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Erster Streich. Robin Gosens traf zum 1:0 für Deutschland.

© AFP

Souveräner Auftritt vor Fußball-EM: Deutschland hat ein bisschen Spaß gegen Lettland

Der EM-Test gegen Lettland gelingt der Nationalmannschaft. Vor allem das Spiel nach vorne besticht durch Leichtigkeit. Aufschlüsse gibt die Partie aber keine.

Gerade zwei Minuten waren gespielt, als es von den Rängen zum ersten Mal Applaus für eine Aktion der Letten gab. Der Grund erschloss sich nicht sofort. Torhüter Roberts Ozols hatte einen Abschlag weit nach vorne gedroschen, der Ball landete bei einem deutschen Verteidiger. Wahrscheinlich gab es Beifall, weil der Ball überhaupt zum ersten Mal die Mittellinie überquert hatte. Allzu oft sollte das an diesem Abend auch nicht mehr passieren.

In ihrem letzten Test vor der am Freitag beginnenden Europameisterschaft kam die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Düsseldorf zu einem ungefährdeten 7:1 (5:0)-Erfolg gegen Lettland, die Nummer 138 der Welt. Eine Simulation dessen, was das Team von Bundestrainer Joachim Löw am kommenden Dienstag zum EM-Auftakt gegen Weltmeister Frankreich erwartet, war das Spiel mit Sicherheit nicht. Die Ernsthaftigkeit, mit der die Deutschen die Angelegenheit angingen, war immerhin turnierwürdig.

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Vor dem Anpfiff hatten sämtliche deutschen Spieler, die Trainer und Betreuer ein Spalier gebildet für ihre Nummer eins. Manuel Neuer absolvierte am Montagabend sein 100. Länderspiel. Es war für den Torhüter eines der eher unspektakulären Art, weil nach dem Anpfiff vor allem die Letten Spalier standen. Nach 41 Sekunden hatte Thomas Müller die erste gute Chance zur Führung, und schon in der vierten Minute handelte sich Torhüter Ozols eine erste Ermahnung des Schiedsrichters wegen Zeitspiels ein. Den Gästen ging es von Beginn an um nichts anderes als um Schadensbegrenzung.

Bundestrainer Löw hatte sich erneut für ein 3-4-3-System entschieden und Joshua Kimmich erstmals seit langem wieder aus dem Zentrum auf die Außenbahn versetzt. So konnte er Ilkay Gündogan und Toni Kroos im zentralen Mittelfeld aufbieten. Die Frage, wo er Leon Goretzka unterbringt, stellt sich erst einmal nicht: Der Münchner wird nach seinem Muskelfaserriss zumindest das erste Gruppenspiel verpassen. In der offensiven Dreierreihe lief gegen die Letten anstelle von Leroy Sané Kai Havertz auf.

Am Tag vor dem Spiel hatte Löw über die gerade heiß laufende Taktikdebatte über Dreier- oder Viererkette gesagt: „Wenn jemand denkt, dass die Dreierkette die defensivere Variante ist, dann täuscht er sich.“ Das Spiel gegen die Letten könnte er als Beleg für seine Aussage hernehmen, wobei das in diesem Fall aber wohl eher etwas mit der Stärke beziehungsweise Schwäche des Gegners zu tun gehabt haben dürfte.

Die Deutschen befanden sich quasi permanent in der Offensive, erspielten sich bereits einige gute Chancen, ehe Robin Gosens nach knapp 20 Minuten mit seinem ersten Länderspieltor das 1:0 erzielte. Keine zwei Minuten später erhöhte Ilkay Gündogan mit einem wuchtigen Schuss von der Strafraumgrenze bereits auf 2:0.

Erstmals seit Beginn der Coronavirus- Pandemie waren bei einem Länderspiel wieder Zuschauer im Stadion. Es waren zwar nur 1000, aber die hatten beim 3:0 ganz besonders viel Spaß – weil Thomas Müller den Treffer erzielte. Für den Rückkehrer war es das erste Länderspieltor seit März 2018. Damals hatte er gegen Spanien getroffen, ebenfalls in Düsseldorf.

An diesem Abend durfte jeder mal: Havertz erhöhte nach einer feinen Einzelleistung auf 4:0, Serge Gnabry traf unmittelbar vor der Pause zum 5:0, sehenswert eingeleitet durch einen Außenristpass von Mats Hummels. Gleich nach der Pause ging es munter weiter. Der eingewechselte Timo Werner vollendete mit der Hacke und durch die Beine des lettischen Torhüters zum 6:0, Sané konterte den Ehrentreffer der Letten nur Sekunden später mit dem 7:1.

Wenn es darum ging, sich vor der EM ein bisschen Leichtigkeit zu verschaffen, dann hat der Test gegen Lettland seinen Zweck mit Sicherheit erfüllt. Tiefere Erkenntnisse für die anspruchsvollen Gruppenspiele gegen Frankreich und Portugal lieferte er allerdings nicht. Zu den beiden größeren Problemen der Nationalmannschaft – mangelnde Entschlossenheit in der Offensive und fehlende Kompaktheit in der Defensive – konnte es keine verlässlichen Aufschlüsse geben. Dazu machten es die Letten dem Angriff der Deutschen zu leicht, während ihr eigenes Bedrohungspotenzial nicht der Rede wert war. Das zwischenzeitliche 1:6 durch Aleksejs Saveljevs resultierte aus einem Fernschuss, der so präzise im Winkel landete, dass Manuel Neuer keine Abwehrchance hatte. Geärgert hat er sich wahrscheinlich trotzdem.

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