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Doppelschicht. Parallel zum Auftakt der Frauen-WM sind auch diverse Männer-Nationalteams im Einsatz.

© dpa

Kolumne Tour de France: Der fiese große Bruder

Fifa und Uefa sorgen für eine ärgerliche Terminkollision. Die Frauen müssen sich zum Auftakt die Aufmerksamkeit mit den Männern teilen. Eine Kolumne.

Stellen Sie sich vor, Sie planen Ihre Geburtstagsfeier. Sie wollen Ihre besten Freundinnen und Freunde einladen und einmal im Jahr im Mittelpunkt stehen. Doch Sie haben noch einen großen Bruder. Der ist gar nicht so viel älter, zwei oder drei Jahre vielleicht, und der hat den selben Freundeskreis wie Sie. Und als Sie schon alle Ihre gemeinsamen Freunde eingeladen haben, entscheidet sich Ihr großer Bruder, am selben Tag wie Sie eine eigene kleine Feier zu machen. Nichts Großes, ein gemeinsames Biertrinken. Und irgendwie finden die Freunde Ihren Bruder cooler, also gehen sie zu seiner Feier. Zu Ihrer Geburtstagsfeier kommen nur Ihre Großeltern.

Ein bisschen so müssen sich die Fußballspielerinnen vorkommen, die bei der Weltmeisterschaft in Frankreich dabei sind. Denn das Turnier der Frauen beginnt an diesem Wochenende. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, dass Frauenfußball im Fokus der Öffentlichkeit steht. Und was machen die Männer? Die tragen am selben Wochenende die Qualifikationsspiele für ihre Europameisterschaft 2020 aus. Teilweise finden Spiele zeitgleich statt. Und somit müssen sich die Frauen sofort zu Beginn die seltene Aufmerksamkeit mit den Männern teilen.

Es ist ein bisschen verwirrend: Am Samstagnachmittag spielt ab 15 Uhr die deutsche Nationalmannschaft der Frauen ihr WM-Auftaktspiel gegen China. Um 20:45 Uhr ist Anpfiff bei der deutschen Nationalmannschaft der Männer, die in der Qualifikation auf Weißrussland trifft. Es hätte sogar noch irrer kommen können: Ursprünglich war das Spiel der Frauen auf 21 Uhr angesetzt – also parallel zu dem Spiel der Männer. Die deutschen Fans hätten also hin und her schalten müssen, wenn sie sich für beide Mannschaften interessieren würden.

Doch China verhinderte diese ungünstige Terminkollision: 21 Uhr europäischer Zeit ist in China drei Uhr morgens. Und weil der Fußballweltverband Fifa großes Interesse daran hat, den asiatischen Markt optimal zu bespielen, wurde das Spiel der Frauennationalmannschaften auf den Nachmittag vorverlegt. Und so finden parallel zum ersten WM-Spiel der deutschen Frauen nur die EM-Qualifikationsspiele der Männer zwischen Kroatien und Wales sowie zwischen Island und Albanien statt. Das ist wirklich keine Konkurrenz. Danke, China!

Spanien zeigt, dass es anders geht

Trotzdem ist es äußerst unglücklich, dass die deutsche Frauennationalmannschaft am Samstag nicht alleine im Mittelpunkt stehen wird. Schuld daran sind die merkwürdigen – oder fehlenden – Absprachen zwischen der Fifa und dem europäischen Fußballverband Uefa.

Dass es auch anders geht, zeigte der spanische Ligaverband LFP im Mai. Das Champions-League-Finale der Frauen zwischen dem FC Barcelona und Olympique Lyon war samstags auf 18 Uhr terminiert, der letzte Liga-Spieltag der Männer am selben Tag auf 18:30 Uhr. Spontan verlegte der Verband die Anstoßzeit in der Primera División auf 20 Uhr, sodass alle Fußballfans erst das Finale der Frauen und dann die Spiele der Männer gucken konnten. Große Brüder können eben auch ganz lieb sein – wenn sie nur wollen.

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