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Sport: Der Osten spielt vor

Im Jahr 1961 schrieb Friedrich Dürrenmatt „Die Physiker“. Eine Groteske über drei verrückte Wissenschaftler vor dem Hintergrund des Kalten Krieges.

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Im Jahr 1961 schrieb Friedrich Dürrenmatt „Die Physiker“. Eine Groteske über drei verrückte Wissenschaftler vor dem Hintergrund des Kalten Krieges. Wahrscheinlich ist das Büchlein öfter gelesen worden als alle deutschen Physikbücher zusammen. Dürrenmatt zieht sogar, wenn Physik draufsteht.

Wolfhard Janke ist Physiker, er leitet die Abteilung Computerorientierte Quantenfeldtheorie an der Universität Leipzig. Das bringt einen natürlichen Rechtfertigungsdruck mit sich. Wer weiß schon außerhalb der Abteilung Computerorientierte Quantenfeldtheorie, wozu dieselbe gut ist und warum die Allgemeinheit dafür Geld ausgibt. Zwecks Sensibilisierung der Öffentlichkeit haben die Leipziger ein Buch geschrieben. Aber diesmal durfte nichts mit Physik auf dem Deckel stehen.

Fußball geht bekanntlich immer – und Ost gegen West erst recht. Also haben die Forscher in einer Studie 20 000 Erstligaspiele in DDR und Bundesrepublik ausgewertet. Dabei kam heraus, dass die Ost-Mannschaften viel mehr Spaß am Spiel hatten als der Klassenfeind. Sie stürmten auch bei einer Führung munter weiter, während die Kollegen im Westen im selben Fall ganz unromantisch auf Ergebnissicherung setzten. Die Leipziger Forscher erklären das mit Professionalität im Westen und Unbekümmertheit im Osten, wo Auf- und Abstieg eher egal waren, die Privilegien blieben ja erhalten. An dieser Geisteshaltung ist die DDR bekanntlich zugrunde gegangen. Neu ist, dass es Freude und Leidenschaft waren, die den Staat in den Ruin trieben. Schöner Stoff für eine Groteske. Schade, dass Dürrenmatt kein Fußballfan war.

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