zum Hauptinhalt
Die Vorbereitung lief für das junge deutsche Team nicht nach Plan.

© IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS

Deutsche Basketballerinnen vor der EM: Zwischen Medaillenhoffnung und Wachstumsschmerzen

Am Donnerstag startet die deutsche Basketball-Nationalmannschaft in Hamburg in die Europameisterschaft. Die Hoffnungen sind nach zwei starken Jahren groß, die Probleme allerdings auch.

Stand:

Der deutsche Sport hat keine sonderlich guten Erfahrungen gemacht mit im Moment des Triumphs geäußerten Visionen. Franz Beckenbauer prophezeite 1990 unmittelbar nach dem Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft, dass „die deutsche Mannschaft über Jahre hinaus nicht zu besiegen sein wird“. Es dauerte 24 Jahre, bis der DFB erneut eine WM gewann.

Der deutsche Basketball hat einmal einen ähnlichen Moment erlebt, wenn auch deutlich weniger öffentlichkeitswirksam. 1997 holte die deutsche Nationalmannschaft der Frauen um die überragende Marlies Askamp bei der Europameisterschaft sensationell Bronze und Verbandspräsident Roland Geggus ließ sich zu einer euphorischen Aussage hinreißen.

„Es ist grandios, so weit gekommen zu sein. Wir haben die Mannschaft der Zukunft gesehen, die beste Werbung für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Deutschland betrieben hat.“ Bei der folgenden Heim-WM landete die DBB-Auswahl auf Rang elf, auf eine weitere Medaille warten die deutschen Hallenbasketballerinnen bis heute.

Die Kanadierin Lisa Thomaidis ist seit 2023 Bundestrainerin.

© dpa/Uwe Anspach

An diesem Mittwoch beginnt die Europameisterschaft mit Vorrunden in Hamburg, Bologna, Brünn und Piräus. Die Endrunde wird in der griechischen Hafenstadt ausgetragen. Das deutsche Team absolviert seine drei Gruppenspiele in der Inselpark Arena im Süden Hamburgs. Los geht es am Donnerstag (20 Uhr, Magentasport) gegen Schweden.

Angesichts der recht erfolglosen Vergangenheit klingt die Zielsetzung der DBB-Auswahl ziemlich forsch. „Unser Ziel ist eine Medaille, das wäre ein großer Schritt für uns“, sagte Bundestrainerin Lisa Thomaidis der dpa. Doch dieser Ehrgeiz ist trotz einiger Probleme nicht unbegründet.

Nach einer langen Durststrecke erlebt der deutsche Basketball aktuell seine beste Phase. Das gilt definitiv für die Männer mit EM-Bronze, WM-Titel und sieben Profis in der NBA, wahrscheinlich aber auch für die Frauen.

2023 wollten wir nur zeigen, dass wir zu Recht im Turnier stehen. Dann ist alles explodiert. Das Wachstum dieses Teams ist gewaltig.

Lisa Thomaidis, Bundestrainerin

2023 hat das deutsche Team zum ersten Mal nach zwölf Jahren Abstinenz an der EM teilgenommen und wurde überraschend Sechster. Es folgte die historische Qualifikation für Paris und die erste Olympiateilnahme. Dort schied die Mannschaft im Viertelfinale gegen den späteren Silbermedaillengewinner Frankreich aus und landete auf Rang sieben. „2023 wollten wir nur zeigen, dass wir zu Recht im Turnier stehen. Dann ist alles explodiert. Das Wachstum dieses Teams ist gewaltig“, sagte Thomaidis.

Sabally-Schwestern und Gülich fehlen

Deutschland gehört nicht zu den großen Titelfavoritinnen – das sind Frankreich, Titelverteidiger Belgien und Gruppengegner Spanien. Dahinter reiht sich das DBB-Team in die Riege der Mannschaften mit Medaillenambitionen ein.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Allerdings lief die Vorbereitung auf das Turnier alles andere als wie erhofft. Satou Sabally, die beste deutsche Basketballerin, hat ihre Teilnahme abgesagt. Im vergangenen Jahr hatte die Berlinerin das Team mit verletzter Schulter zu Olympia geworfen, verpasste anschließend aber weite Strecken der WNBA-Saison. Nach ihrem Wechsel von den Dallas Wings zu den Phoenix Mercury will sie sich erst mal auf ihre Vereinskarriere konzentrieren – und gehört in dieser frühen Phase der Saison zu den besten Spielerinnen der besten Liga der Welt.

Satou Sabally (links) und ihre Schwester Nyara fehlen bei der EM.

© IMAGO/camera4+

Vor wenigen Tagen gab es auch von ihrer jüngeren Schwester Nyara Sabally schlechte Nachrichten. Die WNBA-Meisterin von den New York Liberty klagte zuletzt über Knieprobleme und sagte deshalb für die WM ab.

Mit Kapitänin Marie Gülich fehlt eine weitere Leistungsträgerin. Die erfahrene Center-Spielerin hat sich im ersten Testspiel gegen Tschechien das Kreuzband gerissen. Im vorletzten Test gegen Belgien erwischte es auch Alina Hartmann mit einer Meniskusverletzung. „Das ist ein großer Verlust für unser Team. Jeder muss seinen Beitrag leisten, um die Lücke zu füllen“, sagte Thomaidis.

Zudem stellt der internationale Spielplan die kanadische Trainerin vor eine große Herausforderung. Da die US-Liga für die EM nicht pausiert, stoßen Leonie Fiebich (ebenfalls New York Liberty) und Rookie Luisa Geiselsöder (Dallas Wings) erst wenige Tage vor Turnierbeginn zum Team. Es bleiben nur wenige Trainingseinheiten und kein einziges Testspiel vor dem Auftakt gegen Schweden. „Das ist eine der Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, wenn unsere Spielerinnen weiterhin auf der internationalen Bühne glänzen wollen“, sagte Thomaidis.

Im Verlauf der Vorbereitung haben sich andere in den Vordergrund gespielt, insbesondere Frieda Bühner, Emily Bessoir und die erst 17-jährige Clara Bielefeld. Die Ergebnisse waren aber zum Teil ernüchternd. In vier Testspielen gab es nur einen Sieg. Das Spitzenteam aus Belgien, das die Deutschen im Auftaktspiel bei Olympia noch überraschend besiegt hatten, deklassierte die DBB-Auswahl in der vergangenen Woche gleich zweimal mit 80:45 und 97:60.

Die Gastgeberinnen müssen sich deutlich steigern, wenn der Traum von einer Medaille wahr werden soll. „Es wird spannend, zu sehen, wie wir mit dem kompletten Kader auftreten. Ich bin sehr zuversichtlich“, sagte Thomaidis und blickte auch schon etwas in die Zukunft. „Nächstes Jahr sind wir WM-Gastgeber, dafür müssen wir etwas aufbauen.“ Deutschland sei eine Sportnation, aber noch keine Basketballnation. „Wir haben eine große Chance, die nächste Generation zu inspirieren.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })