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Fall Briatore: Die Fia zahlt die Zeche

Ein Zivilgericht erklärt Flavio Briatores Formel-1-Sperre für unzulässig – nützen wird ihm das wohl wenig.

Von Christian Hönicke

Berlin - Was macht ein Mann, der einen Strandclub namens „Billionaire“ besitzt und betreibt, mit 15 000 Euro? Dieser Problematik sieht sich Flavio Briatore ausgesetzt. Diese Summe – wenn auch nicht die Million, die er gefordert hatte – bekam der Italiener am Dienstag von einem Pariser Gericht als Schadenersatz zugesprochen. Außerdem hob das Gericht in der Verhandlung um den „Crashgate“ genannten Unfallskandal in der Formel 1 die lebenslange Sperre gegen den einstigen Chef des Rennstalls Renault auf. „Das Gericht hat entschieden, dass die Strafe illegal war“, erklärte der zuständige Richter. Das trifft ebenfalls auf die Fünfjahressperre des ehemaligen Renault-Technikchefs Pat Symonds zu, dem außerdem 5000 Euro Entschädigung zugesprochen wurden.

Briatore und Symonds waren am 21. September aus allen Rennserien des Automobil-Weltverbands Fia verbannt worden. Die Richter des Fia-Weltrats hatten es als erwiesen angesehen, dass beide den damaligen Renault-Fahrer Nelson Piquet Junior beim Rennen in Singapur 2008 zu einem absichtlichen Unfall angestiftet hatten, um dem Teamkollegen Fernando Alonso zum Sieg zu verhelfen. Das Renault-Team war mit einer Sperre auf Bewährung davongekommen, weil es sich umgehend schuldig bekannt und von den beiden mutmaßlichen Drahtziehern des fingierten Crashs getrennt hatte.

In der Fia-Urteilsbegründung hieß es, Renault „hat sofort zugegeben, den Regelverstoß begangen zu haben: Sie haben bestätigt, dass Briatore und Symonds an der Verschwörung beteiligt waren.“ Außerdem habe Symonds „seine Schuld an der Verschwörung zugegeben“. Piquet hatte den Vorfall bei der Fia angezeigt und war als Kronzeuge straffrei geblieben.

Das Pariser „Tribunal de Grande Instance“ gelangte nun zu der Ansicht, dass die Beweislage für eine Verurteilung nicht ausreichend gewesen sei. Allerdings räumte das Gericht auch ein, dass es nicht über die Schuld von Briatore und Symonds entscheiden könne.

Um diese Frage ging es denn auch gar nicht, sondern vor allem darum, ob die Verfahrensführung der Fia korrekt gewesen war. Der in Konflikten mit dem Gesetz erfahrene Briatore hatte argumentiert, dass seine Sperre aufgrund eines persönlichen Rachefeldzugs des früheren Fia-Präsidenten Max Mosley zustande gekommen sei. Mosley sei dabei gleichzeitig Anzeigender, Ermittler, Kläger und Richter gewesen – dies widerspreche jedwedem Rechtsverständnis.

Zu diesem Schluss kam auch das Pariser Gericht. So sei ein Renault-Mitarbeiter als wichtiger Zeuge nur anonym aufgetreten und habe damit von der Verteidigung nicht vernommen werden können. Zudem könne die Fia als Verband keine Strafen gegen Nichtmitglieder aussprechen. Tatsächlich dürfen die Fia-Richter aufgrund der Verbandsstatuten gar keine wirkliche Sperre verhängen; deshalb drohten sie stattdessen an, allen Mitwirkenden an Fia-Veranstaltungen – ob Piloten, Rennställen oder Streckenbetreibern – die Lizenzen zu entziehen, sollten sie mit Briatore oder Symonds in Verbindung stehen. Das Pariser Gericht wies die Fia nun an, diese Drohung zurückzunehmen.

Gleichbedeutend mit einer Rückkehr des 59 Jahre alten Briatore in die Formel 1 ist das Urteil vom Dienstag aber keineswegs – und das nicht nur, weil just am gleichen Tag Eric Boullier zum neuen Teamchef bei Renault berufen wurde. Die Fia erklärte bereits, eine Berufung gegen das Urteil zu prüfen, und zeigte sich gewillt, ihr Hausrecht notfalls auch mit anderen Mitteln gegen unliebsame Besucher durchzusetzen. Man wolle „alle Möglichkeiten ausschöpfen, in gefährliche und betrügerische Handlungen verwickelten Personen den Zugang zur Formel 1 zu verwehren“.

Vermutlich trieb Flavio Briatore bei seiner Klage gegen das Fia-Urteil ohnehin eher die Aussicht auf einen bittersüßen letzten Sieg im Machtkampf mit Mosley. Er selbst hatte schon nach seiner Verbannung geahnt, dass es für ihn keinen Weg mehr zurück in die Formel 1 geben würde. „Am Ende werde ich siegen“, hatte er erklärt, doch statt einer triumphalen Rückkehr nur angekündigt, dann „eine wunderschöne Party“ feiern zu wollen. Mit etwas Glück überweist ihm die Fia dafür immerhin bald 15 000 Euro als Kostenzuschuss.

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