleichsweise ungestörten – und dementsprechend erfolgreichen – Abschlüssen.
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In den vergangenen Jahren kam Union meist gar nicht erst in solche Situationen. Denn es erfordert viel Mut, mit beiden Außenverteidigern gleichzeitig ins Angriffsdrittel zu gehen. Zwar hat man bei Unions bevorzugter Taktik mit drei Innenverteidigern immer noch eine recht gute Absicherung in der letzten Reihe, gerade gegen schnelle Mannschaften wie den kommenden Gegner Frankfurt ist dennoch ein gewisses Risiko vorhanden. Denn die Außenbahnen sind dann weitgehend verwaist, die Räume groß – und das wissen Spieler wie Frankfurts Filip Kostic zu nutzen.
Für Unions Außenbahnspieler, am Sonntag werden vermutlich Gießelmann und Trimmel zum Einsatz kommen, bedeutet die offensivere Interpretation ihrer Rollen neben mehr Abschlussmöglichkeiten vor allem eine enorme läuferische Belastung. Im Gegensatz zu einem System mit Viererkette und offensiven Außenspielern müssen die Berliner praktisch die gesamten Flügel abdecken. Nicht umsonst war vor diesem Spieltag in der Bundesliga nur Arminia Bielefelds Manuel Prietl mehr gelaufen als Gießelmann. „Das sind weite Wege und die tun weh. Aber die Jungs setzen das sehr gut um“, sagt Fischer.
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