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Sport: Der Unkomplizierte

Weltmeister Eberharter fällt durch Bescheidenheit auf

Es waren 28 Videokassetten. Auf jeder waren Ski-Rennen von Stephan Eberharter aufgezeichnet. Es müssen insgesamt ein paar hundert Wettkämpfe gewesen sein. Ein Fan des österreichischen Skistars muss nahezu alle sportlichen Fernsehauftritte des Rennläufers gespeichert haben. Und nun stand er da mit diesen 28 Kassetten, der Fan, bei dieser Autogrammstunde von Eberharter in St. Pölten. Er streckte sie seinem Idol entgegen, und er bat mit belegter Stimme, Eberharter möge doch bitte auf jeder Kassette unterschreiben. 28 Mal „Eberharter“. Das Idol unterschrieb, 28 Mal, ohne mit der Wimper zu zucken.

Diese Szene, zwei Jahre her, sagt einiges über Stephan Eberharter aus Stumm im Zillertal aus. Er hätte ja auch theatralisch die Augen verdrehen oder sich anders inszenieren können, er hätte auch einfach den Stapel mürrisch wegschieben können, aber Eberharter unterschrieb lächelnd und stumm. „Er ist sehr bescheiden und sehr zurückhaltend“, sagt der österreichische Journalist Josef Metzger, der den Super-G-Weltmeister von 2003 gut kennt. Metzger weiß nicht mal, ob Eberharter eine Frau oder eine Freundin hat. „Er ist der Typ Lieblingsschwiegersohn, normal, bodenständig, pflegeleicht“, sagt Thomas Böck von der Versicherung Uniqua, Eberharters Hauptsponsor. „Deshalb“, sagt Böck auch noch, „haben wir ihn ja auch unter Vertrag.“

Eberharter ist ein sehr guter Golfspieler, Handicap acht. Aber im Kreis von österreichischen Sportlern sagt er nur: „Ich spiele ein bisschen Golf.“ Mehr, erzählte der österreichische Spitzenrodler Markus Prock, wäre ihm wohl peinlich.

Natürlich liegt diese Zurückhaltrung auch an Eberharters Herkunft. Die Eltern haben eine kleine Pension, und sie sind wie ihr Sohn. Zurückhaltend, bodenständig. Und zu Hause wird auch nie übers Skifahren geredet, dort geht es, wenn’s um Sport geht, immer nur um Golf. Der Marketing-Experte Böck hat die Familie mal besucht, „das war sehr angenehm“. Der prominente Sohn kommt im Sommer zum Abendessen oder zum Kaffee in die Pension, die Gäste wollen ihn ja sehen, er redet dann auch mit ihnen, aber wenn ihm alles zu viel wird, geht er nach Hause. Ins Nachbardorf, dort besitzt er eine 80-qm-Eigentumswohnung. „Das ist sein einziger Luxus“, sagt Böck.

Aber da gibt es auch noch die Schulterklopfer, die haben Eberharter auch vieles beigebracht. Die haben ihm beigebracht, sich noch mehr zurückziehen. 1991, als der Rennläufer Doppel-Weltmeister wurde, kamen sie, und sie zogen mächtige Schleimspuren. Als Eberharter dann jahrelang in der Versenkung verschwunden war, zählte er seine Kumpel durch. Es blieben nicht viele, und das hielt ihn noch mehr auf dem Boden. 2002 wurde er Olympiasieger, und wieder kamen die ganzen Gratulanten. Eberharter starrte sie nur an. Er sagte sinngemäß immer das Gleiche, nur der Tonfall änderte sich, je nachdem, ob er echte oder falsche Freunde sah. „Bleibt auf dem Boden, sonst rede ich kein Wort mehr mit euch.“

So etwas gefällt Thomas Böck, dem PR-Experten. Eberharter macht nie Schwierigkeiten. Notfalls beantwortet der 34-Jährige Fragen auch in fließendem Englisch. Böcks Unternehmen veranstaltete mal ein Gewinnspiel, Hauptgewinn: ein Tag mit Eberharter. Eine 30-jährige Frau gewann, und sie muss von dem österreichischen Skistar mächtig beeindruckt gewesen sein. „Die Frau“, sagt Böck, „ruft noch immer regelmäßig an und schwärmt von diesem Tag.“ Gewonnen hatte sie vor drei Jahren.

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