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Die Fußball-Bundesliga der Frauen steht vor wichtigen Zukunftsentscheidungen.

© IMAGO/motivio

DFB lenkt in letzter Minute ein: Fußball-Bundesliga der Frauen gründet eigenen Verband

Die 14 Bundesligaklubs haben die FBL gegründet. Nach einer Annäherung könnte der DFB nun doch Teil des Projekts sein. Zuletzt waren Zweifel gewachsen, ob eine Ausgliederung ohne ihn möglich ist.

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Nun ist es offiziell: die Vereine der Fußball-Bundesliga der Frauen gründen ihren eigenen Ligaverband, die Frauen-Bundesliga FBL e.V.. Entgegen jüngster Meldungen taten sie dies am Mittwoch im Frankfurter Waldstadion in Anwesenheit des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In der vergangenen Woche war es öffentlich zum Zerwürfnis gekommen, als die Klubs dem Verband vorwarfen, unterschriftsreife Verträge entgegen mündlicher Abmachungen geändert zu haben. Doch was genau war passiert?

Alle 14 Klubs seien zeitgleich vom Stuhl gefallen, als die Nachricht vom DFB kam. So beschrieb Axel Hellmann, Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt, die Situation, die sich am vergangenen Mittwoch ereignete.

Zunächst hatten alle Vereine der Fußball-Bundesliga der Frauen gemeinsam mit dem DFB ein Konzept erarbeitet, durch die Gründung eines eigenen Ligaverbandes die Professionalisierung des Frauenfußballs in Deutschland entscheidend voranzutreiben. Dann habe sich der Verband aber plötzlich quergestellt. „Wir sind enttäuscht davon, dass sich bereits getroffene Verabredungen mit dem Deutschen Fußball-Bund aus unserer Sicht nicht in den Vertragsmaterialien wiederfinden“, erklärte Hellmann.

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Der ursprüngliche Plan beinhaltete im ersten Schritt die Gründung der Frauen-Bundesliga FBL e.V und im zweiten Schritt ein sogenanntes Joint Venture mit dem DFB. Das gemeinsame Projekt, das Investitionen in zukunftsfähige Infrastruktur, Nachwuchsleistungszentren oder Spielerinnen-Gehälter vorsah, sollte Frauen Bundesliga Gesellschaft (FBL GmbH) heißen. In der Funktion käme diese der Deutschen Fußball Liga (DFL) bei den Männern gleich, sollte also als Steuerelement für zentrale Themen wie die künftige Vermarktung der Liga fungieren.

DFB soll Vertrag ohne Absprache geändert haben

Für das Joint Venture wurde zwischen allen Parteien in den vergangenen rund eineinhalb Jahren ein Vertrag ausgehandelt, den der DFB kurzfristig zu seinen Gunsten geändert haben soll. So klang es zumindest in einem Großteil der am Donnerstag gleichzeitig veröffentlichten Pressemitteilungen der Bundesliga-Vereine. „Die wesentlichen Punkte zur Gründung einer gemeinsamen FBL GmbH waren bereits vereinbart, umso überraschender war für uns Clubs das Infragestellen der verhandelten Eckpunkte“, sagte Bayern-Münchens Vorstandschef Jan-Christian Dreesen.

Wenn die Klubs, das unternehmerische Risiko und die Aufbauarbeit tragen, haben wir die Verantwortung. Wir müssen daher das letzte Entscheidungsrecht haben.

Axel Hellmann, Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt,

Größter Streitpunkt war laut mehreren Berichten vor allem das Stimmrecht. In dem ursprünglich angedachten Sechser-Führungsgremium der GmbH wollten sowohl Ligaverband als auch DFB je drei Sitze. Käme es bei wichtigen Entscheidungen zu Patt-Situationen, sollte die finale Entscheidung bei der operativen Geschäftsführung liegen, einem Interessensvertreter der Vereine.

Diese Vereinbarung soll der DFB jedoch abgelehnt haben. „Wenn die Klubs, das unternehmerische Risiko und die Aufbauarbeit tragen, haben wir die Verantwortung. Es muss so sein, dass wir am Ende das letzte Entscheidungsrecht haben“, sagte Hellmann. Der DFB hatte sich öffentlich dafür feiern lassen, 100 Millionen Euro in die GmbH über die kommenden acht Jahre zu investieren, die Klubs würden laut Hellmann aber „in der konservativsten Betrachtung 300 Millionen Euro in den Frauenfußball stecken und in einer offensiveren 800 bis 900 Millionen Euro“.

