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Oft auf Reisen. Bernd Paul hat schon fast 250 Auswärtsspiele gesehen.

© Martin Einsiedler

Volleyball: Der angenehm verrückte Fan der BR Volleys

Bernd Paul ist der treueste Fan der BR Volleys. Der Mann scheut keine Kosten und Anstrengungen, um das Team zu begleiten.

Viele Wege führen nach Friedrichshafen. Bernd Paul kennt sie alle. Flug bis Stuttgart, dann mit dem Mietwagen, aber das kann schiefgehen wegen des Verkehrs auf der Autobahn. Flug bis Zürich, weiter nach Romanshorn und mit der Fähre rüber. Schön, aber zeitintensiv. Also Flug bis Friedrichshafen mit Umstieg in Frankfurt am Main. Diese Variante hat Paul nach einiger Tüftelei gebucht. Es hätte noch eine Möglichkeit gegeben: Auf das erste Finalspiel der BR Volleys am Donnerstag beim VfB Friedrichshafen (20 Uhr, live bei sportdeutschland.tv) zu verzichten. Die kam für Paul natürlich nicht infrage. Er und vier andere Fans werden die kleine Berliner Abordnung auf den Rängen bilden.

Friedrichshafen, am Bodensee gelegen, knapp 60 000 Einwohner. „Die Stadt selbst ist nicht so der Bringer“, sagt Paul, „aber drumherum ist es herrlich.“ Er muss es wissen. Paul reist zum 38. Mal nach Friedrichshafen. Immer für die BR Volleys, beziehungsweise den SC Charlottenburg, wie der Klub bis 2011 hieß. Er hat Fahrten dorthin schon für längere Urlaube mit seiner Frau Astrid in der Umgebung genutzt. Konstanz, Lindau, Bregenz, „alles ganz tolle Orte“, findet der 64-Jährige. Doch diesmal geht es ausschließlich um die deutsche Volleyball-Meisterschaft. „Friedrichshafen ist wohl zu stark“, sagt Paul, „ich glaube nicht, dass es möglich ist, sie dreimal zu schlagen.“ Pause. „Aber natürlich hoffe ich drauf. Sonst müsste ich nicht hinfahren.“

Volleys-Manager Kaweh Niroomand und Paul kommen beide aus der IT-Branche, haben einige Jahre in derselben Firma gearbeitet. „Schau doch mal bei einem Heimspiel vorbei“, sagte Niroomand immer wieder. Es klappte nie. Bis Paul vor knapp 20 Jahren die Zeitung aufschlug, die Ansetzung des SCC sah und endlich erstmals ein Spiel in der Sporthalle Charlottenburg besuchte. Er kannte Volleyball aus der Schule: Wiederholung bei Netzaufschlägen, nur der Aufschläger konnte punkten – mäßig spannend. Doch die Regeln hatten sich geändert. Es war schnell und spektakulär. „Den Gegner habe ich vergessen“, aber die Sportart hatte ihn gepackt.

Paul wuchs schnell in die kleine SCC-Familie rein, stellte Speisen und Getränke im Vip-Raum zur Verfügung, einem schlauchartigen Gang am Kopfende der Halle. Bis heute ist er mit einer nicht unerheblichen Summe als Sponsor tätig. Früher kamen zu den wichtigsten Spielen 2000 Zuschauer nach Charlottenburg, heute sind selten weniger als 3000 in der Max-Schmeling-Halle. Paul hat immer noch einen guten Kontakt zu den Spielern. Den aktuellen und denen von früher. Marco Liefke beispielsweise oder Sebastian Prüsener, die ihre Titel mit dem SC Charlottenburg vor bald 15 Jahren gewannen. Auch mit dem aktuellen Trainer Stelian Moculescu hat er sich über die Jahre nach Spielen stets gern unterhalten – als dieser noch in Friedrichshafen war und sich wohl niemand ein Engagement in Berlin vorstellen konnte.

Paul war mit dem Klub in 15 Ländern

In der Bundesliga ist Paul oft auswärts dabei, im Europapokal immer. Er war mit dem Klub in 15 Ländern. Einen „angenehm Verrückten“, nennt ihn der frühere Geschäftsführer Günter Trotz, der häufig mit Paul in Sachen BR Volleys unterwegs ist. Mehr als einmal stand Paul auch schon allein im Gästeblock hinter der Fahne des Fanklubs „7. Mann on Tour“. Für ein Spiel in Budvar hatten er und einige Mitstreiter einen Privatjet gemietet, sonst wäre die Anreise nach Montenegro zu kompliziert gewesen. Wenn sich die Zahl seiner Auswärtsspiele mal wieder rundet, gibt es Präsente vom Verein. Momentan steht er bei 245. Gewinnen die Volleys etwas Wichtiges, wird für den treuesten Fan eine Medaille angefertigt.

In seinem Haus in Staaken dreht sich im „Fankeller“, wie Paul es nennt, alles um die Volleys. Das große Sofa ist eingerahmt von zwei Schmuckstücken der Sammlung: ein Ankündigungsplakat für das Finalturnier der Champions League 2015 in Berlin mit Unterschriften aller Spieler der vier teilnehmenden Mannschaften. Und ein großes Bild, das alle Mitglieder des Volleys-Kaders 2015/16 signiert haben, als der Klub drei Titel holte. Unter anderem den CEV-Pokal, auswärts bei Ugra Surgut in Sibirien. Mit dabei – Bernd Paul.

Auf der Webseite des Fanklubs gibt es eine Rubrik für Maskottchen Charly. Fans haben den Plüsch-Charly überall fotografiert. In Storkow, in Australien, in Indonesien. Viele Bilder sind von Paul. Dazu ein Hinweis, wie viele Kilometer das Maskottchen insgesamt zurückgelegt hat. Momentan sind es 248 274. „Wir wollen Charly ins Guinness-Buch der Rekorde bringen“, sagt Paul.

Sein Stammplatz in der Max-Schmeling-Halle ist in Block D. Paul trägt stets eine Jogginghose, dazu Schal, Cap und Trikot. „Das ist mein Ritual“, sagt er. In der Bundesliga-Hauptrunde ist der Platz einige Male frei geblieben. „Ich musste ein paar Heimspiele schwänzen“, sagt Paul und fügt lachend an: „Irgendwie entspreche ich dem Klischee eines Rentners. Ich habe zu wenig Zeit.“ Auch der Sommer, die Zeit nach den Play-offs, ist schon durchgeplant. Verwandtschaft aus Australien schaut vorbei. Paul geht mit dem Besuch auf Reisen. Erster Programmpunkt: ein Zeppelinflug. In Friedrichshafen.

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