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Sport: Der liebe Bundestrainer

Jupp Derwall wird heute 80 Jahre alt

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St. Ingbert - Mit seinem Silberhaar sieht Jupp Derwall nicht aus wie ein alter Herr, der an diesem Samstag 80 Jahre alt wird. Eher zehn Jahre jünger. Derwall war der erste Bundestrainer, der vorzeitig aus dem Amt schied. Das war 1984 nach dem frühen Ausscheiden des Titelverteidigers bei der Europameisterschaft in Frankreich. „Derwall raus“ forderten in Paris die deutschen Fans. Die Medien schlossen sich an. Ihm folgte Franz Beckenbauer. „Gott, der Franz ist so eine Lichtgestalt. Der steht da oben. Da kommst du nicht dran vorbei“, hat Derwall einmal rückblickend erzählt.

Seine Erfolge mit der Nationalmannschaft kann ihm niemand absprechen: die einzigartige Serie von 23 Länderspielen ohne Niederlage seit dem Amtsantritt 1978. Der Europameister-Titel 1980 in Rom, gekrönt mit dem 2:1 im Finale gegen Belgien – unter Regie des genialen Bernd Schuster und durch zwei Tore seines Lieblingsspielers Horst Hrubesch. Der zweite WM-Platz 1982, auch wenn der Weg ins Finale von Madrid über skandalöse Eskapaden und die „Schande von Gijon“, dem fußballerischen Nichtangriffspakt mit Österreich, führte. Dem lieben Menschen Derwall, der alle in seiner Umgebung als liebe Menschen behandelte, wurde ein „selbstzerstörerisches Harmoniebedürfnis“ vorgeworfen.

Er floh in die Arbeit, nach Istanbul, und führte Galatasaray nach 17 Jahren wieder zum Meistertitel. Die Türken lernten Derwall lieben: geradlinig, ehrlich, aufrecht. Mit dem deutschen Fußball hat er sich später wieder versöhnt. Heute ist er Kolumnist und Rentner. Manchmal spielt er mit Franz Beckenbauer eine Runde Golf.

Hartmut Scherzer

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