Für weitere Diskussionen sorgte ein handelsüblicher Pachtzins im niedrigen einstelligen Bereich, der dem DFB eine exponentielle Rückzahlung ermöglichen würde – abhängig von den Vermarktungserlösen. Zudem soll eine Ausstiegsklausel in den Vertrag eingebaut worden sein, wonach sich der DFB nach einem gewissen Zeitraum aus der Kooperation zurückziehen könnte.

Dass die Klubs in der Folge den Weg an die Öffentlichkeit suchten, lässt darauf schließen, dass diese Änderungen sie völlig unerwartet trafen. Mit dem kurzfristigen Ausschließen des DFB dürften sie ein Zeichen gesetzt haben wollen, dass man sich nicht alles gefallen lasse. In einer Stellungnahme stritt der DFB anschließend ab, dass unterschriftsreife Verträge vorgelegen hätten und ein Joint Venture nach wie vor möglich sei.

Bundesliga-Klubs sind sich doch etwas uneinig

An diesem Punkt scheinen die 14 Bundesligavereine, die bislang als geschlossene Einheit auftraten, geteilter Meinung zu sein. Während HSV-Vorstand Dr. Eric Huwer ankündigte, den nächsten Schritt selbst zu gehen, wenn dieser „von Teilen des Verbands nicht erwünscht ist“, zeigten sich etwa der SC Freiburg oder der 1. FC Union schnell zu Gesprächen mit dem DFB bereit. „Ich bin zuversichtlich, dass es am Ende zielführende Rahmenbedingungen für eine Zusammenarbeit geben wird“, sagte Jennifer Zietz, Geschäftsführerin der Frauenabteilung bei Union.

Zietz sollte recht behalten. Nach einer Last-Minute-Annäherung war bei der Gründungsveranstaltung im Eintracht-Stadion mit Präsident Bernd Neuendorf an der Spitze auch der DFB dabei. Die Pressekonferenz zur Bekanntgabe von Personalien und Strategie des Ligaverbandes begann deshalb mit mehr als einstündiger Verspätung. 

Die 33 Jahre alte Kiel, Frauenfußball-Direktorin bei der Eintracht, wurde einstimmig als Präsidentin gewählt. „Es ist ein sehr, sehr historischer Tag für uns“, sagte sie. 1. Vizepräsidentin ist Veronica Saß, Direktorin Recht beim FC Bayern München, 2. Vizepräsident Florian Zeutschler von SGS Essen.

Damit könnte es beim planmäßigen Startschuss für Verband und Joint Venture zur Saison 2026/27 bleiben. Zuletzt hatte es Zweifel daran gegeben, dass eine Umsetzung bis zur nächsten Saison in der Kürze der Zeit möglich ist.

Zum einen, weil den Klubs die 100 Millionen Euro gefehlt hätten und zum anderen, weil die Organisation des Ligabetriebs, sowie die TV-Rechtevergabe und Absprachen mit der Uefa dann Aufgabe des neuen Ligaverbandes gewesen wären. Bislang war dafür der DFB zuständig.

Nachdem sich sowohl Verantwortliche des DFB als auch die der Vereine etwas gesprächsbereiter gezeigt hatten, folgte nun endgültig die erneute Annäherung. „Heute steht die Gründung des Verbandes im Vordergrund. Die Idee mit dem DFB ist nicht zerschlagen. Unsere Aufgabe bleibt es, ergebnisoffen die nächsten Schritte zu gehen“, sagte Katharina Kiel. Ob der DFB tatsächlich in den kritisierten Punkten einlenkt, bleibt also offen.

Der Druck bei allen Beteiligten wird somit nicht kleiner: Nur wenn die Liga jetzt eigene Strukturen schafft und investitionsfähig wird, kann der deutsche Frauenfußball im internationalen Wettlauf um Professionalität, Reichweite und Infrastruktur überhaupt noch Schritt halten. Und dafür braucht es wohl sowohl den eigenen Ligaverband als auch den DFB.

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