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Sport: Der Hamburger Makel

Kuriose Lizenzierung in der Handball-Bundesliga

Köln - Die Angelegenheit vom Mai ist pikant und könnte den Verantwortlichen der Handball-Bundesliga (HBL) noch einige unangenehme Fragen bescheren. Uwe Schwenker, Manager vom THW Kiel, hat zum Beispiel erhebliche Zweifel, „dass hier sauber gearbeitet wurde“. Viele seiner Kollegen denken ähnlich. Thorsten Storm von der SG Flensburg oder Georg Ballmann vom TV Großwallstadt werten die Fakten, die jetzt auftauchten, sogar als Wettbewerbsverzerrung.

Im Mittelpunkt der Affäre steht der HSV Hamburg, der sich seit langem in wirtschaftlicher Not befindet. Dem Großstadtklub wurde Ende Mai von der Handball-Bundesliga vorläufig die Lizenz erteilt – obwohl, wie erst jetzt bekannt wird, gleichzeitig ein Insolvenzantrag gegen den Verein vorlag. Einer der Liga-Verantwortlichen, die den Hamburger Handballern damals trotzdem die Lizenz erteilten, hat jetzt einen neuen Job. Der vormalige Ligachef Heinz Jacobsen ließ sich im August zum Präsidenten wählen – beim HSV Hamburg.

Das veranlasst natürlich zu der Spekulation, Jacobsen habe beim Lizenzierungsverfahren für den HSV mehr als ein Auge zugedrückt. „Wie Jacobsen sich verhalten hat, ist unmöglich“, findet Fynn Holpert, der Manager des TBV Lemgo, „das ist mit einem Makel behaftet.“ Der ehemalige Liga-Chef sagt allerdings, dass er zum Zeitpunkt der Lizenzerteilung nichts von dem Insolvenzantrag gewusst habe. „Davon habe ich erst am Mittwoch erfahren“, sagt der vormalige Präsident der Handball-Bundesliga.

Fünf Tage vorher, am 21. Mai, ist der Insolvenzantrag nachweislich vom Kölner Rechtsanwalt Hans-Helmut Schäfer gestellt worden und an die Dortmunder Geschäftsstelle der Handball-Bundesliga zur Kenntnis gefaxt worden. Der Sozius des ehemaligen Handballtorwarts und Rechtsanwalts Andreas Thiel, der drei ehemalige Spieler des Hamburger Vereins vertritt, hatte Pfändungsbeschlüsse und Zahlungsverbote gegen den Träger des HSV, die Omni Sport GmbH, und seine Sponsoren erwirkt. Diese Titel sind laut Thiel „mehrfach erfolglos vollstreckt worden“. Daher stellte man Insolvenzantrag.

Vier Tage später traf sich der HBL-Vorstand vor dem All-Star-Game in Braunschweig und vergab die Lizenzen für die Saison 2004/05 – doch in dieser Sitzung kam, laut Frank Bohmann und dem Ligachef Heinz Jacobsen, der Insolvenzantrag nicht zur Sprache.

HBL-Geschäftsführer Bohmann hält nun unterschiedliche Versionen dafür parat, warum der Vorstand nichts von dem Fax des Rechtsanwaltes gewusst habe. Die gegenüber der Presse autorisierte Fassung lautet: „Ich habe es vermasselt, das Fax rechtzeitig dem Vorstand zur Kenntnis zu geben.“ Bohmann aber findet das Fax im Rückblick ohnehin nicht so wichtig. „Das war aus meiner Sicht haltlos“, sagt er, denn „das Fax war nicht unterzeichnet und lag nicht beim Amtsgericht vor.“ Das habe er am Freitag, dem 28. Mai, beim zuständigen Amtsgericht in Hamburg überprüft.

So genau haben die Liga-Bosse wohl nicht nachrecherchiert. Die Aktenzeichen des Vorgangs lassen sich noch genau rekonstruieren. Sie lauten: 67e IN 154/04 und 67e IN 158/04. Insider haben den Eindruck, dass Bohmann und Jacobsen den Vorgang offenbar nicht gerne aufklären wollen. Dabei soll in Hamburg nicht nur ein Insolvenzantrag vorgelegen haben, wie ein Spielerberater weiß. HBL-Vorstand Manfred Werner sagt, dass wenn der Antrag vorgelegen hätte, andere Reaktionen erfolgt wären. „Vom Punktabzug bis hin zur Verweigerung der Lizenz.“

Der Insolvenzantrag wurde am Mittwoch, 25. Mai, von Schäfer zurückgezogen, nachdem ein Unterhändler Zahlungen avisiert hatte. Doch der HSV hat „die Vereinbarungen trotzdem nicht eingehalten“, erklärt Andreas Thiel. Tatsache ist, dass die Hamburger Handballer, denen damals Zahlungsverbindlichkeiten in Höhe von zwei Millionen Euro nachgesagt wurden, die Lizenz am 25. Juni endgültig bekam. Und das, obwohl der HSV nicht alle ausstehenden Gehälter beglichen hatte, was zur Auflage gehört haben soll.

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