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Sport: Der zweite König

Fernando Alonso macht die Formel 1 in Spanien populär – wie man in Barcelona sehen kann

Nur wegen ihm ist der spanische Grand Prix schon seit Wochen ausverkauft. Und deshalb werden am Sonntag auf dem „Circuit de Catalunya“ bei Barcelona 115000 Zuschauer vor allem blau-gelbe Flaggen schwenken: Nicht das Rot-Gelb von Spanien, sondern Blau-Gelb, die Farben von Renault, dem Team des neuen Superstars der Formel 1, Fernando Alonso. Und die Farben seiner Heimatprovinz Asturien – Alonso kommt aus Oviedo, im Nord-Westen der iberischen Halbinsel gelegen. Und er sagt: „Es ist unglaublich motivierend für mich, wenn ich im Auto sitze und überall diese blauen Fahnen sehe, nicht das sonst übliche Ferrari-Rot.“

Alonsos Siege, seine deutliche WM-Führung, haben die Formel 1 nicht nur in Asturien, sondern in ganz Spanien populär gemacht. Dort, wo Motorsport früher immer nur Motorradsport war, ist es jetzt anscheinend schick, zur Formel 1 zu pilgern. Vor allem natürlich für Menschen aus Oviedo – schätzungsweise 10000 Fans sollen nach Barcelona gekommen sein. Aber selbst aus Südspanien, aus Andalusien, reisen die neuen Anhänger an, um Alonso zu sehen.

Jahrelang gab es in Spanien so gut wie keine Werbung für die Formel 1. Jetzt sind nicht nur die riesigen Plakate von Renault zu sehen, flächendeckend, sondern auch Utensilien vieler anderer Teams. Hinzu kommt der mediale Werbezug Alonsos im Fernsehen, in den Radios und auf den Titelseiten aller Zeitungen. Für Spanien ist das eine Art Kulturrevolution. Alonso hier, Alonso da. Bereits am so genannten Tag der offenen Tür, am Donnerstag, zogen die Fans durch die Boxengasse mit lauten „Alonso-, Alonso“-Sprechchören. Fans versuchten verbissen, ihn einmal live zu sehen oder gar eines der heiß begehrten Autogramme zu ergattern.

Der 23-Jährige hat sich entsprechend vorbereitet, entgegen sonstiger Gepflogenheiten ist er erst spät, am Mittwoch nämlich, in Barcelona angereist. Aus Oxford, seinem Lebensmittelpunkt. Er versucht, äußerlich gelassen zu bleiben und sich nicht anstecken zu lassen von der Euphorie. Er geht dem Trubel aus dem Weg, „auch wenn ich es vermisse, mit meinen alten Schulfreunden wegzugehen, einfach so, ganz normal, aber das ist für mich in Spanien nicht mehr möglich“.

Frei bewegen kann er sich hier nicht mehr. Selbst das Haus seiner Eltern wird ständig von Fans und Fotografen belagert, auch wenn es nur Gerüchte sind, die besagen, er sei jetzt gerade dort. Alonso passt das alles nicht. Er formuliert einen frommen Wunsch: „Diese Art von Fans will ich nicht. Ich möchte immer noch meine Ruhe haben können.“ Auch bei der spanischen Presse, die sich in letzter Zeit auffällig intensiv mit seinem Privatleben beschäftigte, biedert er sich mit seinen Aussagen nicht gerade an. Im Gegenteil: „Wir haben in Spanien grundsätzlich wohl eine ziemlich miese Qualität in den Medien“, verkündete er mutig. Das kam nicht gerade gut an.

Der allgemeinen Begeisterung tat das aber keinen Abbruch. Und Alonso hat bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass er am Image des braven Jungen wenig Interesse zeigt. Dem treuen Anhänger des Fußball-Klubs Real Madrid und glühendem Fan des einstigen Radsportidols Miguel Indurain ist in erster Linie am Erfolg gelegen. Ist der einmal gesichert, weiß Alonso, gibt es auch keine kritischen Stimmen mehr. Das Wichtigste sei, dass er seine Arbeit ordentlich mache, „nur dann kann ich den Leuten das geben, was sie haben wollen: einen Sieg. Das müssen sie doch verstehen.“

Tun die meisten Spanier ja auch, schließlich ist selbst König Juan Carlos mittlerweile ein Anhänger der Formel 1 – und Alonsos größter Fan. Der König hat schon mehrfach telefonisch zu Alonsos Erfolgen gratuliert. Jetzt ist der Rennfahrer dabei, in punkto Popularität zum König aufzuschließen und eine Art zweiter König zu werden. In einem Vorort von Madrid wurde sogar schon eine Straße nach ihm benannt. Wenn er am Ende der Saison wirklich der jüngste Weltmeister aller Zeiten sein sollte, werden sicher weitere folgen.

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