zum Hauptinhalt
Angriff im Nebel. Eric Frenzel (l.) und Johannes Rydzek (r.) arbeiteten sich im Langlauf noch in die Medaillenränge vor.

©  Reuters

Weltmeister im Timing: Deutsche Kombinierer räumen weiter ab

Johannes Rydzek und Eric Frenzel gewinnen die nächsten WM-Medaillen für die deutschen Kombinierer bei der Nordischen Ski-WM in Oslo: Diesmal Silber und Bronze.

Von Katrin Schulze

Du kommst hier nicht rein! So etwas in der Art muss der norwegische Ordner gesagt haben, als der junge Mann neulich um Einlass bat in eine der Prominenz vorbehaltenen Zone. Der Sicherheitsmann hatte ja keine Ahnung, wer da vor ihm stand – jedenfalls solange nicht, bis ein Kollege ihn auf die doch nicht ganz so unprominente Person aufmerksam machte. Vor der Pforte stand Eric Frenzel, immerhin Kombinationsweltmeister von Oslo. Im Prinzip ist es dem armen Ordnungshüter, der sich mit hochrotem Kopf noch ein paar Mal für seinen Fauxpas entschuldigte, gar nicht zu verübeln, dass ihm das Gesicht von Frenzel nicht geläufig war. So oft ist der 22 Jahre alte Deutsche vor seinen Triumphen am Holmenkollen nun auch noch nicht in Erscheinung getreten. Wie die komplette deutsche Mannschaft, der kein Weltcup-Erfolg gelungen ist – und dann kam Oslo.

Am Mittwoch setzten die deutschen Kombinierer bei der nordischen Ski-Weltmeisterschaft ihre Erfolge fort. Beim Sieg des Franzosen Jason Lamy Chappuis liefen Johannes Rydzek zu Silber und Eric Frenzel zu Bronze. Es waren die Medaillen vier und fünf für die deutschen Kombinierer bei dieser WM. „Ich bin natürlich hochzufrieden mit zwei Medaillen“, sagte Bundestrainer Hermann Weinbuch. Besonders der 22 Jahre alte Frenzel erwies sich als Erfolgsgarant, er besitzt nach Gold und Bronze im Einzel und Silber im Team einen kompletten Medaillensatz. „Das hat auch nicht jeder“, sagte er stolz.

Hätte jemand Hermann Weinbuch vor der WM die bisherige deutsche Bilanz prognostiziert, dann hätte der Bundestrainer den „für verrückt erklärt“. Ein bisschen verrückt ist es ja auch, was die Deutschen Kombinierer anstellen. Wie Schmetterlinge schlüpfen sie pünktlich zum Großereignis aus ihrem Cocon und springen und laufen in freier Entfaltung gänzlich unvermittelt zu den Medaillen. Neu ist dieses Phänomen nicht. Vielmehr hat das gute Timing des Kombinationsteams fast Tradition. Keiner steht dafür besser als ein gewisser Georg Hettich.

Ohne einen einzigen Weltcupsieg in einem Einzelwettkampf reiste er im Jahr 2006 zu den Olympischen Spielen nach Turin, ohne Weltcupsieg blieb er auch danach. Olympiasieger wurde Georg Hettich trotzdem – auch wenn er glaubte, diese Spezies „gäbe es nur im Fernsehen“.

Fünf Jahre später macht es ihm die nächste Generation nach. Haben sie bei Olympia vor einem Jahr ausnahmsweise mal nicht rechtzeitig zur Topform gefunden, so sind es in Oslo wieder mal die Kombinierer, die, abgesehen von einem dritten Platz für das Skispringerteam, die Medaillen für Deutschland sammeln. Fragt man die Beteiligten selbst, liegt ihr Geheimnis am Trainingaufbau. Die wettkampffreie Zeit vor der WM – vier Wochen lang fand kein Weltcup-Ausscheid statt – habe man gut genutzt und hart gearbeitet, heißt es. Immer wieder standen Testwettkämpfe auf dem Programm; sozusagen eine Simulation des Ernstfalls. Sind die Deutschen also Weltmeister im Timing? Die Konkurrenz mag das nicht recht glauben, vor allem im österreichischen Lager ist von Bluff bei vorangegangenen Veranstaltungen die Rede – und von unerlaubten Tricksereien.

Da ist zum Beispiel die Sache mit der neuen Bindung, die Tino Edelmann beim Springen im Teamwettkampf benutzte. Bundestrainer Weinbuch hatte sie mitentwickelt, inzwischen hat sie der Internationale Skiverband nach einem Protest des späteren Weltmeisters Österreich verboten; nach dem Wettbewerb, das Ergebnis blieb bestehen. Übertrieben ist die Aufregung um diese Angelegenheit aus Sicht der Deutschen trotzdem, es handele sich um eine technische Weiterentwicklung - mehr nicht. Überhaupt kapiert das deutsche Team nicht ganz, warum es bei den Gegnern offenbar so viel Angst verbreitet, befindet es sich doch immer noch im Umbruch, in einem Verjüngungsprozess, den der Bundestrainer wohl nur noch bis Saisonende begleiten wird – danach ist nach eigenem Wunsch womöglich Schluss für den 50-Jährigen. Aber ob mit oder ohne ihn, „es ist ein schwerer Weg, den wir gehen“, sagt Hermann Weinbuch. Bis zum nächsten Großereignis.

Zur Startseite